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Zeitschrift für christliche Kunst — 34.1921

DOI Heft:
Heft 6-7
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Heimann, Friedrich Carl: Verschwundene Ehrungen für Bischof Wicbold von Kulm im Altenberger Dom, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4344#0107

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Nr. 6/7

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST.

95

Abb. 4.

besteht lediglich aus Dreipässen (Abb. 5), inner-
halb derer allerlei Fabelgetier sich in seinem
Wesen zeigt, sicher und keck entworfene Fi-
guren voll köstlichen Humors, wie wir solche
in den Miniaturen liturgischer Bücher der goti-
schen Stilepoche auch in den Wandgemälden
an den Chorschranken des Kölner Domes be-
gegnen. Die Zwickel zwischen den Dreipässen
füllt ein kleines Blattwerk. Das obere Ende
des Teppichs hebt sich gegen den dunklen
Grund eines gestirnten Gewölbes wirksam ab.
Hier halten zwei schwebende Engelsgestalten
ein rankenbemustertes Kissen unter dem Haupte
des Kirchenfürsten, das mit der Mitra bedeckt
ist. Unter ihr quillt das lockige Haar hervor,
die Augen sind nur noch wenig geöffnet, die
Lippen fest aufeinander gepreßt, die Spuren
eines abgeschorenen Vollbartes deutlich er-
kennbar. Die mit bestickten Chirotheken bekleideten Hände, deren rechte
den Bischofsring trägt, liegen über der Brust gekreuzt, der linke Arm um-
schließt den Hirtenstab. Schaft und untere Spitze sind völlig schmucklos,
dagegen entwickelt sich aus einem Kapital und zierlicher gotischer Archi-
tektur die mit Edelgestein ausgestattete Krümme des Stabes, die reizende
Gestalt eines lautespielenden Engleins einfassend.

Die bischöfliche Pontifikalgewandung (Abb. 6) weist eine seltene Fülle
reichsten Schmuckes mittelalterlicher Kirchenkleidung auf, deutlich läßt sie
jedes der in Betracht kommenden Stücke in die Erscheinung treten. Die
bis zu den verzierten Sandalen herabwallende Albe endigt in einer prächtigen
Parura, die in eigenartig aufgestellten Umrahmungen drei sitzende Propheten-
figuren und die gleiche Zahl musizierender Engel zur Schau trägt. Die
sie am oberen Rande wenig überdeckende Dalmatika und Tunicella bestehen
aus streng gemusterten Stoffen; unter ihnen
ragen die Enden der fransenbesetzten Stola
hervor. In der faltenreichen Kasel erreicht der
Schmuck priesterlicher Meßgewänder seinen
Höhepunkt. Das Ornament bildet in ihr ein
weit verzweigtes Ranken- und Blattwerk aus
heimischer Flora, in dem sich Waldvögelein
umhertummeln, dazwischen Fabelgetier, von
Ringen umschlossen, medaillonförmig eingefügt.
Zweifellos handelt es sich um die Wiedergabe
eines gemusterten Seidenstoffes. Über ihn legt
sich ein Stabwerk in Gabelkreuzform und ein
breiter, kragenartiger Umschlag am Halsaus-
schnitt. Die figürliche und ornamentale Behand-
lung ist gleich derjenigen der bereits geschil-
derten Parura und scheint auf reiche Stickerei Abb, 5.
 
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