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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 45.1919-1920

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Pfister, Kurt: Deutsche und französische Meister in der Münchener Neuen Staatsgalerie
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https://doi.org/10.11588/diglit.9121#0333

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NEUE STAATSGALERIE—MÜNCHEN.

(FRÜHER SEZESSIONS-GEBÄUDE)

DEUTSCHE UND FRANZÖSISCHE MEISTER IN DER
MÜNCHENER NEUEN STAATSGALERIE.

VON KURT PFISTER.

Seit einiger Zeit ist nunmehr wieder der ge-
samte Besitz des bayrischen Staates an
Werken neuerer Kunst, der während der Kriegs-
jahre in den Depots lagerte, vollständig neuge-
ordnet der Allgemeinheit zugänglich. Während
die Neue Pinakothek die Entwicklung vom An-
fang des neunzehnten Jahrhunderts bis über
die Jahrhundertmitte führt, setzt die Dar-
bietung der „Neuen Staatsgalerie" beiläufig mit
dem Beginn der impressionistischen Bewegung
ein und mündet in die Anfänge der Ausdrucks-
kunst aus. (Wenn man der Kürze halber sich
dieser geläufigen, wenn auch überaus viel-
deutigen und mißverständlichen Schlagworte
bedienen darf.) Keine Galerie der Lebenden
also, aber immerhin eine hervorragende Samm-
lung neuzeitlicher Kunst.

Die hier durchgeführte zeitliche Scheidung
hat gewiß manches für sich. Aber die Nach-
teile scheinen bei sorglicher Abwägung zu über-
wiegen. Es hätte dem Sinne der Zusammen-
hänge unzweifelhaft mehr entsprochen, wenn
man in der Neuen Pinakothek die Entwicklung
der Münchener Kunst des 19. Jahrhunderts ge-
zeigt hätte und hier, in der Neuen Staatsgalerie,
die europäische Kunst der gleichen Zeitspanne.
Daumier, Courbet, Delacroix, Menzel gehören
unbedingt in die Räume, in denen Leibi, Cezanne,
Manet hängen. Und andererseits kann auch

dem wohlwollendsten Beurteiler nicht zweifel-
haft sein, daß gewisse Münchener dekorative
Talente von der Jahrhundertwende, die nun-
mehr in der Staatsgalerie hängen, die Span-
nung der da gezeigten europäischen Werte nicht
zu ertragen vermögen.

Was bleibt, ist genug. Und trotz zufälliger
Herkunft — weniges hat der Staat gekauft;
manches, wie das Werk Marees, ist Schenkung;
vieles vom wichtigsten wird der Arbeit und der
Erinnerung an Hugo von Tschudi gedankt —
keineswegs zufällig, sondern wie organisch ge-
wachsen. Fast sämtliche wesentliche Meister
vom letzten Drittel des Jahrhunderts sind durch
kennzeichnende, einige, wie Leibi, Marees,
Cezanne, Hildebrand durch zahlreiche meister-
liche Werke vertreten. Die Ausstellung als
ganzes gibt in querschnitthafter Schau Rechen-
schaft von den wesentlichen Kräften und Lei-
stungen der Zeit.

Diese Wände künden heroische Taten, wie
sie in gleich kurzer Zeitspanne kaum von einer
anderen Malergeneration vollbracht worden
sind. Was (weltanschaulich betrachtet) die
Wendung von der Erscheinung zum Gleichnis
bedeutete, war künstlerisch der Kampf um die
Farbe. Wenn man gewillt ist, den Sinn dieses
Jakobringens richtig und weit genug zu be-
greifen, wird man gern auf die landläufigen,

XXIII. März 1920. 1
 
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