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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 1.1907/​8

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Zemp, Josef: Die Kirche von Romainmôtier
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https://doi.org/10.11588/diglit.19218#0108

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nachträglich abgerundet wurden. Diese Prozedur dürfte im 11. und 12. Jahrhundert,
offenbar aus ästhetischen Motiven, häufiger vorgekommen sein, als man wohl annimmt.1
3. Chor, Querschiff und Vierungsturm. Man könnte die Frage aufwerfen, ob
ein erster Plan sich nicht mit einer einzigen, direkt an das Querschiff angelegten Apsis
begnügen wollte; man hätte zu diesem Behufe bloß die Apsis des zweiten Baues (B)
erneuert. Denn es ist immerhin auffallend, daß diese Apsis (B) genau in der Achse
des neuen Langhauses (C) steht, und daß ihre Mauerstärke zum Bau des Odilo passen
würde. Doch sei das nur als Zwischenbemerkung aufgenommen; denn der fertige Bau

des Odilo besaß ohne Zweifel
jene geräumige, breite Choran-
* ^Ö5"^ bage, deren drei Apsiden durch

die Ausgrabungen der Jahre 1904
und 1905 wieder zum Vorschein
kamen. Schon 1870 hat Kahn
den durch die Ausgrabung be-
stätigten Chorabschluß durch drei
Apsiden vermutet. Die seitlichen
Conchen waren, wie aus verschie-
denen Anzeichen hervorgeht,
recht niedrig; die Höhe der mitt-
leren bleibt unbestimmt. Im
übrigen haben die östlichen
Teile der Kirche, abgesehen von
der gotischen Verlängerung des
Chores, schon bei der romanischen

Wölbung bedeutende Verände-
rungen erlitten. Rätselhaft ist
r1'"^—\—|—3—4—5—t—j 8—X—£m " vorläufig noch die ursprüngliche

Form der Arkaden, welche den

Abbildung 4. Kirche von Romammötier. 1:200. , _.. . . . .„

„ , , ... , ~-, . ,. a u-ir ,«,„ „■, > breiten Chorraum m drei Senne

Rekonstruktion des flaehgedeekten Schiffes von ea. 1030 (links)

und des erhöhten und romanisch gewölbten Schiffes von ca. 1080 trennen. Die heutigen Doppel-
(rechts). Die mit * bezeichneten Stellen dienen der Rekonstruktion arkaden, mit den in den Teil-
ais sichere Stützpunkte. säulen verbauten spätantiken

Kapitellen, dürften erst bei An-
laß der Wölbung errichtet worden sein. Dr. Naef hat beobachtet, daß die östlichen
Vorlagen dieser Arkaden mit den Stirnseiten der Apsidenwand nicht im Verband stehen,
daß sogar ein Verputz auf jenen Stirnseiten liegt. Wie aber waren dann die drei Chöre
voneinander getrennt? Bildeten sie gar einen einzigen, ungeteilten Raum, ähnlich dem
karolingischen Typus der einschiffigen, mit drei Apsiden versehenen Klosterkirchen in
Graubünden?2 Oder ruhten, bei dreischiffiger Anlage, die Trennungsbogen nur auf einem

1 Die Pfeiler der Kirche von Lons-le-Saulnier (Dehio und v. Bezold, I, S. 274, nach Viollet-le-Duc)
scheinen z. B. durch Überarbeitung von ursprünglich quadratischen Pfeilern ihre wechselnden Formen erhalten
zu haben. Einen ganz sicheren Fall von ähnlicher nachträglicher Überarbeitung habe ich in der Vorkirche
von Romainmötier selbst festgestellt; es wird hier noch davon zu sprechen sein (vergl. Abb. 11).

2 Siehe oben S. 92, Anm. 6.
 
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