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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 1.1907/​8

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https://doi.org/10.11588/diglit.19218#0274

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Literatur.

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Schwingung entfaltenden Blättern, den «äußeren»
Kronenblättern. Je nach der Spezies variiert diese
schwanke Krone etwas in der Struktur, manchmal
fehlen ihr auch die Vertikalblätter ganz, und sie
beschränkt sich auf die mittlere mehr horizon-
tale Blattlage. Umstehende Abbildungen (nach
Reichenbach, Deutschlands Flora, Taf. GCGXXXIff.)
geben einige Hauptarten dieser Gattung wieder.
Die Farbe der Blüte ist blau, violett (unsere

Abbildung 4. Darstellung von Trideen aus Syrien
im Garten Thutmosis' III.
(Aus einem Relief am Tempel von Karnak.)

«Schwertlilie») oder gelb (J. pseudacorus), sellener
bunt gesprenkelt (die «Iris» im eigentlichsten,
buchstäblichsten engsten Sinne). Also eine
Pflanze, nach Form und Farbe, im ganzen Cha-
rakter von Liliiim wohl zu unterscheiden.

Auch diese Blume ist Ägypten von Haus aus
so fremd wie das Lilium. Vergl. Borchardt, S. 20.
Aber auch sie ist auf künstliche Weise dorthin
verpflanzt worden und hat dort dekorativ weiter-
gewirkt. An einem der Tempelwände von Karnak
sind ausführlich und möglichst botanisch getreu
Pflanzen verschiedener Fremdländer in Belief ab-

gebildet, welche Thutmosis III. nach seinen Kriegs-
zügen vom Ausland nach Hause hat bringen lassen,
um dort einen botanischen Garten anzulegen.
Unter diesen fremden, unägyptischen Gewächsen
sind nun von denen, die inschriftlich als aus dem
Lande Rutenu (Btnw) kommend bezeichnet sind1,
auch dreie, welche nichts anderes als verschie-
dene Abarten von Iris sein können (Abbildung 4).
Also Pflanzen aus Syrien, aus dem Libanongebiet;
an Cypern oder Kreta kann in diesem Falle nicht
gedacht werden (vergl. Steindorff, Blütezeit der
Pharaonen, S. 99, Abb. 85 2). Die beiden Blumen
links sind in der Form nur wenig voneinander
verschieden, wahrscheinlich waren sie es einst
desto mehr durch die Farbe; dagegen ist die
dritte rechts von vornherein anders im Aufbau,
nur der etwas kleinere Volutenkelch scheint der-
selbe wie bei den beiden anderen zu sein.3 Die bei-
den ersten sind für unsere Frage die wichtigeren.
Denn hier hat die Blüte in klarer, echt ägyptisch
aufs Einfache, Deutliche gerichteten Reduzierung
genau jenen dreiteiligen Aufbau, der oben als das
Charakteristikum der Irisblüten geschildert wurde:
1) Kelchblätter, 2) horizontal gerichtete Mittel-
blätter, 3) vertikal aufstrebende Kronenblätter.
Dabei entspricht das Sicheinrollen und gekrümmte
Ausschwingen der Blaltspitzen in allen drei
Lagen durchaus dem Vorbild der Natur. Jede der
drei Blattlagen ist aus der Vielzahl ihrer einzelnen
Glieder auf jenes Minimum eines symmetrisch ge-
stalteten Blattpaares reduziert, das den Zweck
der Deutlichkeit am meisten zu erfüllen schien.
Wir haben hier also zwar eine Stilisierung der
Iris, aber mit möglichster Anlehnung an das
botanische Vorbild, denn von diesem sollte eine
möglichst richtige Vorstellung gegeben werden.

Nun ein Beispiel, das gleichsam den Übergang
bildet zur dekorativen Verwendung des Motivs.
Es befindet sich unter Goldschmiedearbeiten, die auf
den Beliefs eines thebanischen Grabes der XVIII.
Dynastie dargestellt sind. Vergl. Abbildung 5 nach
Lepsius, Denkmäler, III. Abt., 63.4 Mitten im Haupt-
stück des Kunstwerks, (vielleicht) zvveiDattelpalmen
mit Affchen in ihren Zweigen, steht für sich ein

1 Vergl. Kümmel, S. 9 ff. — 2 Die Originalpublikation (Mariette, Karnak, pl. XXVIII ff.) war mir
leider nicht zugänglich. — 3 Ich vermute, es ist gladiolus gemeint, eine ebenfalls für Syrien typische Blume.
Vergl. Beichenbach, Deutschlands Flora IV, Taf. CCGLIIII. Auch daß gerade eine rote Blume neben der
blauen und gelben Iris stand, ist an sieh wahrscheinlich. Zum Vorkommen dieser Pflanze vergl. Unger und
Kotschy, Insel Cypern, 202 ff. — 4 Ich verdanke den Hinweis meinem hiesigen Kollegen Herrn Dr. A. Jolles.
 
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