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Deutsches Archäologisches Institut / Abteilung Athen [Hrsg.]
Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Athenische Abteilung — 7.1882

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Brunn, Heinrich von: Marmorköpfchen aus Meligu
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https://doi.org/10.11588/diglit.35009#0136

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MARMORKOEPFCHEN AUS MELIGU

überhaupt etwas Bedenkliches, so wird dieselbe auch durch
die Betrachtung des Einzelnen keineswegs empfohlen. Viel-
mehr treten die flachliegenden , mandelförmig geschnittenen
und stark gegeneinander geneigten Augen, der ebenso flach
eingekerbte Mund und das längliche, nach unten stark zu-
gespitzte Gesichtsoval des Reliefs sogar in einen bestimmten
Gegensatz [zu der breiten und gedrungenen Anlage des Mar-
morköpfchens, in dessen Gesicht die unter den emporgezoge-
nen Brauen rund geöffneten, stark umränderten Augen sich
mit den weichen und dicken Lippen des schmalen Mundes zu
einem in archaischen Werken seltenen Ausdrucke individuel-
ler Freundlichkeit vereinigen.
Etwas nähere Berührungspunkte ergeben sich aus der Ver-
gleichung mit der bekannten spartanischen Basis, die auf
zwei ihrer Seiten je eine männliche Figur, das eine Mal in
freundlicher, das andere in feindlicher Begegnung mit einer
weiblichen Gestalt zeigt (/Inn. dell’ Inst. 1861 Tf. C; Löschcke
Dorpater Programm von 1879 ). Man hat den Styl dieses Mo-
numents wegen einer gewissen Schwere der Verhältnisse und
unter Hinweisung darauf, dass Selinunt von Doriern gegrün-
det war, mit dem der ältesten selinuntischen Metopen ver-
gleichen wollen, als ob die Stammesangehörigkeit auch für
den Zusammenhang des Kunststyls nothwendig maassgebend
sein müsste! Soll Megara in Hellas, von wo aus in der 18.
Olympiade das sicilische Megara gegründet wurde, damals
schon einen megarisch-dorischen Kunststyl nach seiner Colo-
nie exportirt haben, und dieser Styl dann zwanzig Olympia-
den später nach dem von hier aus gegründeten Selinunt über-
tragen worden sein? Und war auch später der Kunststyl in
Megara, sofern es einen solchen gab, ein dorisch-peloponne-
sischer? Für die Entwickelung der Kunst ist mindestens
ebenso wichtig, wie die Stammeseigenthümlichkeit, der Grund
und Boden, auf dem sie erwächst; und so ist für den Styl
der selinuntischen Bildwerke die Lage der Stadt am west-
lichsten Ende des Hellenenthums, die grosse Entfernung vom
Mutterlande, in Verbindung mit andern Bedingungen, z. B,
 
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