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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 1.1907/​8

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Heft 6 [März 1908]
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Rott, Hans: Bauspäne von einer anatolischen Reise
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https://doi.org/10.11588/diglit.19218#0165

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Bauspäne von einer anatolischen Reise. 153

Kirchen, Kapellen, Totenkammern und Vorratsräumen ringsum ausgehauen wurde.
Die gleichen Zierfassaden finden wir allenthalben in dem Troglodytenlande Kappadokien,
besonders im sogenannten Soandere, zu Urgüb-Gereme und in den Schluchten des
Hassandagh. Interessant ist ein Vergleich mit den unterirdischen Bauten und Felsan-
lagen im Hauran und in der arabischen Wüste. Die bereits bekannten und durch Reber
in trefflicher Weise behandelten Felsenbauten des phrygischen Berglandes sind ebenso
eigenartig in ihren Formen, von den kappadokischen jedoch sehr verschieden und auch
der Zeit nach meist älter.1 Bei den letztern liegen hinter dem Portal lange, rechteckige
Kammern nach dem Berginnern, die als Refektorien oder Kapitelsäle, immer jedoch als
Versammlungsräume dienten. Pilaster und Gesimsbänder deuten vertikal wie horizontal
die Raumeinteilung der Anlage an. Leider ist bei dem hohen Portal in der Schlucht
von Gereme der ganze obere Teil desselben, der loggienartige Überbau mit der arkaden-
geschmückten Brüstungswand, vor einer Reihe von Jahren wohl infolge eines Erdbebens
herabgestürzt, so daß heute die
dahinter ausgehauene kleine
Kuppel kirche frei zu Tage
liegt. Im Innern, dessen Decke
öfters mit einem mächtigen
Balkenkreuz geziert ist, laufen
vielfach an den Wänden
Nischenarkaden entlang, die
vom Hufeisenbogen geschlos-
sen werden, ein System der
Wandbelebung, das schon die
Paläste der Achämeniden ken-
nen und sich in der Epoche
der Sassaniden beispielshalber
beim Palast zu Firuz-Abad
ähnlich erhalten hat (Abbil-
dung 5). Zweifellos liegen
unsern Felsenanlagen untergegangene Freibauten zu Grunde mit der gleichen Belebung
der Portalflächen.

Wirbeinerken hier, wiewohl das Wetterdas meiste zerstört hat, dieselben Zickzack-
einfassungen wie am Tor von Amman. Statt der daselbst verwendeten Bogenfüllungen
mit gemusterten Achteckfeldern in Stein sind zu Gereme griechische Kreuze, auch
Rosetten und anderer Zierat in malerischer Ausführung, rot auf grünem Grunde, ge-
zeichnet. Wie ich an anderer Stelle nachzuweisen suchte, stammen die meisten dieser
originellen Höhlenbauten Kappadokiens aus dem VI.—IX. Jahrhundert und sind der
greifbare Niederschlag einer abgeschlossenen mönchischen Kunstbetätigung, bei der man
trotz des lokalen Stils verschiedene fremde Einflüsse beobachten kann.2 Zwischen diesen
malerischen Fassaden und Felsbauten wie dem rätselhaften Jagdschloß Amman an der
Grenze der arabischen Wüste bestehen ohne Zweifel nähere kunstgeschichtliche wie
historische Beziehungen. Mit Recht hat deshalb wohl Dieulafoy dasselbe in die Zeit

1 Reber, in den Abh. der hayr. Akad. d. W., III. Kl., XXI. — 2 H. Rott, Kleinasiatische Denk-
mäler (Studien über ehrisll. Denkmäler, berausgegeb. von J. Fir-ker V/VI) passim.

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