Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Badische Post: Heidelberger Zeitung (gegr. 1858) u. Handelsblatt (61): Badische Post: Heidelberger Zeitung (gegr. 1858) u. Handelsblatt — 1919 (September bis Dezember)

DOI Kapitel:
Nr. 228-254 (1. Oktober 1919 - 31. Oktober 1919)
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.3728#0176
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
»crircn «ermcnrungsposten yrnunrcr aues naa)
Partcigrundsätzen zu verteilen. Es ist ein.-
Phrase, wenn man uns sagt, es gelte das
Mort: dem Tüchtigen freie Bahn. Nein. die
sreie Bahn ist nur dem Gesinnungstüchtigen
geöffnet und nicht die Leistungen, son-
dern die M i t g l i ed s k a r t e der Par-
tei entscheidet. Das jehige System ist selbst
dann ein Unglück. wenn von jedem Partei-
mann. dem ein 'Ämt zugeschanzt wird, die for-
male Befähigung für dieses Amt in der Form
dcr Vorbildung erfüllt würde. denn dann
bliebe noch die ganze Jntelligenz. die in den
jeweiligen Oppositionsparteien vorhanden ist,
unbenutzt. Nein. man geht aber so weit. dast
es auf die Vorbildung anscheinend überhaupt
nrcht mehr ankommt. dast man Landräte ein-
setzt und ihnen juristisch geschulte Beigeordnete
beigeben muß, weil sie nicht in dcr Lage sind.
die Eesetze auszuführen und ihren Kreis zu
verwalten. Eine Zeit lang schien es, als kä-
men wir in die Aera der allein seligmachen-
den Eewerkschaftsbürokratie hinein, bei der
Nicht-Eewerkschaftssekretäre überhanpt kaum
noch Aussicht auf ein Fortkommen in der Ver-
waltung hätten. Das vollzieht sich ohne je-
dcn Uebergang. es musi das Reich zerrütten
und der Korruption der Veamten-
schaft Tor und Tür öffnen. Noske hat kürz-
lich auf dem sächsischen Parteitag inbezug auf
das Militär gesagt: „Wenn ich einen fähigen
Öffizier konservativer Eesinnung und einen
unfähigen sozialdemokratischer Eesinnung habe
dann wähle ich den Konservativen." Was
dem Militär recht ist, ist für die Vcrwaltung
billig. So wenig man einen Mann, nur weil
er die Mitgliedskarte einer der regierenden
Parteien hat. zum kommandierenden Eeneral
machcn kann, so wenig ist derselbe Mann ge-
eignet, Oberpräsident einer Provinz zu wer-
den. Schon sind auf dem sozialdemokratischen
Parteitag die ersten Klagen darüber gekom-
men, datz sich alles an die Parteikrippe heran-
drängt. Dabei werden es nicht einmal immer
die Vefähigten innerhalb der Partei sein, die
auf dem Wege der Parteiprotektion vorwärts
kommen wollen.

Man könnte einwenden, aus diesen Aus-
führunaen shräche vorwiegend der Neid der
ausgeschalteten, heute in der Opposition be-
sindlichen Parteien. Eegenüber diesem klein-
lichen Einwand braucht nur darauf hingewie-
sen zu werden, wie provisorisch heute alle po-
litischen Verhältniffe sind, wie bald sich die
Mehrheitsverhältniffe ändern können und wie
wenig heute eine Partei zu sagen weitz, wann
fie in der Zukunft zur Regierung g'ehören und
wann sie in der Opposition sein wird. Nein,
auch wenn beispielsweise die Deutsche Volks-
partei einmal zur Regierungsmehrheit gehö-
ren würde, s^ würde es ihre erste Aufgabe
sein, entsprechend den von der alten national-
liberalen Reichstagssraktion bei den seinerzei-
tigen Kämpfen für Eiuführung des parlamen-
tarischen Systems eingenommenen Standpunkt
erneut zu betonen, daß wir als parlamenta-
risches System die Schaffung eines verant-
wortlichen Reichsministeriums, gestützt auf
die Mehrheit.des Parlaments, ansehen, daß
wir aber im übrigen unbeschadet der politi-
schen Führung in den Ministerien uns ein
durch Parteipolitik nicht zerrüttetes Beamten-
tum erhalten und nicht jede Stelle innerhalb
der Verwaltung zum Spielball parteipoliti-
scher Begierde machen wollen. Je eher die heu-
tigen Mehrheitsparteien sich auf denselben
Standpunkt stellen, um so beffer wird es für

pe jewit iein. Denn pe mogen ffcy oaruver rer-
nem Zweifel hingeben, datz die heutige Art
der Aemterbesetzung in immer weiteren Krei-
scn des deutschen Volkes, unbeschadet ihrer po-
litischen Parteirichtung, als ein politi-
scher Skandal und als eine Entwür-
digung unseres Beamtentums an-
gesehen wird.

Fiume

<D Basel. 1. Okt. (Priv.-Tel.) Die „Zentral-
agentur" meldet aus Fiume: Die Teuerun« und
der Lebensmittelmanael in Fiume hält an. doch
begann die Versorauna ausItalien.
D'Annunzios Soldaten erhielten von unbekannter
Seite Material. um Feldbefestiaunaen zu errich-
ten. Ninas um Fiume werden arotze Schützen-
arabenanlaaen errichtet. Das ital'.onische' Rote
Kreuz iibernimmt die Pfleae von Verwundeten.
ein Zeichen mehr. datz d'Annunzios Unternehmung
von gewichtigen Hintermännern inszeniert wird.
Jtalienische Postmarken sind in Fiume im Ver-
kehr.

Dcrsailles. 1. Okt. Die ..Ehicagoer Tribune"
meldet. dak amerikanische Kriegsschiffe
an der adriatischen Küste treuzen. um jeden ita-
l enischen Landungsversuch zu verhindern.

Die Gewaltherrschaft in der Pfalz

Der süAi-ailidLmokratifche Stadtrat Ober in
Speyer, der boroits längerc Zeit rn Untevsuchungs«
bast sitzt, warrde von dem Polizeigevicht der achten
frnsösffchen Armee zu fünf Monten Ee-fängnis
uud 2000 DÜark Eeldstrafe, oder wci'itere stchs Mo-
nate-Gefängnis verurteilt. Er mar beschuldigk, Pla-
Late ohne bechördliche Genehmigung zum Anlschlag
gi-igeben zu -haben._ _

Deutsches Reich

Nationalversammlung

Dic Veratuna des Tumultgesetzes wird
fortgesetzt.

Abg. Graf zu Dohna sD. Vp.): Das Gesetz war
notwendig. es ist nur leider zu spät eingebracht
worden. Der aeaenwärtige Zustand ist unhalt-
bar. die Geschädigten sind in der arößten Notlaae.
Kommissionsberatuna ist notwendig- Wir schlaaen
den Verfassurlgsausschuß zur Behandlung
der Vorlage vor.

Llbg. Dr. Cohn (U. S.): Man kann die Ee-
meinden auch darum nicht für die Tumultschäden
verantwortlich machen. weil häufia die Beunruhi-
auua erst durch das Einrücken der Truvven in eine
ruhiae Gemeinde aetragen worden ist.

Dcr Eesetzentwurf wird einem Ausschuß von
21 Mitgliedern überwiesen.

Es folgt dio Beratung der Interpellation
Heinze und Eenoffen (D. Vp.) betreffend die
deutsche Valuta.

Abg. Dr. Hu.qo (D. Vp.) begründet die Znter-
pellntion. Wirtschaftliche und politische Ursachen
haben unsere Valuta sinken lassen. so daß sie den
wirtschaftlick>en Anschluk Deutschlands an den
Weltmarkt und die Leben sfählgkeit
der deutschen Wirtschaft nm Innern bedroht. Die
Reaieruna mMe mit inländischen Maknah-
nven und mit internationalen Verhandlunnen ein-
areifen. Den letzten Stok hat unsere Valuta dnrch
dre Pol-ftik des Reichsfinanzmini-
sters erlitten. der von der Möglichkeit eines
Staatsbankerotts fprach. mit der Abstempelunai der
Noten drohte und so fort. Wie ist es möglich,
dak ein Minister noch a.n seinem Platze
i st, mit deffen Politik die Mehrzahl der Volks-
vertretuna nicht einverstanden ist? ,(Lärm im
Zentrum.) Der Wille zur Arbeit wächst. Die Re-
qieruna muk mit üukerstcr Schärfe für Ruhe und
Ordnuna soraen. damit das Ausland Vertrauen zu
uns gewinnt. oske hat zu uns mit anerkennens-
merter Energie gesprochen. So etwas wirkl aut
auch geqenüber dem Auslande.

Reichsfinanzminister Erzberqer: Der Vorr^>ner
hat zwei Mittel aenannt zur Hebuna der Valuta.
die wir nicht schon in Angriff aenommen hätten-
Zch nehme Bezua.auf die D e n k s ch r i f t über dy:
Valutafrage. Mcmches läkt sich nicht in voller

Oefsentlichkeit verhandeln. Dak der Notenum -
tausch nicht stattgefunden hat. liegt an den
Schwierigkeiten. die von anderer Seite geltend ge-
macht wurden. Die Erhöhuna des Kurses nach
dem Bekanntwerden der Rückläufigmachuna des
Notenumtausches war nur mrnimal. Eestern ist
mit Holland ein Valutaabkommen
abgeschlossen wovden. Eine Arbeitslosen-
versicherung ist in der Ausarbeituna begrif-
fen. bts dieses Gefetz wirkt. muk die Arbeits-
losenunterstützung aezahlt werden. Dve Valuta
sank im Auaust auch deshalb. weil viele Millio-
nen Paptermart aus dem Osten in der Schweiz
auf den Markt aeworfen wurden.

Wir müssen uns mit den Nachbarländern
anf Warenaustausch einstellen. Das alles
muß zentralisiert und geordnet werden. Es aehr
nichf an. daß einzelne Geineinden für Millionen
im Auslande einkaufen. Das deutsche Volk arbei-
tet zu billia für das Ausland. Diese Unterbietuna
aus dem Weltmarkt muk aufhoren. Eine Rege-
lung muk herbeigeführt wcrden. teils durch Selbst-
hilfe. teils durch Reaierungsmaknahmen. Unsere
Valuta kanu nicht gesunden. wenn die Kapital-
flucht so fortdauert. Es wird mit der grökten
Strenae dageaen voracaanaen werdm. Die Ar-
beitslust sterat. Wir dürfen hoffen. dak es dabei
bleibl. Die Politik der Senkuna der Le-
bensmittelpreise wird fortgesetzt werden.

Abq. Eothein (Dem.): Wir sind nie für d e so-
fort-.qe Emführunq der freien LLirtschaft qewesen.
zumal unsere Grenz>.n nicht blok nach Westen
ofsen sind. Auf unsere Zollwachcn ist nicht.mehr
der alte Verlak- Die Valuta kann nur durch
Fassunq von Auslandswaren gehoben werden.
durch Arbeitswillen und qeordnete Finanzwirt-
schaft.

Reichsfinanzminister ErzLerqer: Solanqe die
Entente uns nicht Herr unserer Zollarenzen im
Westen werden läkt. so lange kann unsere Wirt-
schaft nicht gefunden. dabei hat die Entente keinen
Vorteil von diestn Zuständen. Ueber die Erhe-
buna der Zölle in Gold soll am 10: Oktober eine
Konferenz stattfinden. Die jetzigen Zustände sind
unhaltbar. Wir müffen alles tun. um die Wun-
dcn im Westen zu stopfen.

Neichsminister Schmidt: Mit der Sonkuna der
Lebensmittelpreise durch Staatszuschüsse stnd uns
an.dere voraiiaeaangen. vor allem Frankreich und
England. Die Velastuna des Budgets bei ^ns fft
schwer. Aber ohne diele Zuschüffe ist eine Sen-
kuna unmöglich.

Abq. Schiele (Dnt. Vp.): Es ist eine unqeheure
Leichtfertigkeit. zu sagen. unsere Zndustrie
würde stch nach dem Friedensschluk schon wieder
aus eiqencr Kraft erholen. Das ist nicht möalich.
wenn die Sozialisieruna droht.

Abq. Bolz (Ztr.): Die Regierung steht wohl
>die Unhaltbarkeit unserer Zustände. Sie fieht,
was uns nottüt. aber ihr fehlt die Macht. Am
Stand der Valuta sind nicht weniaer politische
als wirtschaftliche Umstände schul.d. Kredite können
uns allein helfen.

Hienauf vertagt fich das Haus auf Donnerstag
nachmittag 1 Uhr.

Aus Baden

Engen. 1. Okt. Wie die ..Neue Heigauer Zta."
aus zuwerlässiger Quelle erfährt, soll in der nächsten
Zeit mit den Vorarbeiten zu der schon vo>r dom
Krieg. geplanten Verbindunssbahn En«en —
A-a ch — Bo d ensce-Gürtelbahn Legonnen
werden.

Baden-Baden. 1. Okt. Der Verein städtffcher
Boamten hat dem Stadtra-t den Entwurf eines
Einheitst >arifs sür die Desoldung Ler städt.
Veamten mit dom Antrag auf Ginfülhrung vorse-
legt. Die stüdtischen Arbeiter haben eine einmcvlige
Teuevulisstzulase oon 800 Mark für münnliche und
600 Mark für weibliche städtische Archeiter bean-
tragt. — Zur Bokämpfung der Mlochnungsnot svllen
auf städtffchem Gelände zehn Einfamlilien-
häuser errichtet werden.

Freiburg, 1. Okt. Das Lebensmitteliamt der
Stkwt wiä) zur Verhinverung von Ernähvungs-
schwierigkeiten hochwertige Lebensmittel im un-
r.'2fäHren Wert von 3^ Millionen Mark einkausen.

Freiburs. 1. Okt. Aus Ueberlinqen wird ge-
meldet, idak dort seit Freitag Toh. Ret Pros. Dr.
Max Schottelius aus Freiburg vermißt
wivd, der fich in Ueberlingsn <vls KurMt aiufgehLl-
ten hatte.

Neue Drohungen der Entente

Dcr Waffenstillstandsvertrag vom 11. November
1918-hat Deutschland völlig recht- und
wehrlos gemacht. Auf Grund dieses. von uns
nur durch Erprcssung unterzeichneten Vertrages
verlangt die Entente jetzt ui drohtendem Tone die
sofort.ge Räumung des Baltikums von deutschen
Truppen. u. um uns zu zeigen. dak sie das Schicksal
des deutschen Volkes in Händen hat. mrhänat sie
über Deutschland die Blockade. aleichgültig, ob
durch diese. jeder Menschlichkeit hohnsprechenden
Handlungsweise. wieder ein ganzcs Volk dem
Elend von neuem ausgesetzt wird. Wir sind zu
ohnmächtig und müssen unlätig zusehen. wie die
Erdrosselung Deutichlands erfolgt. Durch alle diese
Gewalttatcn der Entente blickt aber immer wiedex
die Angst durch. Deutschland könnte militärisch noch
emmal versuchen. das Zoch abzuschütteln, um im
Falle eines Eelingens die Monarchie wieder aufzu-
richten. Diese wahnwitzige Anast ist ja bekanntlich
bei den Herrcn Franzosen am schärfsten ausgeprägt.
und die Pariser Prffse will denn auch dem Eeueral
von der Eoltz Bestrebunqen untcrschieben. die auf
die Errichtung einer Monarchie hinzielen. Es ist
eigentlich lächerlich. auf diese Angstmeierei etwas
zu antworten. Die Entente mützte doch nun end-
lich einmal wiffcn. dag das Deutsche Reich derart
zerriittet und zerfallen ist, daß wir Jahrzehnte
brauchen werden. um wenigstens wieder einenTeit
unserer vor dem Kriege sprichwörtlichen Ordnung
und Wohlhabenheit zu erre-ichen. Sehen ^s die un-
zähligen Ententemissionen. d'e sich in Deutschland
umhertreiben. denn nicht. welche fast hoffnungs-
losen Zustände hier herrschen, wie weit wir durch
ibre aütige Mitwirkuna und d:e der Anstiftcr drr
Revolution aekommen sind? Man könnte fast an-
nehmen. daß die Lllliierten mit Absicht nichts se-
hen wollen, dcnn die Einstellung jeder Lieferung
von Nahrungsmitteln und Rohstoffen macht
es Deutschland unmöglich. die Verpflichtungrn des
Friedensvertrages zu erfüllen. Es ist daher die
Absicht der Entente klarcr denn js zu erkennen.
Sie will sich einen. Rechtsgrund schLffen, um in
Deutschland einmarschicren zu können und es zu
besetzen, damit die Äuspressung systematisch crfol-
gen kann. Ein Volk von Sklaven sollen wir eben
werden, eine Null unter den anderen Staaten. Daß
für die Sieger das Wort „Menschlichkeit" ein un-
bekanntev Begriff ist. geht^ aus der Mitteilung
hervor, d^rß sie ebenfalls die Heimbeförderuna der
Gefangenen unterbrechen wollen.

Die Note der Entente, die eigentlich kein Ulti-
matum mshr. sondern ein r ü ck si ch t s lo f e s
Abwürgen Deutschlands darstellt, wird
unserer Reichsvegierunq viel zu schaffen machen.
Die Truppen. di-e sich im Baltikum befinden. wer-
den fich jedenfalls weigern, dem Befehl. nach
Deutschland zurückzukehren, nachzukommen. Sie
stützen fich auf die ihnon seinerzeit gegebenen feier-
lichen Versprechen. Die Entente bchauptet aun.
die Negierung hätte d'l^ Macht dazu, die Truppen-
verbände zurück^urufen und wird daher. roenn. was
vorauszufehen fft. die angeordneten Maßnahmen
keinen Erfolg haben, es als bösroilliqe Absicht der
deutschen Regieruna hinstellen. um einen Grund für
ihr rigoroses Vorgehen zu erhalten.

Die Baltikumfraae rvird jedenfalls für uns wei-
tere Demütigungen mit sich bringen. und wir ge-
hen unserem Untergange entgeaen. wenn es nicht
gelingt. die Truppen im Baltikum zu bewegen,
von ihrem Starrsinn abzustehen. der für ganz
Deutschland verhänanisvolle Wirkungen haben
muß. Da aber nach neueren Meldungen Lereits
unter den Truppen von radikalen Elementen eine
anfcheinend erfolgreiche propaqandfftifche Tätiakeit
entfaltet wird. um fie in die Armee der Bolsche-
wisten zu treiben. Lefteht sehr weniq Hoffnunq. daß
die Verbände dsn Vefehlen der Reqierung Folge
leisten werden. Wir müffen daher auf das
Schlimmste qefaßt sein.

Noch keine deutsche Antwort

Paris, 1. Okt. Der Oberste Rat hielt heute
keine Sitzung ab. Die deutfche Reaiexung hat aus
dis Note der Alliierten bezüalich der Abbnufuna
des Cenerals von der Eoltz und der Laae im
Baltikum noch keine Antwort aeaeben.

* Die römischo KaVinettskrise ist noch nicht be-
hobe. Nitti verhandelt noch weiter.

«S!

^ ^„id "
Su

z-lÄ

dle

ge

.iilel

-ÄnN«

hekai
ii'- ° von

ü'Kä-!

!>-' jiin-r >

'Kr

«iithoeNt.
'k-'-Mls. D
D u.s ü
AMW-n
-^ann
e) liuhlichen i

!,;iil Nechts,a.
5<iide zn nen
Meck der <
!ia! >st- ^ .
la dle Part'
»Nckn ist. als
Partei. s
,i,n die Oppos
WHliche St<
slllrien nicht ii
iÄl. sondern
Lfflfahrt
Wii M sörde
«ckn. Darum
ia Ml ihren s
uln, liberaler
irilichein Einv-
Partei. in
Wdemokrati
Rhrt. aber imn
duiei gestel
entwickel
^ m 20. Fel
mie Ausspraö
3m Kampf u
»be deutsche
^liungsaussc
^skhrwirkun

^.«richtersta

^lluug. der
^^eiches ha

Merungen

'7!bstäu

^'lllonsn

. Lebensl

ü achtr

G-

wu,

Theater und Musik

tzeidelberger Stadttheater

„Was ihr wollt"

Lustspiel von Shake sp-eare

Unter der Spielleitung oon Paul Peters tra-
ten die neuen Mitglieder des Theaters mit einer
wohlabgerundeten Darstellung von „Was ihr
wollt" vor das Publikum. das fich an dieser ew.g
lebendlgen Eharakterkomödie sehr erheiterte. Der
Stoff wächst aus Boccaccios Lebenskreis heraus:
Bruber und Schwester. Sebastian und Viola. durch
einen Seesturm von einander getrennt. wähnen
einander tot: dte Schwester als Mann auftretend.
aenießt das Vertrauen des Herzogs und die Liebs
der Dame Olivia, die der Fürst zur Frau begehrt
und dauernd durch Botschaften beehiTt. deren Trä-
aer Viola ist. Jetzt beginnt das Spiel der Ver-
wechselungen. der Zufall führt nämlich Srbastiano
Olivien in .den Weg. die. durch Aehnlichkeit be-
irrt. von ihm> alsbald die Führung vor den Prie-
ster beaehrt. Zur Charakterkomödie wird das
Spiel. das so recht in der Bahn der seit Römer-
zeiten erprobten Wirksamkeit der Derwechselunqcn
abläuft. durch das Bild Malvolios. des Narren,
dcr. von Eitelkeit aeblendet. den baldiaen Cintritt
in das Paradies Ler Ehe sich vorspiegelt. Mal-
volio stammt aus der Feinsschicht. deren Kenn-
zeichnung Genien vom Range Shakespeares vor-
behalten ist.

Das Stück wiar für'die Aufführung frisch ae-
strichen. Frisch und von neuem Mut getragen
war die- aanze Darstellung. die hvffc'ntlich den An-
bruch neuer Zeiten bedeutet. denn so nach allen
Richtunaen wohldurchgcarbeitete Vorstellungen ha-
ben mrr selten in unserem Theater erlebt. Vw-
lens richtiae Rolle la« in den Händen von Frl.
Hausa. die in ihrer aanzen Art lebhaft an
Elsa Wagner erinnert. dio. von Heidelberger
Anfängen ausgehend. zu einer Verühmt-hett der
Reinhardtbühnen aufgestiegen ist. Frl. Hausa
spricht aanz vortrefflich und aab ihrer Darstel-
lung einen gut Teil von freundllchein. aeistsgem
Reiz.

Malvolio war Herr Michels. Dieso Fiqur
hatte die Eehirnmüdiakeit und Gespreiztheit eines

Kcrmmerdieners. der etwa einem vertrotielten

Winkelpotc-ntaten feine falsche Würde «baeguckt hat.
Herr Michels übcrtrieb nicht. Er blieh rmmer
im Stile. Er srntete lebhafteir Beifall. Scharf-
finniq. lustig und von erquickender Natürlichkeit
erschien un§ der Narr des Herrn Zwill - nger;
nicht minder erfreulich wirkten Frl. Schott und
Herr Felix als Olivia und Herzoa: beider Dar-
steücr wohltuende Behandlung dcs Verses war be-
sonders erfreulich. Als übermütiae Ränkestifterin
ALaria entfaltete Frl. Marlow die liebenswür-
digsten Züge ihres Talentes. Tobias Rülp und
Bleichenwang find 2 Nollen. dercn Wirkung man
durch ein Zuviel leicht beeinträchtigen kann. Sehr
komisch waren hier die Herrcn Schäffner und
Fork. alle dls feuchten Sitzungen und lustiaen
Ränke. deren Träger diese beiden Iunker sind. ge-
wannen durch die genannten Darsteller Frische
und eine gewisse Lebensechtheit. Die Nebenrollen
waren angemessen besctzt. Herr Musikdirektor Ra-
dig dirigierte in feinfühliger Ar^ die Rosanmnde-
Ouverture von Schubert. die dcn Abend prächtig
einleitete. Die Bühnenmusik von Humperdinck ist
recht wirksam und stimmunasvoll. wenn auch reich-
lich süß. Das Haus war nur mäßig besetzt. Der
Beifall war lebhaft. K. W.

* Mannheimer Nationaltheater. Am Freitag
wird Eoethes „Egmont" mit der Musik von
Beethoven gegeben. — Als erste Uraufführung in
dieser Spielzeit wird die Komödie ..D i e Milch -
brüder" von Oskar Maurus Fontana vorberei-
tet. Eleichzeitig sind die Proben zu einex Neu-
einstudierung von Wildgmrs', „Ärmu t" > im
Gange.

Schenk-Mend

Der Name »v. Schsnck" ist mit mancherlei musi-
kalrschen CrinneruWen sür Heidelbera verknüpft.
Zwei aroße, >an hervorrag-enden Theatern perwer-
tete Stinrmen halten sie wach. Wenn nun -Mterin
das im Genießen' sonst unersättliche PuiÄikum sich
nicht in dem üblichen Mcche auf die angenehme
Goleaenheit Mrzte. lag einzia der Grnnd in der
Zwkttexnatur des ProaraMm^.

Neben Enfftem: Theatermufik äm Klaivier.
giantz leichtwertig Humoristisches; — da scheute

das PuLlikum, das fich zu einom »Humorfftischen

Abeno" gedrängt hatte, vor dem ernsten Zuschnitt,
und das seihr verwühnte Kanzertpuvlikukm vor dem
lusstigen zurück. Die treu gebliobene Schonck-Ge-
meinde aber fand eine unveMrzte Freude.

Mit den SLngern war eiiw.Geiserin Frl. Anni
Betzat «ekonlmen, die sich als eine sekp: Loachtens-
werie Küiffllerin enthüllte. IZn Stücken von Sin-
ding, Kreisler und Mieniawsly Lonnte sie eine
ni'cht unbedautende Techaik, einen grokon und vol-
len Ton, -ein-en männlich enerüffchen Strich entfal-
ten. Die Wittevungslaune maa os veruHacht ha-
ben, daß Tvübungen in den FlagLolotpLfscmen. in
dem sonst marki-gen und reinen Spiel unterliesen.

Richard o. Schenck ijt der unverwüstliche Äaß-
buff-o geblieben. den inan sern nuf der Bühne im-
mer mit Vevgnüsen bearüßt. Schlanken Kanzert-
sesang wivd man von ihm nicht fordern; Man muß
sich in einen Sperrsttz denken, wenn sein mäHtises
Ovgan fich beaglich im „Bombardon" oder „Pfeifer"
-ausgM; und sanz woh- wird dem Sänger, wenn
er mit MiMit und dec tmgsborenen Koimik die
Lachlust kitzelt.

Herr Victor v. Scheuck jr. fft in einen sanA
gowalltigen'Heldentenor -ausüc-wachsen. Die Opern-
bruchstücke weckten keine aerinae Lrfft» diese hell-
schmeckenide, gö-iunde Stimme im „Sie^frieb" oder
Aebnlichem ariindlich zu g.miotzen. Seme Strauß-
Lieder ließen auch erkennen. datz er der feinervn
Vortragspfloge -mit ersolgroichom BonMhen ncrher
getrsten ist. >Zu leichten Du-etten schmolzen die
bäiden, alänizenaen Bühnenstimmeii wirllich brü-
derlich ineinander.

Zn der lanL-en und bunten Vortraasfoilge hat
Direktor Sahlender -als Begleiiter der gedie-
genen, Umlsichtigen Musiker. — und den Herrn von
der Bühne. die mit dem Rhythmrus sehr sslbstherr-
lich umgehen. verlanaen einon solchen —, den
aewandten Klavievspielcr bekundet. als den man
ihn stets fchätzt. Or. L.

Kunst und Wissenschaft

* Bon der Universität Freiburq. Dr. Wiilli-
bald Gurlitt in Basel fft vom badischen Untor-
richtsmi'nisterium für das Studienjahr. 1919^-20 an
der Üniversttät Freiburg ein Lektorat für Mnsik-
w is!senlscha'ft übertrasen worden.

Neues aus aller We!t

* Drahtloser Telcphonverkehr zwischen Nürn-
berg und dem Luftschiff „Bodensee". Die dvaht-
lose Telepihonstation in Nürnberg trat in telepho-
nische Verbindung mit der au-f dem Lufffchfff
„Vademsee" einsebauten drahtlosen Stätion und
hielt den Sprachverkehr oinwandfrei aufrecht, Vis
das Luftschiff über Plauen war, cvlso über eine -Ent-
fern-uiW von 140 Kilometern. Der Dcrkehr mutzte
leider abse>brochen werden. weil das Luftschiff ge-
zwungen war, Wejlermeldungen entaeoen zu nch-
mon. Der Sprechverkehc hätte sich sonst zweifellos
noch weit über die 140 Kilometer ausrecht erhalten
lassen. Die Gespräck>e mit der „Bodensee". die sich
aus der Fcchrt nach Staaken befa-nd. wmrden in dsm.
Augenblick ausaenommeii, als das Luftschiff die
Stadt in viniaer Entfernuna seitlich yassierte. Der
„Anschluß" voillzoa srch glatt und die Gospräche
dcmerten über eine Stunde. Die Verständigilng
w>ar a-usgozoichnet. Den FahrÄisten bdt sich Ce-
legenheit, a-uch -eine Reihe von Privatangelegenhei-
ten vom Schiff -aus zu erlediaen.

* Der „Ciserne Hindenüurg" in Berl'cn wird in
den nächsten Tagen abgebrochen. Der .-Lu-ft-Mr>er-
dank". auf ideffon Betreibcn das Deirkinal errichtet
wurjde. gibt folgende Erklärung daizu: .TX-mnächsi
w'rd bas im' Ti-ergarten errichtete sStandbiLd dev
„Ei-sevnion Hrnbenbuiig" abgcbrochen wcrden. Dro-
ser Miaßn-ahme fft indessen keinerlei politl--
sche Bedeutung beizuleaen. Der .^Eisc-rne Hm-
denbura" ilst soinerreit errichtct worden. um durch
die Nagelung der Krreger- und Hinte'.b-liebenen-
fiirsorgo möglichst erhebliche Mttel zriLMühren.
Dieser Zweck fft d-urch opfcrwillige Bereitschaft doc
Berli-ner Büyserschaft in hohem M'aße crfüllt woi'
den. Der Abbruch dos Stzankbildes ist indcffen
jetzt schon aus. Gründen ber öffentlichen S i-
cherheit erforderlich, da d«z Mrterial auf d!e
Daucr dcn Mtterun>gsverhältniffen nicht Liewach-
>sen ist. Zm Einverstänidnis mit dem Mssisirat
Venlin unü> !der Tierg«rten>ver!wlaltung fft es der
KonkMsverivaltung dcr Lu-ftfahrcridank GmVH. ee-

8a,


L>-">>e?-i>


di
 
Annotationen