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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 1.1907/​8

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Korn, ...: Der Ratgeber und Baumeister des Pfalzgrafen Johann Kasimir bei seinen Bauten am Heidelberger Schlosse
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https://doi.org/10.11588/diglit.19218#0268

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256 Literatur.

teristisches, architektonisches Gepräge und kann ein solches auch nicht aufweisen, denn
wir haben vorher gesehen, daß sich dabei Einflüsse eines Baumeisters geltend machten,
welcher wohl Kriegsbaumeister, aber kein Architekt war. Als Erbauer dürfen wir daher
nach den voraufgegangenen Ausführungen den Kriegsbaumeister Grafen Rochus zu Linar
annehmen, der in bezug auf sein zeichnerisches Können an den Kurfürsten August
von Sachsen selber schrieb, daß er (Linar) «mitt dem abreisen selbst nicht so rein
vmbzugeben» wüßte.1 Auch die am Berliner Schlosse unter Linars Oberleitung entstan-
denen Bauten fallen durchschnittlich aus dem Rahmen der früheren Bauperioden heraus.

Bemerkt sei schließlich noch, daß die örtliche Bauleitung in Heidelberg jeden-
falls nicht in Linars Händen lag, was bei seiner hohen Stellung und seiner vielseitigen
Tätigkeit leicht erklärlich ist.

Es sollte mich freuen, wenn es gelungen sein sollte, durch vorstehende Zeilen die Bau-
geschichte des Heidelberger Schlosses um ein kleines Stück vorwärts gebracht oder wenig-
stens einen Weg gewiesen zu haben, welchen weitere Forschungen einschlagen könnten.

1 Hauptstaatsarchiv zu Dresden, Schreiben Linars an den Kurfürsten August von Sachsen, S. 342.
— Linar war an zeichnerischer Tätigkeit auch dadurch gehindert, daß er bei der Belagerung von Dieden-
hofen ein Auge verloren hatte.

R. von Lichtenberg, Die jonische Säule
als klassisches Bauglied, rein hellenischem
Geiste entwachsen. Mit 69 Abb. Bei R. Haupt,
Leipzig und New York, 1907. 8°. 71 S.

Dieser Aufsatz, die Erweiterung eines in der
Vorderasiatischen Gesellschaft zu Berlin gehal-
tenen Vortrages, ist als Gegenschrift gedacht
zu 0. Puchsteins nach einem Vortrage vor der Deut-
schen Orient-Gesellschaft kurz vorher erschiene-
nen gleichnamigen Schrift mit dem Untertitel «als
klassisches Bauglied orientalischer Herkunft».
L.'s Schlußsatz dagegen lautet: «Die jonische
Säule ist ein von allem Anfange an aus helle-
nischem Geiste erwachsenes Kunstwerk».

L.'s Schrift bemüht sich rein äußerlich dem
Gegner möglichst gleich zu erscheinen. Methodisch
freilich fällt sie um so mehr dagegen ab und reicht
an Klarheit der Darstellung und konziser Durch-
dringung des Stoffes bei weitem nicht an Puch-
stein heran, dessen Vortrag als ein Muster all-
gemein verständlicher Darstellung eines schwieri-
gen Fachproblems gelten kann. Gleichwohl enthält
sie bei aller Wiederholung längst bekannter Dinge
Einwände gegen Puchsteins Aufstellung, die zu be-
rücksichtigen sind. Die Mängel der L.'sehen Arbeit

bloßzustellen, ist nicht schwer. Es ist dies auch
von andrer Seite aus (z. B. von Winnefeld im
Literar. Zentralblatt 1908, S. 205) schon ge-
schehen. Ich ziehe es deshalb vor, sogleich auf
einen Hauptpunkt in der Streitfrage einzugehen und
ein bisher soviel wie völlig übersehenes Moment
herauszuheben, das mir von Wichtigkeit scheint.

Als Ausgangspunkt des jonischen Säulendekors
hatte Puchstein eine in Ägypten dekorativ ver-
wendete Pflanzenform angenommen, welche man
in Ermangelung einer genaueren botanischen Be-
nennung einstweilen als «Lilie» zu bezeichnen
pflegt. Schon Borchardt (Pflanzensäule, S. 20)
hatte darauf hingewiesen, daß die Lilie botanisch
völlig fremd ist im eigentlichen Ägypten, auch
demgemäß empfunden wurde, und daß ihre
dekorative Verwendung erst mit Beginn des
Neuen Beiches einsetzt. L. (S. 43 ff.) zieht nun
mit Recht die naheliegende Folgerung, daß dies
späte Auftauchen der neuen Pflanze mit fremden,
und zwar aus der ägäischen Kulturwelt kommen-
den Einflüssen zusammenhänge. Die «Lilie» sei
entstanden aus einer der alten ägyptischen Blüten,
und zwar der im alten und mittleren Reich als
Wappenpflanze Oberägyptens verwendeten, d. h.
ihrer Umformung im Sinne der bekannten ägä-
ischen Tendenz, überall Spirallinien anzubringen :
so hätte man damals unter dem Einfluß der my-
kenischen Spirale die beiden Kelchblätter der alten
Wappenpflanze Oberägyptens sich rund einrollen
 
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