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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 1.1907/​8

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Zemp, Josef: Die Kirche von Romainmôtier
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https://doi.org/10.11588/diglit.19218#0102

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bringe ich liier über den Bau des elften Jahrhunderts, dem ob seiner nahen Beziehung
zum Kloster Cluny schon längst ein Platz in den Handbüchern der Kunstgeschichte
gewährt wurde.

Statt einer Beschreibung der Kirche verweise ich auf den beifolgenden Plan
und dessen Legende, wo die Resultate der folgenden Ausführungen zusammengefaßt sind.

A. Die Gründung der ersten Kirche ist in die Zeit um 450 anzusetzen. Denn
daß sich die in mehreren Quellen erwähnte Stiftung der heiligen Brüder Romanus und
Lupicinus auf Romainmötier bezieht, darf nach den Forschungen von Marius Besson
nicht mehr bezweifelt werden. Reste des Gründungsbaues sind die Fundamente jener
kleinen Kirche, die im Plane mit A bezeichnet ist. Eine einschiffige, sicher flachgedeckte
Anlage. Die Apsis an der Ostseite hat die Grundform eines überhöhten Halbkreises.
Das Schiff war im östlichen Teile begleitet von quadratischen Nebenräumen, in denen
ich nicht die Flügel eines Querhauses, aber auch nicht Türme erkenne, sondern abge-
schlossene, mit dem Schiff nur durch Türen verbundene «secretaria». Ich denke dabei,
trotz des von Guyer geäußerten Zweifels, an die nächstliegende Erklärung dieser Räume
als Prothesis und Diakonikon. In den beiden Mauervorsprüngen am Eingang des Chores
vermutet Naef die Fundamente von zwei Säulen, die den Chorbogen trugen. Tatsächlich
sind im Chor der heutigen Kirche zwei schöne spätrömische Kapitelle verbaut, die von
jenen Säulen stammen könnten. Ziegelfunde beweisen, daß die Bedachung dieser ersten
Kirche nach antiker Bauweise mit tegulae und imbrices ausgeführt war.

Unter den uns geläufigen Typen altchristlicher Kirchen gibt es für dieses kleine
Gebäude keinen Platz. Aufnahmen aus Nordafrika und Kleinasien lassen aber über-
haupt einen so großen Reichtum frühchristlicher Grundrißgestaltungen hervortreten, daß
es geboten scheint, von einer Systematisierung auf längere Zeit abzusehen. Für die
Erklärung der ältesten Kirche von Romainmötier ist, wie Guyer besonders mit Hinsicht
auf die Ostung hervorhebt, eher an orientalische als an römische Anregungen zu denken.

B. Im Jahre 610 wurde die Kirche von Romainmötier durch die Alemannen
verwüstet. 636 oder 637 soll, nach einer nicht ganz gesicherten Angabe, der heilige
Wandregisil nach seiner Heimkehr aus Italien in Romainmötier Unterkunft gefunden

J. R. Bahn: Grandson und zwei Clmniacenserbauten in der Westschweiz. Mitteilungen der antiquarischen
Gesellschaft in Zürich. Band XVII, Heft % 1870. — J. B.Bahn: Geschichte der bildenden. Künste in der
Schweiz. Zürich 187G, S. 226—230, 233, 236—238, 207. — G. Dehio und G. von Bezold: Die kirchliche
Baukunst des Abendlandes. 1. Band. Stuttgart 1892, S. 271 und 386. Dazu Taf. 118, 136. — Jules Gau,
thier: Trois eglises romanes du Jura Franco-Suissc: Jougne, Romainmötier, Saint-Ursannc. Memoires de
la Societe d'Emulation du Doubs. 7" serie, VII vol., 1903. — Emma Reinhart: Die Cluniacenser-Archi-
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L'eglise de Romainmötier. Bulletin archeologique des travaux historiques et scientifiques, 1905, S. 265. —
Samuel Guyer: Die christlichen Denkmäler des ersten Jahrtausends in der Schweiz (Dissertation). Studien
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Zur älteren Geschichte von Romainmötier: Fred, de Gingins-La-Sarra: Gartulaire de Romain-
mötier.— Fred, de Charriere: Recherches sur le couvent de Romainmötier et ses possessions. Memoires
et documents publies par la Societe d'histoire de la Suisse romande. III. Lausanne 1841 und 1843. —
Ernst Sackur: Die Gluniacenser in. ihrer kirchlichen und allgemeingeschichtlichen; Wirksamkeit. 1. Bd.
Halle a. S. 1892, passitn. — Marius Besson: Saint Romain est-il lc fondateur de Romainmötier'i Revue
historique vaudoise XII (1894). — P. Bonaventura Egger, O. S. B.: Geschichte der Cluniacenserklöster
in der Westschweiz (Dissertation). Freiburger historische Studien. Fase. III. Freiburg (Schweiz) 1907.
 
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