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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 1.1907/​8

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Heft 6 [März 1908]
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Rott, Hans: Bauspäne von einer anatolischen Reise
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https://doi.org/10.11588/diglit.19218#0168

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156

(Abbildung 7). Man möchte denken, der Bildhauer-Architekt habe in verdeckter Weise
das Innere einer Hagia Sophia mit seinen rohen Mitteln nachahmen wollen. Uber den
Arkadendurchgängen im Hufeisenbogen, welche zu einem kleinen Seitenschiff' leiten, sehen
wir einen Bilderfries, dem ikonographisch die Mosaikzyklen vorlagen, darüber eine lange,
ringsumlaufende Inschrift und oberhalb desselben die kreuzgeteilte Lunette, deren Unter-
felder in Blendnischen mit eingestellten Heiligenfiguren in Uberlebensgröße aufgelöst sind,
während die Felder der obern Segmente wieder Darstellungen aus der H. Geschichte
bringen. Die Südwand gegenüber ist genau in der gleichen Weise behandelt.

Statt noch einmal an den üppigen Schmuck der Torfassade von Amman zu
erinnern, der auch unsere Kirchenwand mit Figuren und Ornamenten reich überspon-

nen hat, möchte ich
selbst aus der Haupt-
stadt des oströmi-
schen Reiches ein
verwandtes Sujet
heranziehen, das
Prachttor Theodo-
sius' II. am Propy-
läon der Porta Au-
rea. Dort ist das
doppelgeschossige
Portal durch Pila-
ster und Säulchcn
in Flachniscben ge-
gliedert, in welche
einst Reliefplatten
eingelassen waren.1
Und am Ende die-
ser Reihe stände die
fränkische Torhalle

Abbildung- 8. Portalwand im Peristrema (Hassandagh). in Lorsch mit ihrem

spitzgiebligen Ar-
kadenschmuck und der Betonung des Malerischen durch den buntfarbigen Material-
wechsel der Wandfelder.

Höchst wahrscheinlich ist es, daß die sogenannten Kanonesbogen der Miniatur-
malerei jene Zierarchitekturen orientalischer Fassaden und Interieurs zum Vorbild haben,
wie ja auch schon früher Janitschek mit Recht hinsichtlich ihrer Provenienz auf Syrien
hingedeutet hat. Nicht genug, daß diese Hufeisenbogen-Arkaden im Innern den Wänden
entlang aus dem Fels gehauen sind; ich fand diesen Wandschmuck öfters in Farbe
unter den Bilderzyklen gewissermaßen als Träger gemalt.

In einer grausigen Schlucht des Hassandagb im südwestlichen Kappadokien
stieß ich auf eine bedeutende Mönchsniederlassung mit Nekropolen, Kapellen und
Wohnungen, einst alles bis auf den letzten Fleck bemalt. Hier hausten die Jünger

1 Koldeweys Rekonstruktion bei Strzygovvski im Jahrb. des D. Arch. Inst. VIII (1893), p. 20,
Abb. 13—16.

Hans Rott-Heidelberg.
 
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