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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 1.1907/​8

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Hoeber, Fritz: Ideale Zentralbauten des späten Quattrocento und der Stilo Lionardesco
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https://doi.org/10.11588/diglit.19218#0245

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Ideale Zentralbauten des späten Quattrocento und der Stilo Lionardesco. 233

cento, sei's von Mailand (Lionardo) durch Kunstbezielmngen abhängig, sei's spontan als
selbständiger Ausdruck eines parallelen Formgefühls.

Geben wir zuerst zwei Beispiele aus Mailand selbst: Die xylographische Abbil-
dung des Projekts zum Spedale maggiore in Filaretes Traktat (reproduziert in dem
gleichnamigen Buch von W. von (Dettingen, Wien 1890, auf pag. 369) zeigt in ihrem
mittleren zentralen Hochbau eine Degagierung der 4 Ecktürme von der Kuppel, wie man
sie sich nicht stärker vorstellen kann. Der lombardisch erscheinende Zentralbau auf
dem Eevers der Francesco Sforza-Medaille des Sperandio von nach 1460 (Abb. Jahr-
buch d. kgl. preuß. Kunstsammlg., II. B., Taf. XII. 10) degagiert ebenfalls seine sich immer

Abbildung 1.

mehr verjüngenden Seitenarme in einer durchaus wenig geschlosseneu Weise, wovon
man sich bei Vergegenwärtigung seines Grundrisses überzeugen kann1 (s. Abbildung 2).

1 Gorncl v. Fabriczy, Medaillen der italienischen Renaissance (Seemannsche Monographien des
Kunstgewerbes IX) nennt pag. 43 diesen Tempel Sperantlios eine freie Nachbildung des Malatestatempels
auf der bekannten Medaille des Sigismondo von Matteo dei Pasti: Aber abgesehen von dem ganz anderen
Stilcharakter — dort Alberti, hier Lionardo — ist der Tempio Malatesüano ein Langbau mit Vierungs-
oder vielmehr Chorschlußkuppel wie die Florentiner Annunziata, der von Sperandio hingegen ein ausge-
sprochener Zentralbau. Ebenfalls aber ein Langbau, der Fassade nach zu schließen, etwa vom Grundriß
von Brunellescos Florentiner San Lorenzo, ist der Tempel auf dem Revers der Rene von Anjou-Medaille
des Pietro da Milano (Abb. ebd. pag. 20), der natürlich in den Formen des Aufbaus ganz mailändisch ist.

Wie zäh dieser provinzielle Typ des Zentralbaus, Flaehkuppel mit Laterne und Kreuzarmen,
sich in der lombardischen Architekturphantasie hielt, kann man aus dem Hintergrundstempel auf dem erst
um 1505 von Sodomas Schüler Bartolomeo Neroni, genannt il Riccio, gemalten Fresko: Die Aus-
sendung von Missionaren durch den hl. Benedikt, ersehen. (Großer Klosterhof von Monte Oliveto Mag-
giore bei Siena, s. Abbildung 8.)

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