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Zeitschrift für christliche Kunst — 34.1921

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Heft 6-7
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Heimann, Friedrich Carl: Verschwundene Ehrungen für Bischof Wicbold von Kulm im Altenberger Dom, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4344#0105

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Nr. 6/7 ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST. 93

der Grabplatte nach langer fleißiger Arbeit schuf, in größerem und kleinerem
Maßstabe, wie solch letztere die beigefügte Tafel zeigt. Die technisch
durchaus einwandfreie Ausführung des Blattes spricht für sich selbst, sie
bedarf keiner weiteren Erklärung, wohl aber der Gegenstand der Dar-
stellung (Abb. 3).

Die Grabplatte ist bei einer Abmessung von 1,75 m Breite und 3,07 m
Länge aus einem Stück gegossen gewesen, es widerspricht das auch den
vorerwähnten Berichten über ihren Befund in beschädigtem Zustand; doch
läßt der Abdruck nicht erkennen, aus welcher Anzahl einzelner Messing-
tafeln das Ganze zusammengesetzt war. Die Darstellungen sind dreierlei
Art: der Rand mit der Inschrift, die Baldachinarchitektur um die Bischofs-
gestalt und die letztere selbst.

Die Umschrift in dem Rande der Platte lautet: Anno domini MCCCXC
VIII die XXI mensis julii obiit venerabilis in Cristo pater et dominus dominus
Wycboldus episcopus Culmensis, cujus nativitatis et consecracionis in epis-
copum tempora sequenti metro annotantur:

Ecce ver et lilium me mundi sub Policarpo

Duxit in exilium qui mente polum modo carpo

Desino defunctus proprio bis nomine functus

Xter et junctus pietate dei sacer unctus

Terre terrenum reddens sed spintus lllum

Cernat tranquillum qui Sit sibi vivere plenum

(Im Jahre des Herrn 1398, am 2I.Tage des Monates Juli, starb der ver-
ehrungswürdige Vater und Herr in Christo, Herr Wycbold, Bischof von
Kulm, dessen Geburts- und Bischofsweihe-Zeiten in folgendem Spruche
verzeichnet sind:

Sieh', Polykarp mich führte im Liliendufte des Frühlings

In die Verbannung hienieden, und nun zum Himmel ich wand re

Nach beendetem Tagwerk, wo zweimal ohn' Titel ich lebte

Dreißig Jahre und eines durch Gottes Gnad' sein Gesalbter.

Wieder erstatt' ich der Erde den Staub, doch der Geist möge schauen

Gott voller Huld, der ihm werde Fülle des Lebens für immer!

Zum Verständnis sei bemerkt, daß der hl. Polykarp, wie seine Märtyr-
akten besagen, am 25. April um die achte Stunde, d. h. 2 Uhr nach-
mittags, den Märtyrtod erlitt. Das paßt zu Frühling und Lilienduft. Wicbold
hebt hervor, daß er zu zwei verschiedenen Zeiten seines Lebens nur den
Familiennamen führte, nämlich vor seiner Weihe und nach der Nieder-
legung seines bischöflichen Amtes, das er 31 Jahre hindurch als Gesalbter
des Herrn verwaltete.

(Für die poetische Übersetzung der Grabschrift und deren Erläuterung bin ich Herrn
Domkapitular, Prälaten Dr. Steffens (Köln), zu besonderem Dank verbunden.)

Die Schriftzeichen sind gotische Minuskeln, am Anfang der Inschrift
und der Verse Majuskeln, zwei übereinanderstehende Punkte trennen die
einzelnen Wörter. Die Umschrift wird unterbrochen durch Vierpässe mit
Schilden: in den Ecken die Wappen von Kulm (Kreuz im Ring) und des
deutschen Ritterordens (schwarzes Kreuz auf weißem Grund), seitlich das
heraldische Zeichen der Dobilstein, ein Schild mit Schrägbalken, dann drei
 
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