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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 1.1907/​8

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Zemp, Josef: Die Kirche von Romainmôtier
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https://doi.org/10.11588/diglit.19218#0118

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106 Josef Zeinp.

eingerissenen Verlotterung entgegentrat1, ordnet Abt Hugo von Cluny an, daß die Einkünfte
von zwei durch jenen Prior erworbenen Salinen verwendet werden «in utilitatem orna-
ruenti ejusdem ecclesiae».2 Es beweist dies, daß um 1080 an der Kirche von Romain-
mötier gearbeitet wurde, und aus der ganzen Lage der Dinge glaube ich die Wölbung
der Kirche mit dieser Urkunde in Verbindung bringen zu dürfen.

Die Unternehmung bestand nicht allein im Einspannen von Gewölben. Es ging
dieser Arbeit die Erhöhung des Mauerwerkes im Langbause voraus. Und erst damals
dürften die Doppelarkaden entstanden sein, die den Hauptchor von den Nebenchören
trennen.3 Der nämlichen Bauperiode entstammt die heutige Gestalt des Vierungsturmes,
der in seinem Innern eine unförmliche Kuppel und darüber die Glockenstube birgt. Die
Säulchen der zweiteiligen Turmfenster haben ähnliche Formen wie jene Halbsäulen
unter den Gewölbezwickeln; nur zeigt der Vierungsturm in jeder Hinsicht eine geringere,
hastigere Arbeit.

Die um 1080 veränderten oder neu erstellten Mauern zeigen in der Außengliederung
eine Vorliebe für Lisenen, die oben durch zwei gekuppelte Kleinbogen verbunden sind
(Abbildung 6). Dagegen wurde an den Mauern der Seitenschiffe das ältere System der
einfachen Kundbogenblenden auch bei der Erhöhung beibehalten. Und es scheint, daß
man dort die Lisenen mit den gleichzeitig im Innern erstellten Wandvorlagen einiger-
maßen in Einklang zu bringen suchte. Denn nur so dürfte der rhythmische Wechsel
von schmalen und breiten Lisenen zu erklären sein (siehe die Nordseite, Abbildung 3).
Die Fassade wurde von Dr. A. Naef mit geschickter Benutzung der durch die Vorkirche
maskierten Uberreste gezeichnet. (Anzeiger für schweizerische Altertumskunde 190;"),
S. 234.) Man beachte aber, daß diese Westfront nicht die flachgedeckte Kirche des
Odilo darstellt, sondern den um 1080 erhöhten Bau.

Mehrere Reste beweisen, daß die Kirche nach der Wölbung eine farbige Aus-
stattung erhielt. Am Äußern des Vierungsturmes hat Dr. A. Naef im Jahre 1906 die
Spuren eines in Rot und Blau aufgemalten Quaderwerkes entdeckt. Man wird sie, als
eine große Seltenheit, ebensogut dem Ende des 11. Jahrhunderts zuweisen dürfen, wie
die ältesten Reste von Malereien im Inneren der Kirche. Im südlichen Seitenschiff ist
an einer Wandvorlage ein in Rot und Gelb gemaltes Teppichmotiv entdeckt worden:
Tiergestalten in verschlungenen Medaillons. Und an der Westwand des Mittelschiffes
jenes gemalte Quaderwerk aus doppelten roten Linien (Abbildung 4 und 8).

E. Die Vorkirche, um 1100—1120. Die zweistöckige, dreischiffige Anlage ist
mit rippenlosen Kreuzgewölben versehen. Im Jahre 1901 hat Dr. A. Naef an der West-
seite die Reste von zwei niedrigen Türmen entdeckt und seither eine Wiederherstellung
der Fassade gezeichnet (Anzeiger für schweizerische Altertumskunde 1905, S. 226). Außen
ist die Vorkirche im unteren Geschoß mit Lisenen, im oberen mit schlanken Halbsäulen
gegliedert; über diesen ziehen sich Kleinbogenfriese hin (Abbildung 9). Es tritt deut-
lich die Absicht hervor, aus dem strengen Stile zu reicheren Formen überzugehen.

Von den bisherigen Bearbeitern der Kirche von Romainmotier wird auf die
Ähnlichkeit mit der Vorkirche von St. Philibert in Tournus verwiesen. Auch dort ist
die Vorkirche zweigeschossig. Aber sie ist kein einheitliches Werk und zeigt nament-

1 Die Situation ist einleuchtend gezeichnet von Egger, S. 70.

2 Memoires et Doeuments, III, S. 451.

3 Siehe oben S. 96.
 
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