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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 1.1907/​8

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https://doi.org/10.11588/diglit.19218#0065

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Literatur. 53

Gewandtrutien wie der Waffenkammer und der fahrung früherer Jahrhunderte zu Hülfe zu nehmen,

Bücherei sind bis auf die kleinste Einzelheit im bei aller Würdigung neuer, typischen Aufgaben

Inventar aufgezählt und werden von Schneider modernen Charakters entspringender Einflüsse,

aus reichstem kunstgewerblichen Wissen heraus Doch wozu noch weiter in den Inhalt der

erläutert. Ein kurzes Kapitel würdigt noch Bodel- Aufsätze eindringen? Dem, der sie nicht liest,

schwinghs Grabmal im Mainzer Dom. Vier bild- sagen die kurzen Bemerkungen doch nichts, dem,

liehe Beigaben, darunter der Grundriß der Wob- der sie aber liest — und hoffentlich sind es deren

nung des Domherrn, steigern den Wert des Buches, recht viele, sind sie entbehrlich. Ii.

Die äußere Ausstattung wie die Druckanordnung Über Aufbau und Detail in der Baukunst,

sind würdig des Verfassers, der auf dem Gebiete Eine Anleitung zum Studium der Bauformen für

des Kunstgewerbes so oft Wegweiser war. Schule und Praxis von Adolf Ritter von Infeld,

Dr. Siebert. Architekt u. k. k. Professor. 70 Seiten inkl. 30 in
Streifzüge eines Architekten von Fritz den Text gedruckten Tafeln. Polio. Wien 1907,
Schumacher. 228 S. 4°. Jena 1907, Eugen Verlag von Carl Fromme, geb. 7,50 Mk.
Diederichs. br. 4 Mk., geb. 5 Mk. Die im Vorwort zum Ausdruck gebrachte Ab-
Die neun zu verschiedenen Zeiten (1900 —1906) sieht des Verfassers, den Unterricht der archi-
geschriebenen Aufsätze sind nicht alle von gleichem tektonischen Formenlehre aus dem Banne der
Wert, auch nicht von gleich großem Interesse für monumentalen Renaissance-Architektur zu einer
uns. Aber durch das ganze Buch — und darin unter steter Rücksichtnahme auf Zweck, Kon-
erblicke ich den ethischen Wert desselben — zieht struktion und Material zu bildenden bodenstän-
wie ein roter Faden die beherzigenswerte ver- digen und individuellen Ausdrucks weise zu führen,
anlwortungsvolle Bedeutung der Architektur. «Der wäre zu begrüßen, wenn sie nicht, wenigstens
Bauende soll nicht herumtasten und versuchen; für die Verhältnisse in Deutschland, ein Einrennen
was stehen bleiben soll, muß recht stehen, und offener Tore bedeutete. Dazu kommt nun aber
wo nicht für die Ewigkeit, doch für geraume Zeit noch die unangenehme Enttäuschung, daß die Ver-
genügen. Mag man doch immer Fehler begehen, sprechungen des Vorwortes nicht gehalten werden.
— bauen darf man keine.» Wie der Verfasser Der mehr als triviale Text macht den Eindruck,
in seinem Verhältnis zu Goethe (Goethe und die als ob er veralteten Lehrbüchern entnommen sei,
Architektur) den unbewußten Zwang fühlt, künst- die Abbildungen sind in Auswahl und Darstel-
lerisches Schaffen anderer Art unter dem Gesichts- lung schlecht. Das Werk kann weder für Schule
winkel des eigenen Tuns zu empfinden, so wird noch Praxis empfohlen werden. Der sehr ge-
der Leser gezwungen, sich in Verhältnis zu Goethe schmackvolle Umschlag macht dem Verlag Ehre,
und die hier ausgesprochenen Gedanken zu setzen. Ii.
Die zitierten goldenen Worte sind bekannt, die Über „Wiederaufnahme der Fassaden-
an sie geschlossenen Betrachtungen selbstver- maierei" bringt die Süddeutsche Bauzeitung in
ständlich. Aber es ist nicht die Selbstverständ- No. 32, Jahrg. XVII, einen von Eugen Bartl-
lichkeit, die, weil überflüssig, langweilt, sondern Augsburg verfaßten, auch in historischer Richtung
die in ihrer ewigen Wahrheit, wie aus der Seele sehr bemerkenswerten Aufsatz mit Abbildungen
des Lesers gesprochen, diesen erfreut. Das Kapitel von den Fassaden «zum Ritter in Schaffhausen»
«Tradition und Neuschaffen» baut sich auf der (1570), «zum weißen Adler» in Stein a. Rh.
nicht oft genug zu wiederholenden Tatsache auf, (16. Jahrh.), «zum großen Käfin» (1675) und
daß es unter den Schaffenden nicht nur schöpfe- «zum hohen Hafen» in Konstanz. Die Unterschrift
rische Geister gibt, sondern daß daneben die große unter der letzeren Abbildung «Restauriert von
Menge der liebenswürdig spürenden Nachempfinder Kunstmaler G. v. Haiberlin in Stuttgart» erweckt
geht, die gar nicht berufen sind, individuelle Werte die falsche Vorstellung, als ob es sich hier um
zu zeugen, die aber trotzdem berufen sein können, die Restaurierung alter Fassadenmalerei handle,
künstlerisch zu arbeiten. Die unwandelbare Re- während es sich tatsächlich um eine Neuschöpfung
deutung historischen Studiums in der Architektur handelt, die nicht einmal den Geist alter Kunst
wird mit der Notwendigkeit begründet, die Er- atmet. H.
 
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