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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 1.1907/​8

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Chronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.19218#0124

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112

teilung nach Ländern und Gebieten waren nicht
die jeweiligen politischen Grenzen maßgebend, son-
dern diejenigen Gebietsteile wurden berücksichtigt,
über die sich ein bestimmter Kunstzweig gleich-
mäßig oder gleichartig verbreitet hatte. So sind
z. B. im geschichtlichen Teil der Baukunst «A»
in der 4. Unterabteilung: «Mittelalterlich-christliche
Kunst» die Unterscheidungen

a) Rheinland mit Flandern, Champagne,
Lothringen;

b) Niederdeutschland mit Holland und den
Ostseeländere; Großpolen;

c) Oberdeutschland: Elsaß, Schwaben, Ale-
mannia!, Bayern, Österreich etc.

gemacht, und da in diesem wiederum alles alpha-
betisch geordnet ist, so ist in der großen Menge
von Blättern jedes gewünschte Kunstwerk oder
Detail desselben fast auf den ersten Griff zu
finden.

Die Sammlung hat den Zweck, den Studieren-
den der Architektur und der Kunstgeschichte
Vorbilder und Studienmaterial zu bieten, weshalb
auch die Blätter und Bücher in weitge-
hendster Weise ausgeliehen werden. Bei
der wachsenden Reichh altigkeit der Samm-
lung aber und ihrer Bedeutung wird sie
auch vielfach von NichtStudierenden im-
s erer Hochsch ule benutzt, von Künstlern,
Architekten und Kunsthistorikern, auch
von Privaten, die sich über die Bauten
einer Stadt oder über Kunstwerke einer
Zeit oder eines Landes durch gute Abbil-
dungen zu unterrichten wünschen. Die
Zahl der Besucher der Sammlung stieg im letzten
Jahre auf 27G5, Blätter wurden 4505 ausgeliehen.
Außerdem wurde die Sammlung mehrfach zur
Illustrierung kunst- und baugeschichtlicher Werke
benutzt.

Ein kostbarer Besitz der Sammlung sind die
alten Handzeichnungen, die insbesondere für das
Studium der Bau- und Kunstgeschichte des König-
reichs Sachsen eine hervorragende Quelle bilden.
Welch überaus klares Bild für die Zeilkultur und
ihre Anschauungen bieten z. B. die Bauprojekte
aus der Zeit des Kurfürsten August des Starken.
Gerade aus diesen nicht zur Ausführung gekom-
menen Projekten erkennt man die ganze Pracht-

liebe des kunstsinnigen Fürsten viel deutlicher
und klarer, als beim Studium der von ihm er-
richteten oder umgestalteten Bauten und ihrer Ein-
richtungen. Eine sonnig heitere Sorglosigkeit über
die Wege zur Beschaffung der erforderlichen Geld-
mittel läßt den König und seine Hofkünstler nur
an möglichst schönheitsreiche Bildungen denken.
In den großartig geplanten Bauten, Platzanlagen
und Straßenzügen, wie wir sie auf den Zeich-
nungen sehen, zeigt sich überall ein vorzügliches
feines Verständnis und ästhetisches Empfinden
nicht nur für die Zweckgestaltung allein, sondern
auch z. B. für die Stellung eines bedeutenden Bau-
werks in seiner Umgebung, für den harmonischen
Zusammenklang des Baues mit der ihn umgeben-
den Natur. Wir können da für unsere heutige
Zeit mächtig viel von diesen alten Barock- und
Rokoko-Meistern lernen, ganz abgesehen von der
Ausführung des eigentlichen Baues, der Wohlab-
gewogenheit und Vornehmheit in Anbringung
des Schmuckes usw. Betrachtet man mehr von
diesen Zeichnungen und liest die aufgeschrie-
benen Bemerkungen, so empfindet man, wie in
ganz leisen allmählichen Übergängen eine Zeit-
und eine Stilepoche sich in die andere wandelt,
unmittelbar fast, oft durch kleinere Details sich
nur verratend und doch dem Forscher wertvoll-
sten und reizvollsten Aufschluß gewährend. Eine
Kunstrichtung tritt in den meisten Fällen verur-
teilend gegen die gerade vorhergegangene auf,
setzt sich gern mit verächtlichen Worten wie
«häßlich» und «unschicklich» oder dergleichen
in einen Gegensatz dazu, und oft ist der Vermerk
dazu angebracht «nach der neuen schönen Bau-
weise umzubauen», womit z. B. nach der Mitte
des XIX. Jahrhunderts die wieder modern gewor-
dene Gotik gemeint ist. Für das Detailstudium
sind die Zeichnungen ein sehr reiches Material
und sie gaben auch oft den Arbeitsstoff für das
in den Räumen der Sammlung wöchentlich statt-
findende baugeschichtliche Seminar, das vielfach
in den letzten Jahren erfolgreich die Anregung zu
tüchtigen Doktor-Ingenieur-Arbeiten geboten hat.

Prof. Dr. Robert Bruck.
Privatdozent Dr. G. Karo-Bonn hat die
Stelle eines Sekretärs bei dem deutschen archäo-
logischen Institut in Athen übernommen.
 
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