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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 1.1907/​8

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https://doi.org/10.11588/diglit.19218#0277

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Literatur. 265

Louvre, Perrot-Chipiez III, p. 116, Fig. 52 und 53; Volulenbogen wird immer in mehrfachen Exem-

in New York, Perrot-Gliipiez Iii, p. 217 = Cesnola- plaren übereinander und ineinandergeschachtelt,

Stern, Taf. XX (aus Golgoi); in Leukosia, Lichten- zuweilen so, daß der äußerste Bogen die inneren

berg, S. 58. umspannt. Ich glaube trotz aller ornamentalen

In der Hauptsache bestehen alle diese Kapi- Entstellung in diesem merkwürdigen oberen Teil

teile gleichsam aus zwei Etagen; die untere der cyprischen Kapitelle die Krone der Irisblüte

ist nicht unterschieden von einer Darstellung wieder zu erkennen. Die äußeren Volutenbögen

des Kelches von Lilhim: zwei Volutenblätter und mit ihrer ins Horizontale tendierenden Richtung,

dreieckiges Miltelblatt. Darüber aber kommt ihrer Endeinrollung und — bei den inneren Bö-

noch ein Aufsatz, den man am kürzesten als gen — ihrer ungeteilten Mitte, erinnern so sehr

eine einfache oder mehrfach ineinandergeschach- an die horizontal gestreckten, an den Enden in

telte «cyprische Palmette» zu bezeichnen pflegt.1 ganz gleichem Sinne eingerollten Narbenblätler

Nur ist damit nichts erklärt. Im Gegenteil, die (und ebenso an die unten zusammenhängende

cyprische Palmette scheint selbst gar nichts andres Kurve der lyraartig gestalteten Kronenblätter)

zu sein als eben die obere Hälfte dieser Blüten der Irisdarstellungen im Thutmosisgarten, daß ich

(vergl. z. B. Perrot-Gliipiez III, p. 131, Fig. 76), die, auch hier dasselbe naturale Vorbild vermute: eben

einmal isoliert, in beliebiger Häufung weiter ver- die Iris.2 Es war vollkommen richtig, wenn

wendet werden konnte (vergl. ebenda, p. 129, Fig. L. v. Sybel; Weltgeschichte der Kunst, S. 108

73). Das Charakteristische also an diesem zweiten vom cyprischen Kapitell sagte, es sei «direkt aus

Stockwerk jener Kapitelle ist der schmale, auf der syrischen Blume abzuleiten». Aber welches

dem Rücken liegende, nach oben offene Voluten- nun diese «syrische Blume» ist, daß es die Iris

bogen, der hier Platz läßt für die Einsetzung eines ist, hat, soviel ich weiß, bisher niemand gesehen,

palmettenartigen, steil nach oben gerichteten Wie um der leichten elastischen Blütenkrone mehr

Fächers (die andren seitlichen Zutaten sind erst Konsistenz zu verleihen, gleichzeitig um einen

sehr sekundär und nur spielende Füllsel). Der Übergang zu dem zu tragenden Anathem und eine

1 Vergl. Riegl, Stilfragen, S. 105.

2 Ich vermute, daß auch die phantastisch vegetabilischen, aus cyprischen Palmetten zusammen-
gesetzten Gebilde auf den Metallschalen Perrot-Chipiez III, p. 775, 779, 789 im Grunde auf die Irisblume zurück-
gehen, eine Rückslilisierung des heiligen Baumes nach dieser Richtung hin sind. Es ist nur dabei alles vollends
ins Wilde, sinnlos Ornamentale ausgewuchert. Furtwängler, Abb. d. Berliner Akad. 1879, 49, hat betont,
daß diese Gebilde mit dem hl. Baum «ornamental gar nichts zu tun haben, sondern „rein ägyptischen
Motiven entsprungen" eine phönikische Komposition sind». Ein Beispiel aus der cyprischen Vasenmalerei:
Ohnefalsch-Richter, S. 94 (unsre Abb. 11); aus der Glyptik: der Zylinder ebenda, S. 113, Fig. 133 (als heilige
Pflanze mit. geflügelter Sonnenscheibe darüber!). Versprengt nach Ägypten: Prisse d'Avennes V, 13 (Grab
Ramses'III.) und auf der Holztruhe in Bologna (Ohnefalsch-Richter, Taf. LXXXIX, 7; v. Sybel, Kritik des
ägypt. Ornaments, Taf. III), die spätmykenischen Goldbleche aus Enkomi, Excavations in Gyprus, pl. XI,
182, 183, XII, 461. (Vergl. dazu die Friese unserer Abb. 12.) Auch Riegl, Stilfragen-, S. 107, hatte geglaubt,
Phönikien habe dies Motiv Ägypten entlehnt. Es ist offenbar gerade umgekehrt. Die Phöniker, die Syrer
waren in diesem ihrem einen eignen Motiv noch selbständiger, als Riegl, S. 103, annahm. Denn offenbar
ist Syrien, der hethitische Kulturkreis, die Heimat dieses Gebildes und sein botanisches Urbild eben nichts
anderes als gerade die Iris. Der heilige Baum der Assyrer (die Libanon-Zeder?) ist ja nur eine ins Unkennt-
liche weilergebildete Verquickung eines ursprünglichen babylonischen Baummolivs mit der hethitischen Blume.
Auf einigen hethitischen Zylindern ist diese Blume deutlich eine Irisblüte. Vergl. Furtwängler, Antike Gemmen,
Taf. I, 6. Man erkennt sogar die «Narben» unter ihren Deckblättern, die sich den unteren Kelchblättern
entgegengesetzt wie üblich nach oben zu einrollen. Die Kronenblätter sind wieder fächerartig gestaltet.
Ägypten, Assyrien und Cypem haben dies spezifisch syrische Motiv nur entlehnt, nicht selbst geschaffen,
aber umgestaltet. Auf einer archaisch-melischen Gemme — diese Steine haben bekanntlich besonders viel
Reminiszenzen an Mykenisches — sind die Schaftblätter der Iris sehr naturalistisch wiedergegeben, die Krone
aber wieder als steife Palmette gezeichnet: Furtwängler: Antike Gemmen, Taf. LXI, 5. — Auf andren hethi-
tischen Zylindern, wie bei Jeremias, Das Alte Testament 2, S. 197, Abb. 68, ist die ornamentale Erstarrung
schon unerfreulich weit gediehen. Oder liegt hier nicht vielmehr wie schon vorhin wieder die Verschmel-
zung mit einer Sonnensäule vor?
 
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