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268 Literatur.
aus aufsteigen zu lassen, wurde um 500 v.Chr. Kapitellserien ist gemeinsam ein unscheinbares De-
in Athen allerdings einmal gemacht (Votvislele, tail, das nur von einer Iris-, niemals von einer Li-
Antike Denkm. d. arch. Inst. I, 18, 3 = Puchstein, ImmhKite übernommen sein kann. Nämlich jenes
Abb. 50), aber rasch wieder aufgegeben. Aus- sehr schmale, langgestreckte Glied, das sich bald
_______j, wie ein Riemchen, bald wie ein sehr langes dünnes
,3^5=352**«^ • t Blatt mit rundlichem Ende oben auf die beiden
fcf/r ****"s^\ 11 l/ß-'x----------- "\''\% ' %r0&en Volutenblätter legt, und zwar ganz eng an
//' ^iM^^ ^SÜÜS \\ ' cnese sich anschmiegend. Beiden jüngsten Stücken
ff 4y''^~%~S^\ vCr n-«"""*^^ =1^ C'er Serie, den Kapitellen von Neandria, könnte
(I Ii || Vf/' &f ^(ifß *? 11 w es zwar scheinen, als handle es sich nur um be-
\\ "%*>w»v jP| \| Ä| ^„n^ #/ i sonders langentwickelte Seitenblätter der Zwickel-
\V I SX, Ä#V i palmette (vgl. Koldewey, Neandria, S. 34—38, Abb.
r-T~j ^Bh^mm\0>Z?y \ ar\ aa\ iv, i i • j in i
^--^ Sä-u_;—==■ -^ ■+ bU— bz). Aber schon bei dem Exemplar aus
"•'i8 ' Kolumdado (Abbildung 9, nach Altertümer der
Abbildung 9. Kapitell von Kolumdado auf Lesbos. Insel Lesbos, Taf. 16, 1 — 2) ist die bewußte
Differenzierung der kleinen tiefsitzenden Palmette
gewiesen aus dem Bereich der hohen Architektur, und der beiden langen schmalen Kämme auf
hat dies Motiv nur auf kunstgewerblichem Gebiet, den Voluten ganz unmißverständlich. Noch deut-
in dem es allein auch eigentlich von Anfang an ]jcher ist dies bei den Pilasterkapitellcn von Tamas-
heimisch war, sein Dasein weitergefristet: beson-
ders an den Köpfen der Thron- und Klinenbeine.
Die letzten Ausläufer dieser Reihe, in monumentale
Steinformen übersetzt, sind die sogenannten Sofa-
kapitelle: die senkrecht aufsteigenden Voluten sind
nur der Füllung in der Milte zuliebe so weit aus-
einandergerückt, daß man die Herkunft des Typus
darüber vergessen hat. Es ist kein Zufall, wenn
diese Kopfstücke wie ehedem meist zu Anathem-
trägern, im besten Falle zu Anten, gehören und
ausschließlich dem östlich-jonischen Kunstkreise
verdankt werden. Vergl. die bekannten archaischen
Exemplare aus Sparta und Tegea mit den helle-
nistischen aus Priene und Didymi.1
Frei bürg i. Br., Ostern 1908.
II. Thiersch.
Nachtrag. Abbildung 10.
Bei erneuter Betrachtung der Dinge will es Blüte von Ms iw.i(ia, nach Reichenbach.2
mir scheinen, als hätte das Liliumkapitell noch
vielmehr auszuscheiden, als es für mich selbst erst sos und bei Longperier, Musee Napoleon III, pl.
den Anschein hatte. Nicht auf Lilium, son- 33, 5, wo überhaupt keine Palmette vorhanden ist,
dem ebenfalls auf Iris werden sowohl das äolische sondern nur jene Kämme oben auf den Voluten
wie auch das gebälktragende cyprische Kapitell zu- liegen (rein spielerisch ist dann dies Motiv
rückgehen. Aus folgendem Grunde: Den beiden wiederholt auch an der unteren Einrollung). Aus
Ornamentale sehend, kommt er zum selben Resultat. Seine Reduzierung der Einschätzung des dekorativen
Elements in diesen Fragen ist durchaus richtig, ebenso seine Beobachtungen über die allmähliche Umgestal-
tung zur Rundstütze. Auch Lichtenberg, den «tektonischen und dynamischen Beziehungen der jonischen
Säule zum ganzen Baue» nachgebend, hat, diesen Hauptpunkt richtig erkannt und, wie ich glaube, mit Recht
Puchstein gegenüber betont: «das Sattelholz bilde gleichsam das natürliche Kapitell». S. 24, 59, 64 ff.
1 Vergl. Ath. Mitt. 1904, 35 u. Taf. II; Rull, Corr. Hell. 1901, 26G; Wiegand-Schrader, Priene 131 ff.;
Antiquities of Jonia I, Taf. 13 u. 17, 1. — 2 Ich sah in natura noch charakteristischere Reispiele.
268 Literatur.
aus aufsteigen zu lassen, wurde um 500 v.Chr. Kapitellserien ist gemeinsam ein unscheinbares De-
in Athen allerdings einmal gemacht (Votvislele, tail, das nur von einer Iris-, niemals von einer Li-
Antike Denkm. d. arch. Inst. I, 18, 3 = Puchstein, ImmhKite übernommen sein kann. Nämlich jenes
Abb. 50), aber rasch wieder aufgegeben. Aus- sehr schmale, langgestreckte Glied, das sich bald
_______j, wie ein Riemchen, bald wie ein sehr langes dünnes
,3^5=352**«^ • t Blatt mit rundlichem Ende oben auf die beiden
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"•'i8 ' Kolumdado (Abbildung 9, nach Altertümer der
Abbildung 9. Kapitell von Kolumdado auf Lesbos. Insel Lesbos, Taf. 16, 1 — 2) ist die bewußte
Differenzierung der kleinen tiefsitzenden Palmette
gewiesen aus dem Bereich der hohen Architektur, und der beiden langen schmalen Kämme auf
hat dies Motiv nur auf kunstgewerblichem Gebiet, den Voluten ganz unmißverständlich. Noch deut-
in dem es allein auch eigentlich von Anfang an ]jcher ist dies bei den Pilasterkapitellcn von Tamas-
heimisch war, sein Dasein weitergefristet: beson-
ders an den Köpfen der Thron- und Klinenbeine.
Die letzten Ausläufer dieser Reihe, in monumentale
Steinformen übersetzt, sind die sogenannten Sofa-
kapitelle: die senkrecht aufsteigenden Voluten sind
nur der Füllung in der Milte zuliebe so weit aus-
einandergerückt, daß man die Herkunft des Typus
darüber vergessen hat. Es ist kein Zufall, wenn
diese Kopfstücke wie ehedem meist zu Anathem-
trägern, im besten Falle zu Anten, gehören und
ausschließlich dem östlich-jonischen Kunstkreise
verdankt werden. Vergl. die bekannten archaischen
Exemplare aus Sparta und Tegea mit den helle-
nistischen aus Priene und Didymi.1
Frei bürg i. Br., Ostern 1908.
II. Thiersch.
Nachtrag. Abbildung 10.
Bei erneuter Betrachtung der Dinge will es Blüte von Ms iw.i(ia, nach Reichenbach.2
mir scheinen, als hätte das Liliumkapitell noch
vielmehr auszuscheiden, als es für mich selbst erst sos und bei Longperier, Musee Napoleon III, pl.
den Anschein hatte. Nicht auf Lilium, son- 33, 5, wo überhaupt keine Palmette vorhanden ist,
dem ebenfalls auf Iris werden sowohl das äolische sondern nur jene Kämme oben auf den Voluten
wie auch das gebälktragende cyprische Kapitell zu- liegen (rein spielerisch ist dann dies Motiv
rückgehen. Aus folgendem Grunde: Den beiden wiederholt auch an der unteren Einrollung). Aus
Ornamentale sehend, kommt er zum selben Resultat. Seine Reduzierung der Einschätzung des dekorativen
Elements in diesen Fragen ist durchaus richtig, ebenso seine Beobachtungen über die allmähliche Umgestal-
tung zur Rundstütze. Auch Lichtenberg, den «tektonischen und dynamischen Beziehungen der jonischen
Säule zum ganzen Baue» nachgebend, hat, diesen Hauptpunkt richtig erkannt und, wie ich glaube, mit Recht
Puchstein gegenüber betont: «das Sattelholz bilde gleichsam das natürliche Kapitell». S. 24, 59, 64 ff.
1 Vergl. Ath. Mitt. 1904, 35 u. Taf. II; Rull, Corr. Hell. 1901, 26G; Wiegand-Schrader, Priene 131 ff.;
Antiquities of Jonia I, Taf. 13 u. 17, 1. — 2 Ich sah in natura noch charakteristischere Reispiele.