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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 1.1907/​8

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Dehio, Georg: Zwei romanische Zentralbauten
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https://doi.org/10.11588/diglit.19218#0264

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252

Die einzige einigermaßen als analog zu bezeichnende Anlage, die ich in Deutsch-
land sonst noch kenne, ist der «Flohturm» in Diedenhofen.1 Ein rätselhafter Bau.
Auch er beschreibt im Grundriß . ein reguläres Polygon, doch ist es ein Vierzehneck.
Der Durchmesser beträgt 19 m, also erheblich weniger als in Egisheim. Es handelt
sich auch nicht, wie in Egisheim, um eine Ringmauer mit Zentralturm, sondern der
ganze Innenraum (wir kennen ihn freilich nur als spätmittelalterlicheu Umbau) war
wohnbar ausgebaut, mit einem kleinen, unsymmetrisch an die Seite geschobenen Hof.
Es ist indes sehr fraglich, ob wir es mit einer ursprünglichen Wehranlage zu tun haben.
Das Mauerwerk ist romanisch. Die Vermutung ist ausgesprochen worden, daß der Turm

Reichskleinodien aufbewahrt wurden, gibt ein Autor des 16. Jahrhunderts (und-nach
ihm Merian) eine in bezug auf Anschaulichkeit viel zu wünschen übrig lassende Be-
schreibung, doch sagt er nichts von der Anlage im ganzen. Von alten Ansichten war
nichts bekannt, bis vor etwa 30 Jahren eine angeblich aus dem Jahr 1614 stammende
Zeichnung «entdeckt» wurde. Heute besteht kein Zweifel mehr, daß Guerber, der sie
zuerst publizierte2, das Opfer einer Mystifikation gewesen ist3. Leider ist diese
Fälschung in die Literatur übergegangen4, zuletzt noch von Bodo Ebbardt wiederge-
geben und, trotz der auch inneren Unglaubwürdigkeit, für eine Quelle «von hohem

1 Vergl. den Aufsatz von Baurat Knitterscheid im Jahrbuch für lothringische Geschichte XII.

2 In Bulletin de la societe d'Alsace, II. serie, 1. VIII.

auf den Fundamenten der 939 zer-
störten karolingischen Pfalzkapelle
stehe. Sie hat viel Ansprechendes,
aber ein gültiger Beweis ist bis jetzt
nicht erbracht worden. In jedem
Fall liegt hier etwas wesentlich
anderes vor als in der Burg der
Egisheim er.

Nun ist noch von einer Hy-

Abbildung 3.

pothese zu sprechen, die, wenn sie
zuträfe, die Burg Egisheim noch
viel interessanter machen würde,
als sie jetzt schon ist. Es handelt
sich dabei um die Kaiserpfalz in
Hagenau. Ich will den nachgerade
konfus gewordenen Fall in tun-
lichster Kürze darlegen. Die Pfalz
ist 1678 von den Franzosen zerstört
worden und ihre Steine wurden
beim Bau des Fort-Louis benutzt.
Der Platz, auf dem sie stand, ist
jetzt überbaut. Von der angeblich
durch Kaiser Friedrich Barbarossa
errichteten Kapelle, in der die

3 A. Hanauer, Le Proces d'un faux moderne in Revue cUAlsace 1903.
1 Z. B. in Karl Simons Studien zum romanischen Wohnbau 1902.
 
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