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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 2.1908/​9

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Ermers, Max: Beiträge zur Entwicklungsgeschichte des Architekten Raffael
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Haupt, Albrecht: Die Aachener Bronze-Gitter und das Theoderich-Denkmal
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https://doi.org/10.11588/diglit.19219#0161

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schreibt1: «Erst die hohe weite Halle bildet die würdige Umgebung für die stattliche
Versammlung. Hier atmen die stolzen Gestalten frei; in diesem majestätischen Räume
schwinden die Alltagssorgen, erhebt sich der Geist unwillkürlich zu den idealen Gedanken
und durchfluten den Geist göttlicher Empfindungen. Die Formen der Halle und die
Stimmung der am Eingange gruppierten Männer stehen in vollkommenem Einklang.»
Und Wölfflin2: «Das Verhältnis der Figuren zum Raum ist hier überhaupt in einem ganz
neuen Sinne empfunden. Hoch über den Häuptern der Menschen gehen die gewaltigen
Wölbungen hin und der ruhige tiefe Atem dieser Hallen teilt sich dem Beschauer mit.»
Doch wäre es ungerecht, nicht hervorzuheben, daß schon im Jahre 1785 Wilhelm Heinse,
der in seinem Kunstroman Ardinghello zwar nur von der Komposition und nicht speziell
vom Gebäude spricht, doch schon ganz klar diese Wirkungen gefühlt hatte, als er
schrieb3: «Eine solche Fülle von Heiterkeit und Ruhe kommt mir daraus entgegen»;
und weiterhin «für ein Gymnasium von Philosophen wäre das Ganze ein wahrer Zauber
und würde jederzeit die Seele zur Empfänglichkeit stimmen».

Alles das, was wir hier immer und immer wieder staunend bewundern werden,
ist das Werk des Fünfundzwanzigjährigen; die Einzelheiten, auf die es ja bei solchen
Gesamtwirkungen viel weniger ankommt, als wir meist anzunehmen geneigt sind, mag
er sich wo immer geholt haben. .Seinen Ruhm wird es nicht schmälern. Sicher aber
sein Ureigenstes ist die luftige, freie Behandlung des ganzen Baues, dazu die wunder-
baren Proportionen4, die das Werk der Schule von Athen erst zu dem machen, was es
ist. Und das ist wahrlich nicht wenig. Daß die perspektivische Darstellung sein Werk
ist, braucht fürderhin nicht mehr bezweifelt zu werden. Daß sie es sein kann, dafür
genügt uns die Tatsache, daß er — mit wenig mehr als 20 Jahren — den älteren und
gereifteren Fra Bartolommeo in der Perspektive unterrichten konnte. Die Teile, die die
Halle zusammensetzen, mögen von Bramante stammen. Was aber den Bau hoch und
herrlich, weiträumig und voll von Musik macht, was ihn als würdigen Raum für eine
Zusammenkunft edler Menschen erscheinen läßt: der hoheitsvolle Rhythmus und der
harmonische Wohllaut, enstammt dem Geiste Raffaels.

1 Die Schule von Athen, pag. 77. — 2 Die klassische Kunst, pag. 90.

3 Johann Jakob Wilhelm Heinse, Ardinghello. Bd. II, pag. 10 und 11.

4 Über Raffaels Sinn für harmonisch-schöne Proportionen vergleiche mein demnächst erscheinendes
Buch: Die Architekturen Raffaels in seinen Fresken, Tafelbildern und Teppichen.

Die Aachener Bronze-Gitter und das
Theoderich-Denkmal.

Corrado Ricci hat sich seinerzeit geäußert,
daß er meiner in diesen Blättern'ausgesprochenen
Überzeugung, die Gitter im Aachener Münster
stammten vom Theoderichgrabmal, bisher nicht
beipflichten könne, weil ihr Stil ihm nicht raveij-
natisch zu sein scheine.

Indessen schrieb er damals mir persönlich
dazu, daß er von mir in Aussicht gestellte weitere
Beweise für meine Vermutung doch mit Ungeduld

Zeitschrift für Geschichte der Architektur. II.

erwarte; sein Urteil war demnach nur ein vor-
läufiges.

Unter diesen Umständen möchte ich einen hier
noch nicht vorgebrachten Beleg für meine Ansicht
der wohl, wie ich glaube, ein völlig überzeugen-
der sein wird, in ausführlicher graphischer Form
vorlegen, nachdem ich ihn bereits schon früher
in der Zeitschrift .für bildende Kunst kurz ange-
deutet hatte.

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