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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 1.1907/​8

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Bruck, Robert: Der Place Louis XV und Contants Projekt für die Madeleine-Kirche zu Paris
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https://doi.org/10.11588/diglit.19218#0236

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224 Dr. Robert Bruck-Dresden.

Schlafe, in den sie versunken waren, zu erheben und erst in Ludwig XIV. erstand
ihnen allerdings der größte Förderer und Mäzen. Die Künstler schienen sich gerade-
zu in ihren Leistungen überbieten zu wollen, es wurden Bauwerke vollendet, die nicht
allein die Prachtliebe des Königs verkünden, sondern auch heute noch der gerechte
Stolz des Landes sind, Lenötres Gartenkunst wurde das Vorbild für die ganz Europas.
Und. mit den schönen Künsten wetteiferten Poesie, Literatur und Wissenschaft'. Unter
Ludwig XIVT. gelangt die französische Kunst durch die Vereinigung von Klassizismus
und Barock zu einem selbständigen, echt französischen Stil, und in den Werken eines
Jules Hardouin Mansart, des Hauptmeisters im letzten Viertel des 17. Jahrhunderts,
verkörpert sich alles das, was wir gewöhnt sind, den Stil Louis XIV. zu nennen. —
Schwerer ist es, die Wesenheit des Stils unter der Regierung Ludwigs XV. (1715—1774)
mit kurzen Worten bezeichnen zu wollen, denn in seiner Zeit bekämpften sich, wie
auf jedem geistigen Gebiete, so auch in der Kunst, widerstreitende Meinungen und
Richtungen, Gille Marie op den Oordt f 1742 und dem Zeichner Juste Aurele Meis-
somer f 1750, hauptsächlich auf dem Gebiete der Innendekoration und des Kunstge-
werbes tätig, ist die Wiederbelebung des Barocks im Gegensatze zum Klassizismus zu-
zuschreiben. Eine Kunstrichtung, die es verstand, das Barock in reizvoller Art zu
mildern, es in eine feine anmutige Form umzuwandeln. So erscheint das schwere
ernste Barock mit französischer Anmut und Leichtigkeit gepaart und hält als Rokoko
(«Style Regelice» und «Style Louis XV») seinen Triumphzug durch die Länder. Es
ist bezeichnend für die Eigenart dieser Kunstrichtung, daß das Rokoko, im Gegensatze
zu allen anderen Stilen, auf die struktive Seite der Architektur fast gar keinen Einfluß
hat und nur die mehr vom eigentlichen Organismus des Baues losgelöste Innendekoration,
das Ornament für sich zu einem eigenen, selbständigen Stile ausbildet. Von höchstem
Werte für die Beurteilung des Stiles sind die Kupferstichwerke Meissoniers, die Vor-
lagen für die Einrichtung fürstlicher Räume. Während so das Rokoko die Innenaus-
stattung beherrscht, bleibt die äußere Gestaltung der Bauten meist in den alten klassi-
zistischen Formen. Außen also zurückhaltende, vornehme Bauform, im Innern dagegen
die ganze spielende Pracht der Zeit, die freien, leichten, zierlich geschwungenen Formen
und Schnörkel, Blatt-, Ranken-, Muschel- und Bandwerk, die scheinbar absichtliche
Unsymmetrie, die lichten Farben, die Vorherrschaft von Weiß und Gold.

Im Jahre 1748 wurde beim Graben eines Brunnens das verschüttete Pompeji
entdeckt und gab die Anregung, durch Frau von Pompadour eifrigst gefördert, zu
einem erneuten Kampfe, nämlich der klassizistischen Richtung und Schule gegen das
Rokoko. So kam noch unter Ludwig XV. die neue strengere Auffassung der antiken
Kunst, ein genaueres Zurückgehen auf antike Vorbilder zur Geltung. Eine Richtung,
die allerdings erst unter der Regierung von Ludwigs XV. Nachfolger zum Stil Louis XVI.
führte, der seine vorzüglichen Eigenschaften in einer zu erstrebenden natürlichen Ein-
fachheit, in der die Antike nachahmenden Ruhe des Ornamentes, einer bevorzugten
Geradlinigkeit erblickte und schließlich zu einer gewissen Nüchternheit führte. Als
Begründer der neuen Richtung und als markanteste Künstlerpersönlichkeiten hierfür
können wohl Constant d'Ivri und Jacques Germain Soufnot bezeichnet werden. Von
ersterem stammt der Plan der St. Madeleine zu Paris und Soufflots entscheidendes
Hauptwerk, 1758 begonnen, ist die Kirche St. Genevieve, das jetzige Pantheon in Paris,
das in seinem Grundriß, ein griechisches Kreuz mit dreifacher Kuppel auf säulenum-
 
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