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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 2.1908/​9

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Literatur.

266

No. 87. Die Weihe der Domtürme in Meißen,
von L. Dihm.

XXIX. Jahrg., No. 20. Das gotische Haus in
Wetzlar, von E. Stiehl, Wetzlar.

No. 27. Neuere Ausgrabungen in Jonien, von
J. Kohte.

No. 38—41. Alte und neue Baukunst im
Regierungsbezirk Wiesbaden, ein Vergleich, von
Kreisbauinspektor Caesar in Freiendiez bei Diez
a. d. Lahn. H.

R. Struck, Das alte bürgerliche Wohn-
haus in Lübeck. Mit 103 Abbildungen. In
Kommission bei Lübke & Nöhring. 1908. 4°. 5Mk.

Für die Entwicklung der bürgerlichen Back-
steinbaukunst bietet Lübeck ein so reichhaltiges
Material, wie es keine andere Stadt in auch nur
annähernder Fülle aufzuweisen hat. Die Reihe
der Lübecker Bauten reicht noch in spätroma-
nische Zeiten zurück: sie beginnt mit dem Hinter-
giebel der Löwenapotheke, der zwar seiner
Staffeln lange beraubt ist, aber in seiner hori-
zontalen Schichtung und in seinen rundbogigen,
durch elegante Säulen geteilten Fenstern unzwei-
deutiges Zeugnis ablegt von der lübschen Bau-
kunst der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts.
Der Typus, der hier aus einem noch immer un-
gelichteten Dunkel auftaucht, hat durch die fol-
genden Jahrhunderte Geltung behalten; die großen
Wogen der Stilentwicklung haben ihn zwar be-
rührt, aber an seiner Grundgestalt nur sekundär
geändert. Das Bild dieser schwerflüssigen, zögern-
den Entwicklung ist daher dem des Fachwerk-
baus nicht unähnlich. Allerdings so konservativ
wie Lübeck hat keine andere Stadt das einmal
aufgestellte Schema bewahrt. Sicherlich sprechen
hier äußere, politische Gründe mit, denn Lübeck
verschloß sich im 17. Jahrhundert den hollän-
dischen Emigranten; außerdem richtete sich sein
Handel ganz überwiegend nordwärts.

Dieser langsamen, überall auf sich selbst
ruhenden Entwicklung hat Struck sein beson-
deres Augenmerk zugewandt und sein Buch gibt,
speziell für die Zeit der Renaissance, zum ersten-

mal feste Handhaben zur Datierung, die bisher,
wo sie überhaupt versucht war, gefühlsmäßig
blieb oder sich an zufällig bekannte Baudaten
klammerte.

Den Inhalt des Buches zu skizzieren, liegt nicht
in der Absicht; es sei nur kurz — teilweise er-
gänzend — auf einiges für Lübeck Charakteristi-
sche hingewiesen. Neben dem Hintergiebel der
Löwenapotheke hat der des Hauses Mengstraße 16
nur bescheidene Bedeutung; immerhin aber haben
sich romanische Einzelformen erhalten und trotz
aller Vermauerungen ist das Prinzip der horizon-
talen Schichtung nicht zu verkennen. — Auch
für den Übergang zur Gotik bietet Lübeck Schritt
für Schritt das Material, das sich aus so früher
Zeit nur selten und dann zerstreut findet. Das
neue Element bemächtigt sich zuerst der Blende:
sie schließt jetzt im Spitzbogen, während das von
ihr umschlossene Fenster anfangs den Bundbogen
beibehält. Von der Blende geht überhaupt die
weitere Entwicklung aus; sie erhebt sich höher
über das von ihr gerahmte Fenster und zieht
schließlich die über ihr liegende Lichtöffnung mit
in ihren Bogen. Damit ist der erste Schritt zur
vertikalen Aufteilung des Giebels getan. Ein
Best der romanischen Gewohnheit erhält sich
aber in den Fenstern, die bis in die Renaissance
hinein zu zweien, anfangs sogar zu dreien (so
auch in Strucks Abb. & im obersten Geschoß
vorauszusetzen) gekuppelt werden.

Neben den normalen Treppengiebeln aber
hat in Lübeck eine viel größere Gruppe von
Spitzgiebeln bestanden, als Struck annimmt. Hätte
er den großen Lübecker Holzschnitt des 16. Jahr-
hunderts in der klaren Geffckenschen Publikation
(1855) zu Rate gezogen, so würde er gesehen
haben, daß eine sehr große Zahl mittelalterlicher
Häuser sich nie den Luxus der Staffeln geleistet
hat. Meist werden es die Wohnungen der weni-
ger Begüterten gewesen sein, aber auch für die
Hinterseiten der größeren Häuser läßt sich, wie
es ja in der Natur der Sache liegt, häufig schul-
terlose Gestalt beobachten.

Iu der Gruppe dieser Spitzgiebel sind einige
wenige gesondert zu betrachten. Sie gehören
großen stattlichen Gebäuden an und bei ihnen
erklärt sich m. E. die staffellose Form nicht aus
pekuniärer Zurückhaltung. In Betracht kommen
der Beguinenkonvent (Siechenhaus) um 1300,
 
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