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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 1.1907/​8

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Haupt, Albrecht: Die äussere Gestalt des Grabmals Theoderichs zu Ravenna und die germanische Kunst, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.19218#0024

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die früher und seither sonst zur Lösung der Frage gemacht sind. Auch die syrischen
Beziehungen sind nicht hinreichend deutlich und stark, um in mehr als einigen Neben-
sächlichkeiten als vielleicht vorhanden betrachtet werden zu dürfen. So stehen wir
denn in bezug auf die künstlerische Ergänzung des Denkmals immer noch auf dem-
selben Flecke wie vorher.

Die heute verbreitete neuere Ansicht über den künstlerischen Ursprung des
Theoderich-Grabmals erinnert mich in ihrer völligen Verneinung jeder germanischer
Beziehung lebhaft an gewisse viel ältere Zeiten, wo man ganze Bücher schrieb, wie:
«Ravenna liberata dai Goti —», um zu beweisen, daß das Grabmal überhaupt nichts
mit den Ostgoten noch Theoderich zu tun habe, und eine Ehre darin sah, es völlig
der römischen Kunst zuzuweisen.1

Merk- und bedauerlicherweise sind es gerade deutsche Gelehrte, die dies erste
notorische große Bauwerk der Germanen ihnen mit allen Mitteln der Wissenschaft streitig
zu machen suchen, fast einen Beruf darin zu finden scheinen, ihnen jede Beziehung dazu
zu nehmen. So schon Dohme, Walter Götz und andere. Und erfreulicherweise ist es
wieder Corrado Ricci, der Ravennate und beste Kenner jener Kunst, der gegenwärtige
Generaldirektor der italienischen Museen und Kunstdenkmäler, der sich, wie er mir
selbst sagte, keineswegs dieser Richtung anschließen kann; — und gerade er, auf den
sich alle beziehen, auch Götz und Durm, hat mir persönlich erklärt, daß bisher keine
der vielen Lösungen und Rekonstruktionen die richtige sein könne — und daß auch der
letzte (Durmsche) Vorschlag nur als eine geistreiche, aber durchaus abzuweisende Idee
bezeichnet werden müsse.

Vielmehr gab er selber mir in der liebenswürdigsten Weise neue Fingerzeige zur
Behandlung und Auffassung der Frage, — stellte mir sogar sein ganzes mühsam ge-
sammeltes Material zur Sache ohne jede Einschränkung zur Verfügung, in dem sich so
unerwartete Anhaltspunkte und Dokumente vorfanden, daß es mir unschwer gelang, den
von ihm bezeichneten Weg wirklich zu beschreiten und zu Ende zu gehen; und
schließlich die von ihm als jedenfalls allein richtig angedeuteten Ergebnisse auch tat-
sächlich zu finden. Es war, als ob die fehlenden Dokumente nur auf den Zeitpunkt
gewartet hätten, um sich finden zu lassen. So bin ich heute in der erfreulichen Lage,
die seit Jahrhunderten bestehende und schmerzlich empfundene Lücke schlußkräftig
auszufüllen.

Wenn ich hier auch zunächst und immer wieder auf die vortreffliche eingehende
Darstellung des Bauwerkes und seines Zustandes durch Durm verweisen kann, um bei der
Vorführung meiner Ergebnisse nicht zuviel zu wiederholen, so muß ich doch einige
Punkte zur Klarstellung hier nochmals ins Gedächtnis führen.

Das Bauwerk hat zwei Geschosse, beide zehneckig, von denen das obere um
1,38 zurückspringt und dann in halber Höhe in ein vollkommenes Rund übergeht.
Dieses letztere ist mit dem wieder vorspringenden bekannten schönen Gesimsfriese
bekrönt und durch den berühmten riesenhaften Kuppeistein in Form einer umgekehrten
Schüssel bedeckt.

1 Vergl.: Gonfutazione della Ravenna liberata dai Goti o-sia memoria del Conte Ippolito Gamha
ßhiselli . . . sull antica Rotonda Ravennate — provata opera e Mausoleo di Teoderico Re di Goti —
Faenza 17G7.
 
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