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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 1.1907/​8

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Haupt, Albrecht: Die äußere Gestalt des Grabmals Theoderichs zu Ravenna und die germanische Kunst, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.19218#0054

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'r2

zweimalige Vorkommen einer solchen Form im Bereiche der Goten für uns völlig zum
Beweis dafür, daß auch die Goten jene urgermanische Form gekannt haben.

Dagegen hat Salin freilich recht, wenn er vor allem meint, daß man jedenfalls
nicht behaupten könne, daß diese Zierform eine spezifisch-ostgotische gewesen sei —
offenbar war sie eine gemein-germanische und im Norden am stärksten verbreitet.

Das Hauptargument aber, welches Salin, einen sehr ernst zu nehmenden Forscher,
dem wir gerade auf unserm Gebiete unendlich viel danken, anzunehmen veranlaßt, das

Ornament am Theoderich-Grabmal sei nicht auf jene alt-
nordische Form zurückzuführen, ist die Voraussetzung der
Übertragung einer solchen Form aus Gold- und Silberar-
beiten in den Stein, und noch dazu in so großem Maßstabe.

In diesem Punkte können wir ihn auf Grund neuer
Funde leicht eines anderen belehren. Denn was jene von
mir genannten Steinmuseen aus dem Gebiete des West-
gotenreiches an großen Steinornamenten zeigen, ist überall
die Übertragung der Verzierung der Holzschnitz- und Ver-
zierungskunst, auch kleinsten Maßstabes, auf den Stein-
d ' bau im großen. Und wohl jede große Steinform läßt sich
Abbildung 21. a. englisch, jm kleinsten an irgendeiner Bronze- oder Silberfibel nach-
b. c. dänisch, d. schwedisch. . 1 m 1 i i <• • -i i • t i • 1

Von altgermanischen Schmuck- weisenJ auch Flechtwerkformen sind da wie dort gleich-
gegenständen. mäßig verbreitet. Umgekehrt haben spätere germanische

Schmuckgegenstände öfters ihre Motive aus der größeren
Architektur entnommen und verwertet, wie z. B. Arkadenreihen, verschlungene Bogen-
friese und dergleichen an Kam-
men und ähnlichen Gegen-
ständen recht oft auftreten.

Die Fortentwicklung
und das Bedürfnis wies eben
in den Momenten starker Um-
wandlungen und Übergänge
die germanischen Künstler auf
den gesamten ihnen zugäng-
lichen Formenschatz hin, und
so scheint mir ferner auch,
daß ein das Türgewände des
oberen Kuppelraumes des

Theoderich-Grabmals umzie- Abbildung 22. Herzlaubfries am Theoderich-Grabmal.

hendes zierliches Ornament

(Abb. 13b) weiter nichts ist, als ein aus dem Goldschmiedewerk direkt übernommenes und
vergrößertes Filigranband.

Der (die Dreiecke oben fassende) Kreis mit Mittelpunkt ist bei germanischen Alter-
tümern im Norden ebenfalls ganz ungeheuer weit verbreitet und tritt oft als einzige
Zierform in Mengen auf. Ihn hat man denn auch in das Herzlaub der unteren Ver-
zierung übertragen (Abb. 22) und diesem so einen höchst eigentümlichen, es dem Zangen-
ornament nahe bringenden Charakter zu verleihen gewußt. Ganz offenbar ein Gedanke
 
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