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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 1.1907/​8

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Haupt, Albrecht: Die äussere Gestalt des Grabmals Theoderichs zu Ravenna und die germanische Kunst, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.19218#0026

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Gerade da, wo das Rund mit einem breiten Gesimsbande beginnt, ist das
darunter befindliche (umschriebene) Zehneck durch je zwei tief eingehauene Rundbögen
oberhalb jedes Feldes abgeschlossen, die den Eindruck machen, als ob hier kleine
Tonnengewölbe vertikal gegen die Zehneckseiten gelaufen wären. Die Bögen ruhten
auf tief eingelassenen Kragsteinen von einfacher Form, von denen zwei noch vorhanden
sind. Unter jedem Bogen befindet sich eine entsprechende vertiefte rechteckige Blende.

Durm ist der einzige, der jene (negativen) Rundbögen als spätere Zutat er-
klärt, ebenso wie die Konsolen, von denen die eine schon sehr verwittert, die zweite
aber tatsächlich neuer und gesund ist und sogar oben fremde Ornamentspuren zeigt,
so daß sie später eingesetzt sein muß. Mörtelverschmierungen erweisen ebenfalls spätere
bauliche Vornahmen.

Trotzdem ist jene Behauptung nicht aufrecht zu erhalten. Die eingehauenen
Bögen sind ursprünglich; der eine (jüngere) Kragstein ist allerdings später eingesetzt.

Denn — was außer Ricci bisher
niemand wußte: zunächst gibt es eine
alte Zeichnung, wohl von Giuliano da
Sangallo1, die den Zustand etwa vor
vierhundert Jahren zeigt; und auf dieser
Zeichnung ist nichts zu sehen von spä-
teren An- oder Umbauten, vielmehr
war damals offenbar das ursprüngliche
Ganze noch ziemlich intakt. Der Künst-
ler zeichnete noch alle Konsolen als
vorhanden, und darüber vorspringende,
mit Gesims bekrönte flache Bögen, die
die heute vorhandene Lücke ausfüllen;
allerdings nur in den einfachsten Um-
rissen und ohne weitere Zieraten dargestellt. Trotzdem ist mit Gewißheit anzunehmen,
daß dieser vorgesetzte flache Bogenfries als wesentlicher Schmuckteil wenigstens be-
scheidene Verzierung der Bögen, dazwischen jedenfalls leichte Stützen, etwa kleine
Säulchen oder Pflaster gezeigt haben wird. Denn sonst hätte er fürwahr keinerlei
architektonischen Sinn gehabt; er lief an dieser Stelle als geradezu notwendiger ergän-
zender Zierfries um das Ganze herum. -- Dies ist auch Riccis wohl begründete Auf-
fassung.

Bei näherer Untersuchung erweist sich dies alles als völlig zutreffend.
Vor allem ist zur Bestätigimg des auf der Zeichnung Angedeuteten nachfolgendes
zu bemerken:

Der istrische Kalkstein des Bauwerkes ist im allgemeinen ein vortreffliches
Baumaterial und hat sich in den 1400 Jahren seit Erbauung des Werkes recht wohl
gehalten. Trotzdem beginnt er neuerdings — offenbar erst in den letzten Jahrhunderten
— allmählich unter dem Einfluß der Witterung stark zu leiden. Die Quadern platzen,
bersten, verwittern und zerbröckeln langsam. Die Erfahrung lehrt uns leider, daß,
wenn dieser Prozeß einmal begonnen hat, er in immer schnellerem Tempo fortschreitet.

1 In der Sammlung der Uffizien, — und ein zweites Exemplar, wie es scheint, in Siena, bibl.
comm., libro di disegni 1, 5.
 
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