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Verein für Historische Waffenkunde [Editor]; Verein für Historische Waffenkunde [Contr.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — N.F. 7.1940-1942

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Alfs, Joseph: Der bewegliche Metallpanzer im römischen Heer: Die Geschichte seiner Herkunft und Entwicklung
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https://doi.org/10.11588/diglit.72859#0124

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102

Joseph Alfs, Der bewegliche Metallpanzer im römischen Heer

zer nicht eine solche Verbreitung, wie wir sie nirgend-
wo sonst antreffen, gefunden haben; außerdem treten
in Griechenland seihst erst im letzten Viertel des
6. Jahrhunderts die typisch griechisclien Formen
auf220). Vielmehr müssen wir annehmen, daß die Sitte,
Panzer aus Schuppen herzustellen, uralte und fest ein-
gebürgerte Gewohnheit iranischer Völker ist. Am
nachdrücklichsten weist darauf wohl die Anfertigung
von Schuppen aus Horn und Bein hin, also aus einem
Material, das diese Nomaden in ihren Herden immer
mit sich führten.
Skythen und Sarmaten sind iranische Völker221), von
denen das erste seit etwa 600 v. Chr. in der Haupt-
sache zwischen Don und Dnjepr ein mächtiges Reich
bildete, das von Anfang an lebhafte Beziehungen zu
den griechischen Stadtgründungen am Nordrand des
Schwarzen Meeres unterhielt222). Das frühe Auftreten
und die ganz außergewöhnliche Verbreitung des
Schuppenpanzers im südrussischen Raum lassen ne-
ben anderen Gründen doch wohl nur den einenSchluß
zu, daß die Griechen hier den Schuppenpanzer nä-
her kennengelernt und zum eigenen Gebrauch über-
nommen haben. Da sich aber ihre Kampfweise von
der der nomadischen Skythen, bei denen dieKavallerie
vorherrschte, durch das Überwiegen der Fußtruppen
unterschied, konnte die skythische Form des schweren
Schuppenpanzers nicht heibehalten werden, sondern
man machte sich nur die Technik der Schuppenpanze-
rung zunutze und verstärkte damit den heimisclien
Schulterklappenpanzer aus Leder oder Leinen. In die-
ser Gestalt findet der Schuppenpanzer wieder seinen
Weg nach Südrußland zurück, wo er von den Vor-
nehmen unter den Skythen getragen wurde, wie die
Darstellung auf dem von einem pantikapäischen
Künstler im 4.—3. Jahrhundert v. Chr. angefertigten
Kamm von Solocha zeigt223).
Im 3.—2. Jahrhundert erliegt das Reich der Skythen
dem Ansturm der Sarmaten, die auf Grund ihrer Ver-
wandtschaft mit den Skythen eine ähnliche Bewaff-
nung trugen; der Unterschied war nur „graduell". Da-
gegen ist die Taktik der Sarmaten anders. Ebenso wie
ihre Panzerung ist sie der Art der Kriegführung der
Parther verwandt, entsprechend der völkischen Ver-
wandtschaft von Sarmaten und Parthern"4).
Die Panzerung beider Völker, der Sarmaten und der
Parther, erregt die steigende Aufmerksamkeit der Rö-
mer, die als Militärstaat von Natur aus schon ge-
zwungen waren, die Waffen ihrer Gegner zu prüfen
und gegebenenfalls ihren Zwecke dienlich zu machen.
22 °) Oben S. 79.
22 $ M. Ebert, RL. 13, 58 f. und 98.
222) Ebert, a. a. O. 58.

Pausanias I 21, 5—6 erzählt bei seiner Beschreibung
des Asklepiosheiligtums in Athen vom Panzer der Sar-
maten: EVTavOa 6:AAa te Kai ZaupopaTiKog avaKEiTai
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Tavoi. TauTa öiaTpf|cravTE$ Kai VEupois ittttcov q ßocov
auppd^avTEs ypcovTai Odpaßv oute EUTrpETTEia Tav
'EAAqviKav drroö&oucriv oute doOEVEOTEpoig ' Kai yap
auaTdÖT|V tutttopevoi Kai ßÄ^EVTEg avtyovTai.
„Hier wird auch ein sarmatischer Panzer aufbewalirt.
Wenn man diesen betrachtet, wird man gestehen, daß
die Barbaren in Rücksicht auf Kunstfertigkeiten nicht
weniger geschickt sind als die Griechen. Die Sarma-
ten haben weder selbstgegrabenes Eisen, noch wird
es ihnen zugeführt, denn unter allen dortigen Bar-
baren sind sie die unzugänglichsten.. . Die Panzer ma-
chen sie auf folgendeWeise: Ein jeder zieht viele Stuten,
da ihr Land weder in Privatgrundstücke verteilt ist,
noch etwas anderes trägt als wilden Wald; sie sind
ja Nomaden. Der Stuten bedienen sie sich nicht al-
lein zum Kriege, sondern sie opfern sie aucli den ein-
heimischen Göttern und benutzen sie als Nahrung.
Indem sie die Hufe sammeln, reinigen und spalten,
verfertigen sie daraus Blättchen ähnlich den Schlan-
genschuppen; wer etwa noch nie eine solche Schlange
gesehen hat, hat docli gewiß schon einen noch grünen
Pinienzapfen gesehen; wer nun diese aus den Hufen
verfertigte Arbeit mit den Kerben vergleicht, wie sie
sich an den Pinienzapfen zeigen, der wird nicht fehl-
gehen. Diese durchbohren sie, nähen sie mit den Seh-
nen der Pferde oder Rinder zusammen und brauchen
sie als Harnische, die weder an Stattlichkeit noch an
Festigkeit den griechischen nachstehen; denn sie hal-
ten Hieb und Wurf aus."
Aus diesem Bericht des Pausanias geht nicht nur
hervor, daß der Schuppenpanzer hei den Sarmaten
223) Ebert, a. a. O. 62.
224) Ebert, a. a. O. 99.
 
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