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helfferich m Hei-elberg
Abrechnung mit Erzberger
Heidelberg. 4. Oktober.
. Wie nicht anders -u erwarten war. hatte die
ftlr Samstag tn der Turnhalle von der deutsch -
nationalenVolkspartei etnberufene Ver-
jammlung mit Helfferich als Redner einen unge-
heuerlichen Ardrang zur Folge. Wieder einmal
trat die leidige Saalfrage. unter der wir nun schon
seit Jahren leiden. besonders klar zutage. Schon
lange vor Beginn des auf 8 Uhr festgefehten Ver-
sammlungsbeginns war der Saal bis auf den letz-
ten Platz besetzt. und Vtele mutzten wieder um-
kehren. Einige kleine Störungen am Anfang lte-
tzen sich deshalb nicht vermeiden.
Exzellenz Neuber eröffnete mit kurzen Begrü-
tzungsworten die Versammlung und entbot Dr.
Helfferich als einem mutigen deutschen Mann. der
sich nicht scheue. heranzutreten an die Schäden der
Zett und des Volkes. einen besonderen Willkom-
mensgruss. Mit Rufen und stürmischem Händeklat-
schen begrützt. trat Helfferich an das mit der
schwarz-weitz-roten Flagge umhüllttz Pult.
Mit einem Erutz als stummverwandter Pfälzer
begann Helfferich seine Meiftündige Rede über
das Thema: ..W a s u n s n o t t u t". Ohne Wahn
und Selbstbetrug mutzten wir die Dinge betrachten.
Leider bestehe Klarheit über unsere Lage nur bei
wenigen. Mit packenden Worten schilderte Helffe-
rich das heutige Deutschland. schilderte den Frieden,
der kein Frieden. sondern nur die Fortsetzung des
Krteges mit anderen Mitteln sei. und betonte. auch
Nosko habe erklärt. datz die auf 100 000 Mann her-
abgesetzte Armee nicht ausreiche. die Ordnung im
Lande aufrecht zu erhalten Aber obwohl bei den
Verhandlungen der preutzische Krlegsminister
Oberst Wrisberg und alle anderen sachverständigen
Militärs das gleiche erklärten. habe Erzber-
ger gesagt, 100000 Mann genügten. das andere
besorge die Polizei und der Völkerbund.
lPfuirufe: hört. hört! ironische Heiterkeit.)
Dann schilderte Helfferich die wirtschaft-
licheLage mit all ihrem Trüben und Trostlosen.
Dazu die Vedingungen des Schmachfriedens. der
den Deutschen allen und jeden Besitz in der ganzen
Welt ntzhme. samt den Instrumenten zum Wieder-
aufbau. Der Verlust der Kolonien. bei deren
Wegnahme sich die Feinds auf die durch Erzberger
1907 hervorgerusenen Kolonialskandale beriefen
und daraus das ..sittliche" Recht ableiteten. sie uns
fortzunehmen. Wer hat unsere H a nde l s f l o t te
ausgeliefert? (Von verschiedenen Seiten des
Saales tam die Atwort: Erz^ erger!) Nicht ein
Schifs. das als Ozeandampfer angesprochen werden
könne. verbleibe Deutschland. Dazu di- Kabel.
während die Funkentslegvaphie auf Iahre hinaus
der Kontrolle durch die Feinde unterstellt bleibe.
Als nunmehr der Redner auf den finanziellen
Dcuck zu spreckien kam, stellte er fest. dak die
Kriegsausgaben Deutschlands im
Monat mit etwas mehr als 2 Milliarden ver-
anschlagt wurden. als er im Februar 1915 das
Heichsschatzamt übernahm. Er. Helfferich. nehme fllr
ich das Verdienst in Anspruch. darauf hingewirkt
zu haben. dak eine weitere Steigerung nicht ein-
trat. Das sei ihm gelungen. denn nach 16 Mo-
naten Amtszeit. im Herbst 1916. waren die deut-
schen Ausgaben monatlich noch zwei Milliar -
den und etwas weniger. Was koste dem-
gegenüber heute der Friede? Mehr als drei Milli-
ardcn gibt heute Erzberger für einen Frie-
densmonat aus! (Groke Erregung!) Die
Durchführung des Hindenburgprogramms brachte
eins Steigerung der Kriegsausgaben auf drei Mil-
liarden. Dann stiegen die Ausgaben auf 5 Mil-
liarden im Oktoer 1918! Jnsgesamt kostet der Krieg
dem deutschen Volke 140 Milliarden (davon ent-
fallen 30 Milliarden auf Helfferichs Amtszeit).
seit der Revolution wurden ausgegeben 36 Mil-
liarden und mehr! Was sei denn von diesen 36
Milliarden durch Steuern gedeckt? So gut wie
nichts. Man mache ihm. dem Redner. Pumpwirt-
schaft zum Vorwurf. Er habe aber als erster
Kriegssteuern verlangt: bei diesem Verlan-
gen habe er mit der stärksten Gegnerschaft
Erzbergers zu kämpfen gehabt. Helfferich
sch'ldert die bekannte Tätigkeit Erzbergers und
ging dann auf die heutige Finanzpolitik ein.
schilderte sie mit Zcchlen und nannto ste eine
Schleuder- und Vankrottcurswirtschaft.
aber keins Finanzwirtschaft mit Ordnung ünd
Sparsamkeit. Dazu komme auch hier die unge-
heure. uns noch gar nicht bekannte Last. die der
Schmachfriede uns auferlege. Der Redner gab
Einzelheiten und geikelte mit bitterem Spott das
deutsche Angebot. 100 Milliarden in Eold zu zah-
len. was nur dazu geführt habe. dak die feind-
lichen Forderungen noch höher geschraubt wur-
den. Im Anschluk daran erwähnts Helfferich die
französischen Kammersitzungen und betonte dabei
di.e den Zeitungsredaktionen längst bekannte Tat-
sache. dak das halbamtliche Wolff Buveau über
dem deutschen Volke unangenehme Dinge nur
sehr. sehr lückenhaft berichtetl Eanz anders als
unter dein ..alten Regime!" In der französischen
Kammer wurde von Deutschland die jährliche
Zahlung von 18 Milliarden Eoldfranken gefor-
dert. zum heutigen Kurs nahezu 80 Milliarden
Mark jährlich? lBewegung!) Das bedeute eine
hypothekarische Belkstung des Volksvermö-
gens mit 50 v. H.:
Wetterhin wandte sich der Nedner der Zer-
rüttung der Verhältnisse durch die Revolution
zu. Nicht nur dio staatliche Ordnung sel zerstört.
auch das wirtschaftliche Eefüge sei hin.
und dafür werde die Zeit mit Neden vertrödelt!
Zu alledem komiwe noch der Zusammenbruch der
Moral und des nationalen Gedankens. Bis zum
Ueberdruk mache.man das
fluchbeladene alte Regime
für alles verantwortlich. Dabei ivar die Zeit
von 1871 bis 1914 eine Blütezeit. wie ste in der
2000jährigen Eeschichte Deutschlands nie vorhan-
den gewesen wäve. Wir hatten einen untadeli-
gen. tüchtigen Beamtenstand. waven das erste
Land der Soztalpolitrk und wiesen einen Wohl-
stand. auch bei der Arbeiterschaft. auf. wie ihn
kein anderes Land der Erde befak- Sind die
Freiwilligen von 1914 denn nicht in den Kampf
gezogen. in dem Bewuktsein. dak es gut zu leben
war im deutschen Vaterland? sStürmische Zu-
stimmung.) Ietzt gebe der Abg. Löbe. der Vor-
sitzende der sozialdemokratischen Partei. offen zu.
dak sich der Hak unserer Feinde gerichtet habe
gegen den deutschen sozialen Eedankew — das hät-
ten andere Leute schon früher gewukt. aber da
hiek es. der Kaiser müsse weg. dann sei alles gut!
Der Redner trat dafür als Zeuge ein. dak der
Kaiser den Krieg nicht gewollt habe.
Die feindlichen Staatsmänner dagegen hätten von
Anfang an ihre weiten Kriegsziqile betont — wie
sie diese jetzt verwirklichen. sei bekannt.
Der Redner schilderte sodann die Betätigung
Erzbergers als Sachwalter der Kaiserin Zitta.
behandelte setne Schuld am Bekanntwerden der
Denkschrift vom Erafen Czernin bei
den Feinden und wies nach. dak
die vinzige Friedensgeneigtheit.
die im Juni und Iuli 1917 bei den Eegnern
vorhanden gswesen sei. durch Erzberger
vereitelt wurde. (Zurufe: Schuftl), was
jetzt von den ..Times" zugestanden worden sei!
Jm Sommer 1917 sei Frankreich erschöpft und
England zur Berständigung bereit gewesen. aber
nach Erzbergers Arbeiten mit der Czerninschen
Denkschrift nach der Friedensresolution des Reichs-
tages. lehnte das englische Parlament mit
allen »egen 19 Stimmen eine Friedensreso-
lution ab. turz darauf bekannte fich England
zu den französischen Kriegszielen — und von da
ab war es mit den Friedensmöglichkeiten vorbeil
Mit grimmigem Spott geikelte Helffertch Erz-
bergors groke Worte über die Schuldfrage. be-
leuchtete das von ihm hervorgezerrte angebliche
feindliche Friedensangebot. das inzwischen so
kläglich abgeführt wurde. und fragte. wo denn die
groke Nede zu lesen sei. die Erzberger auf
Kosten des Neiches drucken lasssn wollte und die
in jedem Hause angeschlagen werden sollte!? Sie
sei nicht gedruckt worden und sei in keinem Haus
oder Hütte zu finden. Und warum nicht? Weil
die ganze Eeschichte purer Schwindel ist.
(Tosende Zustimmung.)
Ordnuvg, Arbeit und Vaterlandsliebe
könnten uns hinausführen aus dem heutigen
Elend. aber mit den drei Dingen sei es schlecht
bestellt. Den heutigen Männern spräche er gar
nicht den guten Willen ab. aber sie könnten nicht
aus ihrer Haut! Sie hätten noch nicht den Befä-
higungsnachweis erbracht. Die Demokratte
sei nun wieder in die Regierung eingetreten. sie
habe sich bei der Friedensunterzeichnung ..krank
gemeldet" und sei nun wieder gesundet! (Heiter-
keit und Beifall.) Bei teiner Negierung werde
mehr gesessen und geredet. als bei der unseren.
Er vermisse den Ernst der Sachlichkeit. aber das
sei nicht zu verwundern bei Leuten, die „regieren"
nur
vom Standpuukt der Futterkrippe
aus betrachten. wie sich auch jetzt wieder bei der
Umbildung des Kabinetts mit der Schaffuiig
zweier neuer Ministerstellen gezeigt habe. Par-
teipolitisch werde doch die Sozialdemokratie den
Ausschlag geben. Das beweise z. V. die Haltung'
der Demokraten beiin Betriebsrätegesetz. Seine
Abänderung sei erst eine der Bedingungen der
Demokraten für ihren Eintritt gewesen,
schlieklich haben sie aber doch nachgegeben und
seien schlieklich doch ins Kielwasser der So-
ziatdemokrateii eingeschwenkt. (Pfuiirufe: wie
immer!) Persönlich liege der Einfluk bei Erz-
berger. »nit dem sich nunmehr Helfferich noch-
mals eingehend befakte.
Erzberger habe zwar den Frieden selber nicht
nnterschrieben. vielleicht weil er gefürchtet habe.
dak seine Hand auch einmal verdorren werds.
Aber unsichtbar bleibe seine Unterschrift fllr alle
Zeiten unter dern Friedensdokument stehen. Un-
erhört sei. dak Erzberger in den Tagen höchster
nationaler Not den Spruch niederschreiben konnte:
„Erst schaff' Dein Sach'. dann trink und lach'"
Es sei wohl anzunehmen. dak Erzberger getrun-
ken habe, denn ein nüchterner Deutscher hätte so
etwas nicht geschrieben.
Noch einmal beleuchtete Helfferich im Zusam-
menhang mit der Valutafrage
<ktzberqers verhänqnisvolle üätiak'it
und qinq dann auf seinen Kampf geqen den der-
zeitigen ReichsfinLnzminister näher ein. Er habe
habe an den Reichspräsidenten zwei Eingaben
machen 'mllssen. bis ihm erklärt wurde, dak Straf-
verfahren gegen ihn sei eingeleitet. das war am
5. September. seitdem habe er nichts mehr ge-
hört. Erzberger habe sich erkundigt. ob er sich
beleidigt fllhlen müsse durch feine, Helfferichs,
Angriffe! Offenbar gehe Erzberger das Eefühl
für Beleidigtsein ab. Dafür habe Erzberger ihn,
den Redner. auf die Liste der Auszulie-
fernden setzen wollen (Pfuirufe), aber er gebe
nicht nach in diesem Kampfe. Deshalb habe er
sich auch durch die Erzbergersche Drohung nicht
einschüchtern lassen. (Stürmischer. andauernder
Veifall. Händeklatschen.) Die Drohung habe ihn
in dem Beschluk bestärkt:
Der Mann muk weg!
(Erneuter. stürmischer Beifall!)
Mtt warmen Worten. die zur Einigkeit und
zum Glauben an Deutschlands Zukunft aufforder-
ten. schlok der Redner mit einein srgreifenden
Glaubensbekenntiiis an Deutschlands Wiederge-
burt und Zukunst: „Es kommt die Zeit. wo wir
uiisere vaterländischen Lieder wieder mit Stolz
singen werden. die ..Wacht am Nhein" uiid
„Deutschland. Deutschland über alles!"
Es war begreiflich. dak es nach dieser Rede zu
begeisterten Kundgebungen kam. die sich in mi-
nutenlangen Zurufen und Händeklatschen äuker-
ten. Da eine Diskussion nicht angebracht war,
konnte nach kurzen Worten des Pfarrers Fuhr
(Bammental) und des Vorsitzenden. Exz. Neu-
ber. die Versammlung geschlossen werden. Die
erste Strophe des Liedes der Deutschen, von allen
stehend gesungen. bildete den würdigen Beschluk-
Es ist natürlich nicht möglich. im Nahmen die-
ses kurzen Berichtes alles zu erwähnen. was Helf-
ferich sagte oder auch nur anschlug. So waren z.
B. seine Ausfllhrungen über d'.e ewige Schraube
zwischen Lohnforderung und Preiserhöhung. über
Wirtschaft und Kapital oder über das Neichsnot-
opfer mehrere volkswirtschaftliche KollegS im
Kleinen. Sie wirkten durch die Flllle des Ma-
terials besonders stark, obröohl Helfferich kein
Nedner im eigentlichen Sinne ist. Aber die Art
des Vortrags. die kurze. fest abgehackte. aber wtv
Keulenschläge wirkende Sprechweise. die Eestalt
mit dem markanten Gesicht, die kurzen. eindrinq-
lichen Handbewegungen. wirken aukerordentlich
und vertiefen den Eindruck. ^datz Helfferich ein
ganzer Mann und — gefährlicher Eegner ist.
Ueber den Ausgang seines Kampfes gegen Erz-
berger wird man daher nicht im Unklaren sein.
Deutsches Reich
Die Wohnungsnot
Theorie und Praxis
Enre stündiae Rubrik der soüiakdemokratischen
Presso biüdet zur Zeit die Wohnunssnot. Zu den
Vorschläyen, wie man dieser nicht zu bestreitenden
Kala'nüität abhelfen könnte, achört bekcmntlich
auch die planmähise Aufteilung der besto-
hend'en ürohen Wohnungen. Nun kommt
es manchmal yor, dah die-Theorie in schroffsm Ee-
«ensatz stcht zur Praxis, wie der Fall dss sozial-
demolr. Landeswolhiiuiuis-Jiispektors Kampffmeyer
gezeiFt hat, dem auf der Tasung der badrschen
Hausbositzeroereine der Vorwurf gemacht wurde,
dah er, der Rufer im Streit, auher seinem geräu-
migen Wohichaus in ver GartensVadt Lei Rüppurr,
noch eine Villa im Bssitze habe, die er völlig leer-
stehen lieh. Ueibertroffen wird dirses Bei!>piel vdm
2vasserpredlgen und Weintrmkrn durch das Ver-
halten einiger sozi aldemok'ratischer
Mitglieder des preuhischen Wohl-
fah rt sm i n iste r i u m s. Wie iiämlich aus
Berlin gemeldet wird, verfüat d-r sozialdemokrkti-
sche Präsident der vreuhischen LandesoerscrmMluns
Le'inert im Ostflügcl des Herrenhauses iiber
eine Disnstwchiiung von sage und schreibe vier-
zig Näumen. Da Herr Leinert gleichzeitig cruch
als Oborbursermeister von Hannov-er eme entspre-
chende Dienstwoihnunq zur Verfü-guirg haben dürfte,
so würde er gewih selbst g>:aen eine Vernimderung
der ihm zuaemiosenen Berliner WÄHnung nichts
oinwcnden. Woiter bewohnt der Bürodireltor
Plate gleichsalls ini Heccenhaus eine Wohnuirg
von 14 Zimmern. Ebenso wohnt der frühere Büro-
direktor des Herrenhauses David noch in 14 Zim-
mern des Hanses. Dazu kommen dann 14 Zimmer
des Zentralrats. Weitere 10 Zimmer wer-
den von den Untecbsamten des Hauses bdwdhnt.
— Alio in Berlin, wo die Moh'M'lgsnot so grotz tsi.
datz emzelne Familien in e'mem Naum zusammen-
gepsercht loben müsso.i, bemohnt ein FiLhrer dec
Sozialdemokratle heute noch für ssch 40 Rümne.
Wie sagt doch Goechs: Theorien smd gowöhnliche
Uebereitungen eines ungeduldigen Verstandes, der
die Phänomena gern los sein möchte und an ihrer
Stelle deswegen 'Bilder, Begrifse, ia oft nur Worte
einschiobt.
Was heutzutage vorkommt
Ber einem Her>vn, der im Ein- und AusnÄr--
amt einer dsr unzähligen Reichsbehörden rn Bev-
lin ^me Mteilung v-srsieht, etschien vor kursqm
ei'i Schieber, der erklärte, er bitte um die Gr?
laubnis, aus Holland 10 Millionen ZiüL--
retten einfühven zu dürfen. Wenn ihm die Ev-
lauibnis orteilt werde, kommo es ihm auif 50 000
Mark ffir den die Srlaubnis örteilenlden Rasoren-
ton nicht an. Jn diosem Fallo kam dec Sdle an
!den Unrschten unid flog h'maus.
Aber glaubt iernanld, dak der Schiober hier!deir
ersten Versuch machte?
* Die Vergütunq der Postagenten. Die Abge-
crdneten der deutschsn Volksvartei Dr. Miktol-
maM, Beuermaim, Dr. Becker. Hepen. ^rau Elara
Meiide, Maretzkii und Dusche haben folgsnde An-
rrage an die Regierung gerichtet: ..Die dem P alt-
naenten Meil werdende VerMung steht seit
langer Zeit in keinem Verhältnis mehr zu ihren
latsächlichen Leistuiiqrn ui'.d zu der heutigen Teue-
rung. Ist die Reichsreaierung bereit oie Vergu-
timg der Postagenten alsbald angemessen
zu erhöhen?" _
F
.^KCCCCCCCCCCSS. v
.sslug zu schweigen Iiieist noch mehr. ch
^ Klug zu redeii ist oft schtver, K
^ Dt irza Sch afft (F. vr Bodenstedt).
Zonnenfinsternis
Roman vou Else Stieler-Marshall
Ooiivri^lit Oretlileinüico. o.m.b.tt. l.eiprig 1916
(6. Fortsetzung)
Ealt ihm dieser Bssuch? Das war der Peler
vom Mordhose, der brachte wobl seinen Bauern.
Lai'gmm kamen sie herauf.
.Sehet wchl". flüsterte der Bub. ..weitz ist der
Stuhl. worauf er sitzt. Wejtz ist Mes. was ihm
gehort.
Der Bauer, fchwerfällig steigend und schnaufend
wie ein Rotz, gab keins Antwort. Die schmalen,
Iwarien Au-gen unter den buschigen Brwuen lietzen
den Blick nicht von dem Mamie auf der/ Berge.
D.er Hund naihin die Kömmlinge zornrg crn, fuhr
ihnen mit wütendem Eebell entgvgen, orkannte set-
nen Freund Peiter und aller Zorn wandelte fich in
stllvmische Fvdude. Mit hchen Sprüngen begr-ützte
dae Tier den Bosuch, daim kam es. vor Vergniisen
den ganzen Körper drchenid und biegend, zu seiuem
Herrn zuoück.
Leere Höflichkeit gibts in den Bergen nicht.
..Fsts wcvhr, datz Fhr ein Wettermlacher setd?"
fragte der Bauer sogleich.
..Nennen Sie mich einen Wetterbetvachter". ent-
Segiiete ^Klinghart lächelnd. „dann werden Sie das
Richtige getrosfen haven."
Darauf schwieg der Vauer ein« Weile. Mit
^achdenklicher Mtene setzte cr sicb de,n frsmden
Manne gegenüber aufs Eeröll.
..Poter, ho,!e deinem Bcruern. denn das ist er
wchl. einm Stuhl aus dem Turme. daimit er seiin
SonntagsAeid schone". gebot Klinghart..
Aber der Bauer schüttelte mit -unveränderlich
«rnstihaifter Mieiie den Kopf.
»Das lak stin. Bub. Ich fitz lieber auf dem
Stein, der nie.nawd gchört mid wv es tein Schön-
keine K.'inplimente brauctzt. Ihr habt
ein seltsü'ii'es gebaut. Herr."
„Sletsam, doch schön, nicht wahr? Nahe am
Himmel. an Sonne und Steruen. Ueber mir kann
kein Menjch mchr wohnen und freiere Luft kaim
keiner atmen. Niomand Saim mir tn die Fenster
schen. Meinen Sie nicht, dak das beneidenswert
ist?"
...Wohl, wchl. Aber umständlich auch und halt
wmdig ein bissel."
Der Bauer versauk wieder in ein tiefes grü-
belndes Schweisen. Bub und Hund tostten mit-
einander iiber den Eipfelp-lcm.
Und Klinghart blies den zerflatternden Much
seinec Zigarre in die sonnenspiimen'de Lnft und
freute sich an dieser sondecbaren Unterhailtung Mtt
dem wortkargen Vergbauern.
..Morgen svüh will ich -auf meiner Wcvldwiese
mit GrasHchneiden anfanaeiibegann der auf ein-
mal listig. „Jch denke, es wird sust der rechte Tag
sein. Was meint Ihr dazu, Herr?
'Klinghart zuckte lächelnd die Achseln.
»Ich bin kein Bauer und unerfahren in svlcher
Arbeit."
»So latzt Euch sagen: wenn das Er>as aeschnitten
liegt, müsien der zweite und der dritte Da« ohne
Regen halten und viel Sonne bringen. dcvmit dfis
Heu cput cvustrockno. Krieat das Heu keinen Rogen-
fall, ist im Winter gut füttern ini Stall."
„So, so", antwortete Klinghart gleichmütig und
-beobachtete den Bauern, der nun ein rvenig in
Eifer geriet.
„Jhr tut euch nit leichr dcv heroben, Herr. Wo
Mein Bub mi,t den Geitzen steigt. ist aleich. Er
kann sie mit Packan drunten am letzten Mroson>fleck
lassen. Von dort ift kein schlimmer Wog mehr
hevauf, wenn er euch einmal eln pwar Kannen
Mtlch zuträgt, und wenn die Hühner -gut legen,
cine lTandel Eier eiumal. So ein hupstger Buv
ist bald herdben, gelt Peter?"
Peter hatte >länchst dis Ohrsn göspltzt.
„Sechs Lieder fing ich, so, hab ichs seschafst".
prahlte er.
„Weim Ihr einmal heruntersteigt, Herr, so geht
am Mordhof ntt vorüber. Die Welber werden euch
freundlich aufnehme:! und aern einen Heidelbeer
einschenken. SinL> wir halt Nachbarn elnmal. Müs-
sen mlr auch zuscrminenhalten."
Er bot die schwielige Hand und Klinghart legte
feine woitze Nechte hinein.
„Eut gebriil't, L'ciwe". erwiderte er erheitert.
„Bravo, lieber Herr Nachbar, ich nehme Ihre iFreund-
lichkeit mit herzlichem Dank an. Und mit dem
Heidelbser mahnen Sie mich eben recht. Fch bitte.
treten Sie iii mein Haus ein. ' Fch habe da auch
was Gebranntes, lassen Si" uns den neucn Freund-
schaftsbunb init einem kräftigen Schluck bssiegeln."
Dem Vauern wurde ganz Ichwindlig von so vie-
len Worten. Verstanden hcitte er daoon nur den
kräftigen Schluck und :n diesem Dinae war er kein
Unmensch.
So ging er mit dem H.'rrn in den Turm.
Nun mutztcn die dunklen Augen viel Wunder-
liches sehen. iKlinghart nahm den Dauern mit in
seiii Okservatorium hinauf und zeiste ihm die
Apparate. Stefan Soller bekam einen heilig oro-
tzen furchtsamen Nespekt in diöser Zauberstube und
was thm der Herr zu erklären versuchtc, davon ver-
stand er kein Wort.
Dann stiegen sie wieder zum TRohnraum. wo
eine Menge Bücher an den Wäaden stand und über-
all Bilber von liebli-.hen oder gen-a.ltigen Land-
schaften hingen.
Klinahart nahm die Kognatflnsche und zwei
Gläser aus dem Ofen. der im Sommer als Speise-
schvank dienen mutzte, di-r Bauer koistete, tat einen
tiefen Ateiiizug und wehrle sich nicht. als sein
Wirt ihm das Vlas nocli'nals bis zum Nande
füttle. Er schnalztö mit der Zunge.
„Ihr habt da einen schrrfen Tropfen, Herr."
„Es wcht morgens und abends ein vsrdamml
Lissiger 28ind hier oben. da bra'ucht der Mensch eine
kleine Herzerwärmung."
„O je", faate der Bauer. munterer als biccher,
,^o sprecht Ur im Junt. Wie wirds Euch werden,
wenn der Winter kommt?"
Lachend erwidörte Klinahart:
„Kast lvird mirs iverden. ASordhofer."
Und er setzte hinzu: „Sagen Sie. Mann, wie
komünt ?»hr Hof zu dem hätzlichen Namen, der
nach Fluch ddcr Schuld klingt?"
(Fortsetzung folgt).
Adelina Patti -j-
Mt Adelina Patti, wie wir kurz gemeldet
ben, die im Alter von 76 Jahre.i auf ib cm Srhlok
!Masy-Y-Nos inMalcs gestorben ist. ist eine dar leh-
tcn Königiniieii im Reiche des Bel Tatto dahln-
gegaugen, eiiie Meisterin, die übcr ein palbe^
Jahrhundert lang uud noch bis in die iüiigste Zeit
hine'm die Welt in den Bcmn eiiier- Ai ttst gezwun-
gen hat, der die klassische SchörrhÄtslinie des
italienischen >Gesangsstils in einer unverglechtt-
chea Formvollendung böchstes küirstlerisches
war. Man kommt^ihrer Mt wohl am i'>ächste.i,
wemr mcm ihve künstlerische Jndividualität dali-n
charwkterisievt, dak in ilirer Peffon d'« Rosine deü
Nossinischen .^B.irbiers" Fleisch und Bl:tt gnvsc-
deir war. Ueberhauvt vcrknüpst sich mit dom Na.
nren der Patti geradesu die Vorstellung d.r ide>.i>-
len Vollendung einer „Kunst des fchöiien S i ga>^,
die beut-e leövier immer sc'ltener gewovden ffr.
D^nn wcvr die Patti auch ausgesvlochcnermatzen
Koloratuchängerin. -so beanügte ste sich dcch n'cht
danrit, dem sleitzenden Zierrat des musikrlischm
Schmucks vm Sinsie dcr Kehlkopsoirtuosin die be-
stechendste Fassung ru gcben: sie wubte. dauk threr
mMalischen Kultur, Geist und Wesen der Musik.
die sio intevpretberte, zu sprühendom Leben ;u er-
weclen.
^ldela Juana Maria Patti batte am 10. Fe-
bruar 1843 rn Äknldrid das Llcht d-.tt M lt erblickt.
Um ein Haar wäre sie als cchtes und itt'chtes Tds-
"ierkind aus d.'n Vrettern. die für dbe Over idi>-
Mt bedöuten, i-m Dasein getieto,'. da .'bre Mtt-
ter, dre Sängerin Maria B.rrisl>. d e "i Z'0'tt>:c
Ehe den Bailttonisten Saloatore Palti. ^henat
lxttte. unmrttelbar, nachdcm sie aus der Oo.'r .u,
Haust gekoinmon war. vom d^m sr^d ^u O e^
n-s iMrvaffcht wur»e. Fbr .vstor Mistkunteri clst
kxn ibr dei Fn'vr.^aiio Maurice Strakoich. dcc
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helfferich m Hei-elberg
Abrechnung mit Erzberger
Heidelberg. 4. Oktober.
. Wie nicht anders -u erwarten war. hatte die
ftlr Samstag tn der Turnhalle von der deutsch -
nationalenVolkspartei etnberufene Ver-
jammlung mit Helfferich als Redner einen unge-
heuerlichen Ardrang zur Folge. Wieder einmal
trat die leidige Saalfrage. unter der wir nun schon
seit Jahren leiden. besonders klar zutage. Schon
lange vor Beginn des auf 8 Uhr festgefehten Ver-
sammlungsbeginns war der Saal bis auf den letz-
ten Platz besetzt. und Vtele mutzten wieder um-
kehren. Einige kleine Störungen am Anfang lte-
tzen sich deshalb nicht vermeiden.
Exzellenz Neuber eröffnete mit kurzen Begrü-
tzungsworten die Versammlung und entbot Dr.
Helfferich als einem mutigen deutschen Mann. der
sich nicht scheue. heranzutreten an die Schäden der
Zett und des Volkes. einen besonderen Willkom-
mensgruss. Mit Rufen und stürmischem Händeklat-
schen begrützt. trat Helfferich an das mit der
schwarz-weitz-roten Flagge umhüllttz Pult.
Mit einem Erutz als stummverwandter Pfälzer
begann Helfferich seine Meiftündige Rede über
das Thema: ..W a s u n s n o t t u t". Ohne Wahn
und Selbstbetrug mutzten wir die Dinge betrachten.
Leider bestehe Klarheit über unsere Lage nur bei
wenigen. Mit packenden Worten schilderte Helffe-
rich das heutige Deutschland. schilderte den Frieden,
der kein Frieden. sondern nur die Fortsetzung des
Krteges mit anderen Mitteln sei. und betonte. auch
Nosko habe erklärt. datz die auf 100 000 Mann her-
abgesetzte Armee nicht ausreiche. die Ordnung im
Lande aufrecht zu erhalten Aber obwohl bei den
Verhandlungen der preutzische Krlegsminister
Oberst Wrisberg und alle anderen sachverständigen
Militärs das gleiche erklärten. habe Erzber-
ger gesagt, 100000 Mann genügten. das andere
besorge die Polizei und der Völkerbund.
lPfuirufe: hört. hört! ironische Heiterkeit.)
Dann schilderte Helfferich die wirtschaft-
licheLage mit all ihrem Trüben und Trostlosen.
Dazu die Vedingungen des Schmachfriedens. der
den Deutschen allen und jeden Besitz in der ganzen
Welt ntzhme. samt den Instrumenten zum Wieder-
aufbau. Der Verlust der Kolonien. bei deren
Wegnahme sich die Feinds auf die durch Erzberger
1907 hervorgerusenen Kolonialskandale beriefen
und daraus das ..sittliche" Recht ableiteten. sie uns
fortzunehmen. Wer hat unsere H a nde l s f l o t te
ausgeliefert? (Von verschiedenen Seiten des
Saales tam die Atwort: Erz^ erger!) Nicht ein
Schifs. das als Ozeandampfer angesprochen werden
könne. verbleibe Deutschland. Dazu di- Kabel.
während die Funkentslegvaphie auf Iahre hinaus
der Kontrolle durch die Feinde unterstellt bleibe.
Als nunmehr der Redner auf den finanziellen
Dcuck zu spreckien kam, stellte er fest. dak die
Kriegsausgaben Deutschlands im
Monat mit etwas mehr als 2 Milliarden ver-
anschlagt wurden. als er im Februar 1915 das
Heichsschatzamt übernahm. Er. Helfferich. nehme fllr
ich das Verdienst in Anspruch. darauf hingewirkt
zu haben. dak eine weitere Steigerung nicht ein-
trat. Das sei ihm gelungen. denn nach 16 Mo-
naten Amtszeit. im Herbst 1916. waren die deut-
schen Ausgaben monatlich noch zwei Milliar -
den und etwas weniger. Was koste dem-
gegenüber heute der Friede? Mehr als drei Milli-
ardcn gibt heute Erzberger für einen Frie-
densmonat aus! (Groke Erregung!) Die
Durchführung des Hindenburgprogramms brachte
eins Steigerung der Kriegsausgaben auf drei Mil-
liarden. Dann stiegen die Ausgaben auf 5 Mil-
liarden im Oktoer 1918! Jnsgesamt kostet der Krieg
dem deutschen Volke 140 Milliarden (davon ent-
fallen 30 Milliarden auf Helfferichs Amtszeit).
seit der Revolution wurden ausgegeben 36 Mil-
liarden und mehr! Was sei denn von diesen 36
Milliarden durch Steuern gedeckt? So gut wie
nichts. Man mache ihm. dem Redner. Pumpwirt-
schaft zum Vorwurf. Er habe aber als erster
Kriegssteuern verlangt: bei diesem Verlan-
gen habe er mit der stärksten Gegnerschaft
Erzbergers zu kämpfen gehabt. Helfferich
sch'ldert die bekannte Tätigkeit Erzbergers und
ging dann auf die heutige Finanzpolitik ein.
schilderte sie mit Zcchlen und nannto ste eine
Schleuder- und Vankrottcurswirtschaft.
aber keins Finanzwirtschaft mit Ordnung ünd
Sparsamkeit. Dazu komme auch hier die unge-
heure. uns noch gar nicht bekannte Last. die der
Schmachfriede uns auferlege. Der Redner gab
Einzelheiten und geikelte mit bitterem Spott das
deutsche Angebot. 100 Milliarden in Eold zu zah-
len. was nur dazu geführt habe. dak die feind-
lichen Forderungen noch höher geschraubt wur-
den. Im Anschluk daran erwähnts Helfferich die
französischen Kammersitzungen und betonte dabei
di.e den Zeitungsredaktionen längst bekannte Tat-
sache. dak das halbamtliche Wolff Buveau über
dem deutschen Volke unangenehme Dinge nur
sehr. sehr lückenhaft berichtetl Eanz anders als
unter dein ..alten Regime!" In der französischen
Kammer wurde von Deutschland die jährliche
Zahlung von 18 Milliarden Eoldfranken gefor-
dert. zum heutigen Kurs nahezu 80 Milliarden
Mark jährlich? lBewegung!) Das bedeute eine
hypothekarische Belkstung des Volksvermö-
gens mit 50 v. H.:
Wetterhin wandte sich der Nedner der Zer-
rüttung der Verhältnisse durch die Revolution
zu. Nicht nur dio staatliche Ordnung sel zerstört.
auch das wirtschaftliche Eefüge sei hin.
und dafür werde die Zeit mit Neden vertrödelt!
Zu alledem komiwe noch der Zusammenbruch der
Moral und des nationalen Gedankens. Bis zum
Ueberdruk mache.man das
fluchbeladene alte Regime
für alles verantwortlich. Dabei ivar die Zeit
von 1871 bis 1914 eine Blütezeit. wie ste in der
2000jährigen Eeschichte Deutschlands nie vorhan-
den gewesen wäve. Wir hatten einen untadeli-
gen. tüchtigen Beamtenstand. waven das erste
Land der Soztalpolitrk und wiesen einen Wohl-
stand. auch bei der Arbeiterschaft. auf. wie ihn
kein anderes Land der Erde befak- Sind die
Freiwilligen von 1914 denn nicht in den Kampf
gezogen. in dem Bewuktsein. dak es gut zu leben
war im deutschen Vaterland? sStürmische Zu-
stimmung.) Ietzt gebe der Abg. Löbe. der Vor-
sitzende der sozialdemokratischen Partei. offen zu.
dak sich der Hak unserer Feinde gerichtet habe
gegen den deutschen sozialen Eedankew — das hät-
ten andere Leute schon früher gewukt. aber da
hiek es. der Kaiser müsse weg. dann sei alles gut!
Der Redner trat dafür als Zeuge ein. dak der
Kaiser den Krieg nicht gewollt habe.
Die feindlichen Staatsmänner dagegen hätten von
Anfang an ihre weiten Kriegsziqile betont — wie
sie diese jetzt verwirklichen. sei bekannt.
Der Redner schilderte sodann die Betätigung
Erzbergers als Sachwalter der Kaiserin Zitta.
behandelte setne Schuld am Bekanntwerden der
Denkschrift vom Erafen Czernin bei
den Feinden und wies nach. dak
die vinzige Friedensgeneigtheit.
die im Juni und Iuli 1917 bei den Eegnern
vorhanden gswesen sei. durch Erzberger
vereitelt wurde. (Zurufe: Schuftl), was
jetzt von den ..Times" zugestanden worden sei!
Jm Sommer 1917 sei Frankreich erschöpft und
England zur Berständigung bereit gewesen. aber
nach Erzbergers Arbeiten mit der Czerninschen
Denkschrift nach der Friedensresolution des Reichs-
tages. lehnte das englische Parlament mit
allen »egen 19 Stimmen eine Friedensreso-
lution ab. turz darauf bekannte fich England
zu den französischen Kriegszielen — und von da
ab war es mit den Friedensmöglichkeiten vorbeil
Mit grimmigem Spott geikelte Helffertch Erz-
bergors groke Worte über die Schuldfrage. be-
leuchtete das von ihm hervorgezerrte angebliche
feindliche Friedensangebot. das inzwischen so
kläglich abgeführt wurde. und fragte. wo denn die
groke Nede zu lesen sei. die Erzberger auf
Kosten des Neiches drucken lasssn wollte und die
in jedem Hause angeschlagen werden sollte!? Sie
sei nicht gedruckt worden und sei in keinem Haus
oder Hütte zu finden. Und warum nicht? Weil
die ganze Eeschichte purer Schwindel ist.
(Tosende Zustimmung.)
Ordnuvg, Arbeit und Vaterlandsliebe
könnten uns hinausführen aus dem heutigen
Elend. aber mit den drei Dingen sei es schlecht
bestellt. Den heutigen Männern spräche er gar
nicht den guten Willen ab. aber sie könnten nicht
aus ihrer Haut! Sie hätten noch nicht den Befä-
higungsnachweis erbracht. Die Demokratte
sei nun wieder in die Regierung eingetreten. sie
habe sich bei der Friedensunterzeichnung ..krank
gemeldet" und sei nun wieder gesundet! (Heiter-
keit und Beifall.) Bei teiner Negierung werde
mehr gesessen und geredet. als bei der unseren.
Er vermisse den Ernst der Sachlichkeit. aber das
sei nicht zu verwundern bei Leuten, die „regieren"
nur
vom Standpuukt der Futterkrippe
aus betrachten. wie sich auch jetzt wieder bei der
Umbildung des Kabinetts mit der Schaffuiig
zweier neuer Ministerstellen gezeigt habe. Par-
teipolitisch werde doch die Sozialdemokratie den
Ausschlag geben. Das beweise z. V. die Haltung'
der Demokraten beiin Betriebsrätegesetz. Seine
Abänderung sei erst eine der Bedingungen der
Demokraten für ihren Eintritt gewesen,
schlieklich haben sie aber doch nachgegeben und
seien schlieklich doch ins Kielwasser der So-
ziatdemokrateii eingeschwenkt. (Pfuiirufe: wie
immer!) Persönlich liege der Einfluk bei Erz-
berger. »nit dem sich nunmehr Helfferich noch-
mals eingehend befakte.
Erzberger habe zwar den Frieden selber nicht
nnterschrieben. vielleicht weil er gefürchtet habe.
dak seine Hand auch einmal verdorren werds.
Aber unsichtbar bleibe seine Unterschrift fllr alle
Zeiten unter dern Friedensdokument stehen. Un-
erhört sei. dak Erzberger in den Tagen höchster
nationaler Not den Spruch niederschreiben konnte:
„Erst schaff' Dein Sach'. dann trink und lach'"
Es sei wohl anzunehmen. dak Erzberger getrun-
ken habe, denn ein nüchterner Deutscher hätte so
etwas nicht geschrieben.
Noch einmal beleuchtete Helfferich im Zusam-
menhang mit der Valutafrage
<ktzberqers verhänqnisvolle üätiak'it
und qinq dann auf seinen Kampf geqen den der-
zeitigen ReichsfinLnzminister näher ein. Er habe
habe an den Reichspräsidenten zwei Eingaben
machen 'mllssen. bis ihm erklärt wurde, dak Straf-
verfahren gegen ihn sei eingeleitet. das war am
5. September. seitdem habe er nichts mehr ge-
hört. Erzberger habe sich erkundigt. ob er sich
beleidigt fllhlen müsse durch feine, Helfferichs,
Angriffe! Offenbar gehe Erzberger das Eefühl
für Beleidigtsein ab. Dafür habe Erzberger ihn,
den Redner. auf die Liste der Auszulie-
fernden setzen wollen (Pfuirufe), aber er gebe
nicht nach in diesem Kampfe. Deshalb habe er
sich auch durch die Erzbergersche Drohung nicht
einschüchtern lassen. (Stürmischer. andauernder
Veifall. Händeklatschen.) Die Drohung habe ihn
in dem Beschluk bestärkt:
Der Mann muk weg!
(Erneuter. stürmischer Beifall!)
Mtt warmen Worten. die zur Einigkeit und
zum Glauben an Deutschlands Zukunft aufforder-
ten. schlok der Redner mit einein srgreifenden
Glaubensbekenntiiis an Deutschlands Wiederge-
burt und Zukunst: „Es kommt die Zeit. wo wir
uiisere vaterländischen Lieder wieder mit Stolz
singen werden. die ..Wacht am Nhein" uiid
„Deutschland. Deutschland über alles!"
Es war begreiflich. dak es nach dieser Rede zu
begeisterten Kundgebungen kam. die sich in mi-
nutenlangen Zurufen und Händeklatschen äuker-
ten. Da eine Diskussion nicht angebracht war,
konnte nach kurzen Worten des Pfarrers Fuhr
(Bammental) und des Vorsitzenden. Exz. Neu-
ber. die Versammlung geschlossen werden. Die
erste Strophe des Liedes der Deutschen, von allen
stehend gesungen. bildete den würdigen Beschluk-
Es ist natürlich nicht möglich. im Nahmen die-
ses kurzen Berichtes alles zu erwähnen. was Helf-
ferich sagte oder auch nur anschlug. So waren z.
B. seine Ausfllhrungen über d'.e ewige Schraube
zwischen Lohnforderung und Preiserhöhung. über
Wirtschaft und Kapital oder über das Neichsnot-
opfer mehrere volkswirtschaftliche KollegS im
Kleinen. Sie wirkten durch die Flllle des Ma-
terials besonders stark, obröohl Helfferich kein
Nedner im eigentlichen Sinne ist. Aber die Art
des Vortrags. die kurze. fest abgehackte. aber wtv
Keulenschläge wirkende Sprechweise. die Eestalt
mit dem markanten Gesicht, die kurzen. eindrinq-
lichen Handbewegungen. wirken aukerordentlich
und vertiefen den Eindruck. ^datz Helfferich ein
ganzer Mann und — gefährlicher Eegner ist.
Ueber den Ausgang seines Kampfes gegen Erz-
berger wird man daher nicht im Unklaren sein.
Deutsches Reich
Die Wohnungsnot
Theorie und Praxis
Enre stündiae Rubrik der soüiakdemokratischen
Presso biüdet zur Zeit die Wohnunssnot. Zu den
Vorschläyen, wie man dieser nicht zu bestreitenden
Kala'nüität abhelfen könnte, achört bekcmntlich
auch die planmähise Aufteilung der besto-
hend'en ürohen Wohnungen. Nun kommt
es manchmal yor, dah die-Theorie in schroffsm Ee-
«ensatz stcht zur Praxis, wie der Fall dss sozial-
demolr. Landeswolhiiuiuis-Jiispektors Kampffmeyer
gezeiFt hat, dem auf der Tasung der badrschen
Hausbositzeroereine der Vorwurf gemacht wurde,
dah er, der Rufer im Streit, auher seinem geräu-
migen Wohichaus in ver GartensVadt Lei Rüppurr,
noch eine Villa im Bssitze habe, die er völlig leer-
stehen lieh. Ueibertroffen wird dirses Bei!>piel vdm
2vasserpredlgen und Weintrmkrn durch das Ver-
halten einiger sozi aldemok'ratischer
Mitglieder des preuhischen Wohl-
fah rt sm i n iste r i u m s. Wie iiämlich aus
Berlin gemeldet wird, verfüat d-r sozialdemokrkti-
sche Präsident der vreuhischen LandesoerscrmMluns
Le'inert im Ostflügcl des Herrenhauses iiber
eine Disnstwchiiung von sage und schreibe vier-
zig Näumen. Da Herr Leinert gleichzeitig cruch
als Oborbursermeister von Hannov-er eme entspre-
chende Dienstwoihnunq zur Verfü-guirg haben dürfte,
so würde er gewih selbst g>:aen eine Vernimderung
der ihm zuaemiosenen Berliner WÄHnung nichts
oinwcnden. Woiter bewohnt der Bürodireltor
Plate gleichsalls ini Heccenhaus eine Wohnuirg
von 14 Zimmern. Ebenso wohnt der frühere Büro-
direktor des Herrenhauses David noch in 14 Zim-
mern des Hanses. Dazu kommen dann 14 Zimmer
des Zentralrats. Weitere 10 Zimmer wer-
den von den Untecbsamten des Hauses bdwdhnt.
— Alio in Berlin, wo die Moh'M'lgsnot so grotz tsi.
datz emzelne Familien in e'mem Naum zusammen-
gepsercht loben müsso.i, bemohnt ein FiLhrer dec
Sozialdemokratle heute noch für ssch 40 Rümne.
Wie sagt doch Goechs: Theorien smd gowöhnliche
Uebereitungen eines ungeduldigen Verstandes, der
die Phänomena gern los sein möchte und an ihrer
Stelle deswegen 'Bilder, Begrifse, ia oft nur Worte
einschiobt.
Was heutzutage vorkommt
Ber einem Her>vn, der im Ein- und AusnÄr--
amt einer dsr unzähligen Reichsbehörden rn Bev-
lin ^me Mteilung v-srsieht, etschien vor kursqm
ei'i Schieber, der erklärte, er bitte um die Gr?
laubnis, aus Holland 10 Millionen ZiüL--
retten einfühven zu dürfen. Wenn ihm die Ev-
lauibnis orteilt werde, kommo es ihm auif 50 000
Mark ffir den die Srlaubnis örteilenlden Rasoren-
ton nicht an. Jn diosem Fallo kam dec Sdle an
!den Unrschten unid flog h'maus.
Aber glaubt iernanld, dak der Schiober hier!deir
ersten Versuch machte?
* Die Vergütunq der Postagenten. Die Abge-
crdneten der deutschsn Volksvartei Dr. Miktol-
maM, Beuermaim, Dr. Becker. Hepen. ^rau Elara
Meiide, Maretzkii und Dusche haben folgsnde An-
rrage an die Regierung gerichtet: ..Die dem P alt-
naenten Meil werdende VerMung steht seit
langer Zeit in keinem Verhältnis mehr zu ihren
latsächlichen Leistuiiqrn ui'.d zu der heutigen Teue-
rung. Ist die Reichsreaierung bereit oie Vergu-
timg der Postagenten alsbald angemessen
zu erhöhen?" _
F
.^KCCCCCCCCCCSS. v
.sslug zu schweigen Iiieist noch mehr. ch
^ Klug zu redeii ist oft schtver, K
^ Dt irza Sch afft (F. vr Bodenstedt).
Zonnenfinsternis
Roman vou Else Stieler-Marshall
Ooiivri^lit Oretlileinüico. o.m.b.tt. l.eiprig 1916
(6. Fortsetzung)
Ealt ihm dieser Bssuch? Das war der Peler
vom Mordhose, der brachte wobl seinen Bauern.
Lai'gmm kamen sie herauf.
.Sehet wchl". flüsterte der Bub. ..weitz ist der
Stuhl. worauf er sitzt. Wejtz ist Mes. was ihm
gehort.
Der Bauer, fchwerfällig steigend und schnaufend
wie ein Rotz, gab keins Antwort. Die schmalen,
Iwarien Au-gen unter den buschigen Brwuen lietzen
den Blick nicht von dem Mamie auf der/ Berge.
D.er Hund naihin die Kömmlinge zornrg crn, fuhr
ihnen mit wütendem Eebell entgvgen, orkannte set-
nen Freund Peiter und aller Zorn wandelte fich in
stllvmische Fvdude. Mit hchen Sprüngen begr-ützte
dae Tier den Bosuch, daim kam es. vor Vergniisen
den ganzen Körper drchenid und biegend, zu seiuem
Herrn zuoück.
Leere Höflichkeit gibts in den Bergen nicht.
..Fsts wcvhr, datz Fhr ein Wettermlacher setd?"
fragte der Bauer sogleich.
..Nennen Sie mich einen Wetterbetvachter". ent-
Segiiete ^Klinghart lächelnd. „dann werden Sie das
Richtige getrosfen haven."
Darauf schwieg der Vauer ein« Weile. Mit
^achdenklicher Mtene setzte cr sicb de,n frsmden
Manne gegenüber aufs Eeröll.
..Poter, ho,!e deinem Bcruern. denn das ist er
wchl. einm Stuhl aus dem Turme. daimit er seiin
SonntagsAeid schone". gebot Klinghart..
Aber der Bauer schüttelte mit -unveränderlich
«rnstihaifter Mieiie den Kopf.
»Das lak stin. Bub. Ich fitz lieber auf dem
Stein, der nie.nawd gchört mid wv es tein Schön-
keine K.'inplimente brauctzt. Ihr habt
ein seltsü'ii'es gebaut. Herr."
„Sletsam, doch schön, nicht wahr? Nahe am
Himmel. an Sonne und Steruen. Ueber mir kann
kein Menjch mchr wohnen und freiere Luft kaim
keiner atmen. Niomand Saim mir tn die Fenster
schen. Meinen Sie nicht, dak das beneidenswert
ist?"
...Wohl, wchl. Aber umständlich auch und halt
wmdig ein bissel."
Der Bauer versauk wieder in ein tiefes grü-
belndes Schweisen. Bub und Hund tostten mit-
einander iiber den Eipfelp-lcm.
Und Klinghart blies den zerflatternden Much
seinec Zigarre in die sonnenspiimen'de Lnft und
freute sich an dieser sondecbaren Unterhailtung Mtt
dem wortkargen Vergbauern.
..Morgen svüh will ich -auf meiner Wcvldwiese
mit GrasHchneiden anfanaeiibegann der auf ein-
mal listig. „Jch denke, es wird sust der rechte Tag
sein. Was meint Ihr dazu, Herr?
'Klinghart zuckte lächelnd die Achseln.
»Ich bin kein Bauer und unerfahren in svlcher
Arbeit."
»So latzt Euch sagen: wenn das Er>as aeschnitten
liegt, müsien der zweite und der dritte Da« ohne
Regen halten und viel Sonne bringen. dcvmit dfis
Heu cput cvustrockno. Krieat das Heu keinen Rogen-
fall, ist im Winter gut füttern ini Stall."
„So, so", antwortete Klinghart gleichmütig und
-beobachtete den Bauern, der nun ein rvenig in
Eifer geriet.
„Jhr tut euch nit leichr dcv heroben, Herr. Wo
Mein Bub mi,t den Geitzen steigt. ist aleich. Er
kann sie mit Packan drunten am letzten Mroson>fleck
lassen. Von dort ift kein schlimmer Wog mehr
hevauf, wenn er euch einmal eln pwar Kannen
Mtlch zuträgt, und wenn die Hühner -gut legen,
cine lTandel Eier eiumal. So ein hupstger Buv
ist bald herdben, gelt Peter?"
Peter hatte >länchst dis Ohrsn göspltzt.
„Sechs Lieder fing ich, so, hab ichs seschafst".
prahlte er.
„Weim Ihr einmal heruntersteigt, Herr, so geht
am Mordhof ntt vorüber. Die Welber werden euch
freundlich aufnehme:! und aern einen Heidelbeer
einschenken. SinL> wir halt Nachbarn elnmal. Müs-
sen mlr auch zuscrminenhalten."
Er bot die schwielige Hand und Klinghart legte
feine woitze Nechte hinein.
„Eut gebriil't, L'ciwe". erwiderte er erheitert.
„Bravo, lieber Herr Nachbar, ich nehme Ihre iFreund-
lichkeit mit herzlichem Dank an. Und mit dem
Heidelbser mahnen Sie mich eben recht. Fch bitte.
treten Sie iii mein Haus ein. ' Fch habe da auch
was Gebranntes, lassen Si" uns den neucn Freund-
schaftsbunb init einem kräftigen Schluck bssiegeln."
Dem Vauern wurde ganz Ichwindlig von so vie-
len Worten. Verstanden hcitte er daoon nur den
kräftigen Schluck und :n diesem Dinae war er kein
Unmensch.
So ging er mit dem H.'rrn in den Turm.
Nun mutztcn die dunklen Augen viel Wunder-
liches sehen. iKlinghart nahm den Dauern mit in
seiii Okservatorium hinauf und zeiste ihm die
Apparate. Stefan Soller bekam einen heilig oro-
tzen furchtsamen Nespekt in diöser Zauberstube und
was thm der Herr zu erklären versuchtc, davon ver-
stand er kein Wort.
Dann stiegen sie wieder zum TRohnraum. wo
eine Menge Bücher an den Wäaden stand und über-
all Bilber von liebli-.hen oder gen-a.ltigen Land-
schaften hingen.
Klinahart nahm die Kognatflnsche und zwei
Gläser aus dem Ofen. der im Sommer als Speise-
schvank dienen mutzte, di-r Bauer koistete, tat einen
tiefen Ateiiizug und wehrle sich nicht. als sein
Wirt ihm das Vlas nocli'nals bis zum Nande
füttle. Er schnalztö mit der Zunge.
„Ihr habt da einen schrrfen Tropfen, Herr."
„Es wcht morgens und abends ein vsrdamml
Lissiger 28ind hier oben. da bra'ucht der Mensch eine
kleine Herzerwärmung."
„O je", faate der Bauer. munterer als biccher,
,^o sprecht Ur im Junt. Wie wirds Euch werden,
wenn der Winter kommt?"
Lachend erwidörte Klinahart:
„Kast lvird mirs iverden. ASordhofer."
Und er setzte hinzu: „Sagen Sie. Mann, wie
komünt ?»hr Hof zu dem hätzlichen Namen, der
nach Fluch ddcr Schuld klingt?"
(Fortsetzung folgt).
Adelina Patti -j-
Mt Adelina Patti, wie wir kurz gemeldet
ben, die im Alter von 76 Jahre.i auf ib cm Srhlok
!Masy-Y-Nos inMalcs gestorben ist. ist eine dar leh-
tcn Königiniieii im Reiche des Bel Tatto dahln-
gegaugen, eiiie Meisterin, die übcr ein palbe^
Jahrhundert lang uud noch bis in die iüiigste Zeit
hine'm die Welt in den Bcmn eiiier- Ai ttst gezwun-
gen hat, der die klassische SchörrhÄtslinie des
italienischen >Gesangsstils in einer unverglechtt-
chea Formvollendung böchstes küirstlerisches
war. Man kommt^ihrer Mt wohl am i'>ächste.i,
wemr mcm ihve künstlerische Jndividualität dali-n
charwkterisievt, dak in ilirer Peffon d'« Rosine deü
Nossinischen .^B.irbiers" Fleisch und Bl:tt gnvsc-
deir war. Ueberhauvt vcrknüpst sich mit dom Na.
nren der Patti geradesu die Vorstellung d.r ide>.i>-
len Vollendung einer „Kunst des fchöiien S i ga>^,
die beut-e leövier immer sc'ltener gewovden ffr.
D^nn wcvr die Patti auch ausgesvlochcnermatzen
Koloratuchängerin. -so beanügte ste sich dcch n'cht
danrit, dem sleitzenden Zierrat des musikrlischm
Schmucks vm Sinsie dcr Kehlkopsoirtuosin die be-
stechendste Fassung ru gcben: sie wubte. dauk threr
mMalischen Kultur, Geist und Wesen der Musik.
die sio intevpretberte, zu sprühendom Leben ;u er-
weclen.
^ldela Juana Maria Patti batte am 10. Fe-
bruar 1843 rn Äknldrid das Llcht d-.tt M lt erblickt.
Um ein Haar wäre sie als cchtes und itt'chtes Tds-
"ierkind aus d.'n Vrettern. die für dbe Over idi>-
Mt bedöuten, i-m Dasein getieto,'. da .'bre Mtt-
ter, dre Sängerin Maria B.rrisl>. d e "i Z'0'tt>:c
Ehe den Bailttonisten Saloatore Palti. ^henat
lxttte. unmrttelbar, nachdcm sie aus der Oo.'r .u,
Haust gekoinmon war. vom d^m sr^d ^u O e^
n-s iMrvaffcht wur»e. Fbr .vstor Mistkunteri clst
kxn ibr dei Fn'vr.^aiio Maurice Strakoich. dcc