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Badische Post: Heidelberger Zeitung (gegr. 1858) u. Handelsblatt (61): Badische Post: Heidelberger Zeitung (gegr. 1858) u. Handelsblatt — 1919 (September bis Dezember)

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Nr. 228-254 (1. Oktober 1919 - 31. Oktober 1919)
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https://doi.org/10.11588/diglit.3728#0265
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SamsLag, den 18. Oktober 1919

Vadische post — Nr. 243

VeUage

Die Frage der westlichen
Randstaaten

A»ls Helfferichs Kriegsbuch*)

An der Frage der westlichen Nandstaatcn mustte
Deutjchland als unmittelbarer Angrenzer ein be-
sonderes Jnteresse nehinen. Die deutsche Politik
konte an der Tatsache des allgemrinen Zerfalls des
Russischen Neiches unmöglich achtlos vorübergehen;
auch solcho Politiker. deneu nichts ferner laa als
ein Eintreten für gcwaltsame Gebietscrwerbungen
u>.d die Angliederuna fvemdstämmlgcr Vevölke-
rungsteile an das Deutsche Neich. verschlossen sich
icht der Notwendigkeit. bei der Neugestaltung der
Verhältnisse in den unserer Ostgren.ze vorg-rlager-
ten Vebieten der Tatsache des Ausemandersallens
des Nussischen Neiches Nechnung zu tragen . . .
Auch die SoLialdemokvaten stellten sich bei aller
Kritik drr bei den Brester Verhandluugen ange-
wandten Methodcn und der iin Brcstcr Frledens-
oertrag vereinbarten Abmachungen über dic
Nandstaaten nicht auf den Standpunkt. dasi Deutsch-
land sich an der künftigen Eestaltuna der Nand-
Itüaten völlig hütte desinteressieren könncn.

Allerdings ist cs richtia. dasi die deutsche Poli-
tik sihon vor der russischen Nevolution nnd der
durch diese hcrbeiaefrührten Sprenaung des Nus-
sischen Neiches auf eme aktive Anteilnahme an der
künftiacn Gestaltuna der im Laufe des Krieaes
von unseren Truppen beschten westrussischen Nand«
gebiete aerichtet war. Aber abacjehen von Polen,
hinsichtlich desseu wir durch offizielle Alte und
durch Vereinbaruna m t unserem öslerreichisch-un-
aarischen Bundesaenosien festaeleat waren. hatte
die deutschc Pol'tik brs .rum Beainn dcr russischen
Revolution sich ihrer Veweaunasfreihelt nicht cnt-
äusiert: das ausiällaaaebcnde Momcnt war h er die
Auflösuna dcs Nussischeil Neiches. die uns die jchon
bisher von der deutschen Politik beabsichtiatc An-
teilnahme nn der künstiaen Gestaltuna dex Nand-
aebiete aerade.m als Notwendiakett auferleatc. Die
Fraae der Nandstaaten war. als wir in die
Brestvr Verhandlunaen eintraten. zn einem für uns
besonders wicht aen Teil. aber immerhin zu.einem
Teil des weit arösieren Problems acworden. wie
sich die deutsche Politik m verhalten habe .m d.'m
Auseinandersallen Rusilands. zu den Kräftcn und
Strömunaen. dic in dem Chaos des russischen Zu-
samni^nbruchs .mtaae traten. zu den neuen Eebil-
den. die sich auf den Trümm.crn des alten Russi-
schsn Reiches zu formcn beaannen.

Dte Lage war äusierst schwieria und verwickclt.
Nicht nur. dasi die Entwickluna der Dinae in Rusi-
land selbst undurchsichtia und unübersehbar war.
dasi die Nachrichten übec d'e tatsächl'chen Voraänae
und die Urteile über die weitere Gestaltuna be-
stimm'öilden Kräftc auseinanderainaen und stch in
den wichtiasten Punkten widecsprachcn. — auch un-
sere eiaenen Jnteressen «n den russischen Fraaen
waren vielaestaltia und schwer auf eme einheitlichc
Linie .m brinaen.

Das drinaende Gebot. das sich aus der Fort-
dyuer des Krieaes aeaen unsere westlichen Feinde
craab. war dft möalichst ausatebiae militüri-
sche Entlastuna im Osten und die möalichst
wirksame wirtschaftliche Hilfe aus dem Osten. Ein.'
über den Kriea hinausdenkcnde Politit musite aus
die künftiae Sicheruna unserer Ostarenzen und
aleich.zeitia auf ein politisch und wirtschaftlich autes
Verhältnis zu Nusiland oder den an seiner Stelle
entstehenden Eebilden Bedacht nehmen: in welcheni
Masie. darüber aingen die N1ein.ui'.aen allerdinas

-1 In den nachstcn Taaen erschcint von Helsfe-
richs Erinnerunasbuch .,D e r W e l t k r i e a" (Bcr-
lag Ullstein u. Komp.. Berlin) der d r i t tc B a nd:
..Vom Einareifen Ameri.kas bis WM Zusammim-
bruch". Wir drucken daraus mit Genehmiauna dss
Verlaaes aus dem Kapitel ..Eraebnis und Folacn
der östlichen Friedensschlüsse" einiae Stellen ab.
die die Frage der westlichen Randstaaten behandeln.
Eine Erinneruna an das erste kritische Stadium
drcser Frage ist in diesen Taqen. da da balt'sche
Wirrsal für uns wieder so schmerUtch aktuell ae-
worden ift. sicher am Vahe Schristleituna

erheblich auseinander: Die Anhänaer der ..östlichen
Orientieruna". die in einem starben. zu Deutschland
in fveundschaftlichen BeLiehunaen stehenden Rusi-
land für dke Zukunft ein notwendiacs- Eeaenae-
wicht acaen das Anaelsachsentum erblickten. standen
zu der Frage. ob wir,das Auseinanderfallen des
Nussischen Reiches und die innere Schwächuna Grosi-
rusilands beaünstiaen oder hemmen sollten. natur-
aemäsi anders als diejeniaen Politiker. die in dem
Wiedererstchen des russischen Kolosses die arösite
Gefahr für Deutschland crblickten und die Solida-
rität der westeuropäischen Kultur aeaenüber dem
halbasiatischen Nussentum hochhiel^en. Dazu kamen
die völkischen Verpflichtunaen. dre uns die Stam-
mesverwandtschaft dsr Deutschbalten auferleate.
Ausierdem hatte unsevr Politik in den russischen
Fraaen Nücksichten zu nehmen auf unsere Bundes-
aenossen. von dene,, vor alkem Oesterreich-Unaarn.
aber auch die Türkei ihre eiaeneq unmittelbaren
Jntercssen an der Lösuna des russischen Problcms
wahrnahmen. Schlicsilich wurden die Ostfraaen
überschattet von dem aanz ncuen Problenr des rus-
sischen Bolschewismus. der nach seinen eiaeiven
Kundaebunaen sich in seiner Auswirkuna nicht auf
Nusiland boschränken wollte. sondern die Nevolu-
tionieruna dcr Welt erstrebte.

Der Bmster Friede hat nichts weniaer als einc
endaültiae Lösuna dieser Probleme qebracht. Er
konnte sic nicht brinaen. weil für eine endaültiae
Losuna die Entwickluna der Dinae in Rusiland
selbst noch nicht reif war und weil die endaültiae
Lösuna der östlichen Fraaen nicht ausier Zusam-
nienhäna aestellt werden konnte mit der noch aus-
jtehenden Entjcheidunq nach Westen hin
und init der Geftaltunq unftres künftiaen Verhüll-
nisses Lu den übriqen Grosimächten^ Er konnte sie
aber auch nicht Lrillgcn. weil unsere Verhändler.
als sic in die Bresler Bcrhandlunqen hineinainqen.
manaels einer Einiauna jowohl Lwischen den masi-
aebenden Faktoren in Deutschland. als auch zuu-
schen den cinzelnen Teilhabern des Vierbundes ein
klarcs Pronramm überhaupt nicht mitbrachten. auch
nicht in dcn konkretön Punktcn. in denen cin sol-
ches cinheitliches Proaramm möalich und notwen-
dia aewescn wäre.

So schuf der Brester Fricds gerade in denjeni-
aen territor.'alen Fraaen. d'e Deutlchland am
nächsten anainaen. nur eineu unfcrtiaen
Ueberaanaszusta n d. Er beschrünkte sich auf
die Feststellunq. dasi die Gebiete westlich einer ae-
nauer beze-chnetcn Linie — es handelie sich um
Polen. Lltauen. Kurland und einen Teil von Liv-
land — der russijchen Staatshoheit nicht mehr
unterstehen und dasi diejen Gebiebsn aus der ehe-
maliaen Zuaehörialeit zu Nusiland keinerlei Ver-
pslichtunaen aeaenübcr Rusiland erwachsen sollten.
Polen. Üitauen und Kurland wurden aljo endaül-
tiq von Rusiland.aba-'trennt: aber über die künf-
t>ae Gestaltuna dicser Gebiete wurde im Frie-
densvertraa nur fcstaeseht. dasi sis durch die Mittel-
niächie im Bcnehmen mit der Bevölkeruna dteser
Geb etc bestimmt werden sollt'. Das ..Wie?" der
küi.ftiqen Gestaltunq ltesi der Friedrnsoertrag
osfen. Esthland und Livla,'2> wurden. im Gegensasi
zu Polen. L'tauen und Kilrland. nicht von dem
rujsischcn Staatsgebtst obaekrcnnt. Dtese Gsbiete
solltsn nur für cinen UeberaangSMstand von deut-
schcn Poli?,eltruppen besesit werden. M t dsr
Schaffung „eigcner Landesernrichtunaen" und der
Wiedcrherstellun.a der staatlichen Ordnung sollts
dicser UeberaangSLustand scin Ende finden. Wie
dis ..eiaenen Landesetnrichtunaen" gedacht waren,
vor allcln, wie jie stch ',u der rujsijchen Staatsaewalt
vcrhalten sollten. darüber enthielt der Friedens-
vertraq nichts. Iedensalls bl eb hinsichtlich Esth-
lands und L vlands dte russische Regieruna al^
Inhaberin der Staatshoheit übsr jene Gebtete be-
rechi'qt. bei dsr künftiqsn Gestaltunq miwlspre-
chei:. während das Recht Deutschlands auf elne
Mitw'rkunq bei dieser Gestaltung nicht vorqefthen
war: allerd'.nqs musite in -'iiiem künftiaen Zeit-
punkt eine Verständiaunq zwischen Nusiland und
Deutschland darüber nöl-q wsrd:n. ob die Voraus-
sesiunqen der Räuniuna Lsthlands »md Livlands
von dcr deutjchen ..Poli-,eim.acht" qsaeben scten.

Dcr Brejter Bertraq schuf also für die uns be-
nachbarten Nandarbiete nur einen Rahmen. ber

vorläufig noch des Bildes entbehrte. Die Politik
der Mtttelmächte und insbesondere Deutschlands
hatte es rn der Hand, wann und mie sie diesen
Rahmen ausfüllen wollte: sie hatte durchaus die
Möglichkeit. sich dabei der weitevcn Gestaltunq der
Dinae in Nusiland und der weiteren Entwicklung
-es Krieges anzupasien.

Betriebsräte und Prehsreiheit

Der „Schwäbische Kurier" macht auf die
grosie Gefahr .auifmerksam, die der im allteini,
Obrigkeitsstaat entstandencn und von ihm hochge-
halteiren Presifrc>theit im freien Volksstaat er-
wächst duich dws Geseh über die Bctrrebsräte. M«u
das Gojed durch Kompromisie in der Natmnalver-
saininlung auch noch so gswandclt werden, dah es
vüm Entwurf in diesem oder jeneim Puirkt a!b-
weicht — schwerlich rbird dre geradsöu unmögliche
Doppelnatur'des Bctriebsüats beseitigt werdoitz,
dic darin Kvgt, dah cr gegen den Avbeitgciber
ei.'feittge Arbeiterintercssen, mit dem Arbertge-
bsr geineinsame Betriebsinteüessen vertreten son.
Dcni» das sii»d zwei völli,g u n v e r e i,»ü ar e
Aufgaben! Hinzu kommt die unzureichende
välkswirtscha-ftkiche Vorbildung der Vetriobsräto,
die unklars Umgrenzung ihrer Befugnisse, der
gänzlrch ungewügende Schusi des Eoschäftsgeheim,
i'issös, ferner das verfehlte Wichlvecht und die !e-
derzoitigs Absosibarkcit der VetrieLsratsmiteUeder,
dte es unmöglich machen, dasi Sachkunde. Betrisbs-
intßresie und Verantwortlichkeitsgefühl in de-
neuen Einvichtung vi?rherrfchend und »nasigcbenv
'verden — kurzum, alles Umstände, die den «ller-
schävssten Einsovuch gegcn das Gesetz her-auö'ford'rn.

Badeirkt mair nuw, das; dis Ze'.tungen, die! w're
jeder andero Betriob dtesen Gofahren ausgsftvr
werdon, n'rcht nur vrivato Gchchäitsunternohmen,
sondorn der Allgcmeinhcit gsgenüber und in er-
st(ir Liuie öffeutliche Unternehmen stnd. dann
ergibt sich hiervus d»e in ihrer Bodeutung siir dav
gchamte öffentliche Leben garnicht ernst grnug e.n-
zuschäsiende Gesahrv geuade für die deutfthe Presie.
?Dus ga-n.^ Bcsirftbsrätcsystem »nusi. wenn cs fol"
gec'chtig durchgefllbrt würde, »nit innerer N^twen-
d'gkeit ru -eiwer Zensur durch die Räte fllh-
rcir, wie sich an krasien Bsisvielen in Mannhe'lnr,
in Elberfeld und in Leipzig be^eits zeigte. »vo da>
technischr Person-al von Zeitungen aui dei.en re-
daktionelle Habtung oiMn bostimmen'dcn Einfluh
auszuüben versuchte durch Gowaltmittel. d'ce -aus
dem verworren-en und krankhaften „Rckoolutrons-
rccht" herooraawach-en sind uwd nun in anderor
Form^rom Reich eine Sairktionieuunig erhalten sol-
len. Cs bodarf keiner bosondercn Hervor-Hebung
nichr, wie schbr das Goschäftsgesioimnis duich das
geplante Gesesi gcfährdet ist/es ist eber n-achdrück-
lich zu betonen, dasi die gleich grosie Gefahr
dcm R ed a k t i o n s g e h e iin n i s droht, durch
dejsen Antasten der Pr.sic/ die Erfüllung ihrec vo>
liisichen Aufgahcn einsach unmöglich gemacht
wird.

Es scheint wiüklich so, als sei sich die Gelamthert
gurnicht klar übcc die uirgcheueril'F-on Fqlgen, die
das Betriobsrätcgeftsi in -seiner Wirkung g.rade
-aui dick Acituug-bstricbe — nicht weni-gcr übrigrns
anch -auf Buchverl-age und Zeitschci.ften! —° füe uir-
ftr nranuigfach verästeltes Kultur- u,ch Ee'ste.lle-
ben habe»» nrusi. Es wird zu einor llniforml s-
rung mit bestimmter Tendeuz. lisitc'r
Endes -auch hicr zu oiner Her:> schaft der
Mäss-o führen und d!e völlige volitische
E n t n» ü nd i g u ng und geistige Verar-
i» ung »»>ach sich zichen. Wer sich desien bewuht !st

— und sachlichä Prüfung wie Eindtingen bis zmn
Kern der Fragon müsio»» da>zu führen! — dev
wird nicht im Zeichen von Schlagworton die po-
litischc,» Rochte der Arbeiter in eincr Woisc erwoi-
tc-n und durch Eeseh „verankevn" wollen, d'.e
lschlivUich dem Volksganzen, abso auch dem Arbei-
1er, den >allerschwersten Schaden zufügt.

Um das BeLriebsrätegesetz

Zu den Vormürfen. die der d e m o k r a t i j ch e n
Partei hinsichtlich ihrer Nachgiebiakeit aegen-
über der Sozialdemokratie in der Frage des Be-
triebsräteaeseh werden. üusiert sich jesit die demo-
kratische Presie, offensichtlich aespeist von der partei-
offiziösen dein. Korrespondenz. dasi die besagtei»
Ausstreuuilaen frei erfunden sind. Davon haben
sich auch berufene Vertreter demokratischer Arbeit-
gicber und Arbeitnehmer in vertraulichen Ausspra-
chen mit der Fraktion in de»» lesiten Tagen über-
zeugt. Einmütia wurde bei dieseir Besprochungen
festaestellt. dasi die Verhandlunaen im Ausschusi
der Nationalversammluna und zwischeu den Par-
teien zurzeit noch schweben und dasi dsslialb'
vorzeitige Veröffentlichunaen über Einzelheiteu
unzweckmäsiig wären.

Wir nehmen Hiervon Akt. »»nd es hätte nicht erst
der Anrempelung des „Heidelberüer Tageblatt" bc-
durft, um »lns dazu zu veranlasien. Das demokra-
tische Organ spricht dabei von dem ..unstnnigen
Sprüchletn". das; sich die Demokratie „im Schlcpp-
kau der Sozialdemokratie" befindc». Das „H. Tabl."
ist sehr unvorsichtia und sollte lieber still sein. sonst
könnten wir ihm mit sehr peinlicher» Bewetsen
dienen. Warum richtet es denn nicht auch seine,
Vsrinahnungen gegen die Zentrumsparla-
mentskorrespondenz, die dem Unwillen
ihvsr Parteifreunde über die Schwierigkeiten in
den Vcrhandlnngen über das Betriebsrätegeset; in
einem Angriff gegen die Demokraten Luft macht. dis
das Zentrum nicht aenüg^nd« rplterstützen und. wft
die Korrefpondenz saat. den dikalen Forde-
rungen der Sozialdsinokraten geqenüber fort-
gesesit weniger Festigkeit an den'Tag
legen.

Wie nun? Das sagen doch die Freunde und Ge-
nossen aus demselben Kabinett. also Leubs. die es
wisien müsiten. denn sie sisien mit den Deuwkratcn
zusaminen. Im übrigen werden wir ja die ..N ü ck-
g r a t fest i g k e i t" der Demokraten sehen.

Die Ha»»delskarnmer Konstanz

hat folgende Entschliesiung an masigeben^e Stellen
gerichtet:

„Die Handelskainlner Konstanz sieht mit ern -
ster Besoranis der Einführung des Betriebs-
rätegesesies entgeaen. Sie erblickt tn dftser Masi-
nahme eincn ausisrordentlich gewaaten u»^> aefähr-

lichen Nersuch, der geeiqnet ift. den Arbeitsfrtcden
" ^ " if-

für die Dauer zu untergraben und den Wtederauf
bau unserer Wirtschaft ungeheuer zu erschweren.
wenn n'icht gänzlich zu verhindern. Ein drinqendes
Bedürfnis sür die Einführung dsr Betriebsrätc
vermaa sie nicht a n z ue r t e n n e n. Iin In-
teresie unssres aesainten WirtschaftsleLens. na-
mentlich auch iin Hinblick auf die Wiedererlanguna
der Wettb.'wsrbsfähiakeit unserer Industrie mit'
den ausländischen Unternehmungcn wiire zu be-
grüsien. »venn noch in lehter Stunde von der Eiiu-'
führung des Geset;es Abstand qenommen würde.
Ist dies aber nicht der Fall. so mus; unbedinat ae-,
fordert werden. dasi zur Ermöalichung einer wei-
t-eren nusibringenden grosiaewerbltchen Betätiaunqi
den ernsten Bedenken und Antragen der wirtschaft-
lichen Intercsienvertretunaen in »veitaehendsteiir
Masie Rechnuna aetragen wird."

3 Milliarden Defizit in Oesterreich

Die deutjch-österreichische Natioilalversammlung
wurde am Mittwoch eryffnet. Unter den Gesetzes-
vorschlägen befand sich der vom Staatssekretär für
Finanzen Schumpeter verfasite Staatshaus-
halt sür das Ncchnunqsjahr 1910—20, in dem als
Gesamtausgaben 8411 Milltonen Kr.. als Gesmnt-
einnahmsn 3444 Millionen Kronen vorqcfthen sind.
also e'n Defizit von 4997 Millronen Kr. vsrbletbt.

^ Wir sind UNI so freicr, je mchr lvir der
H Veriiunft geinösi handeln, und um so mehr ge« A
kucchtet, je mchr tvir uns von den Leivenschaften -H-
« rcgiercn lasseu. Lcibniz a-




Lonnenfinsternis

Noman von Etse Stieler-Marihall
-op) iiLÜt bv OretbleinüiLo. O.m.b.bl. b.eip2iL 19!6
(16. Fvrtsesiung)

Znm erstsn Mäle sa>l, Klinghart dem Abrrglau
ben, der nahezu sagenhait seine Persan umwebte,
ganz qerade ins Gesicht. 'Denn der Kernbausr war
ein Ncann, der ernst genonuncn werdcnc musite. Der
Lcopold mit ftinein drolligsu Hochzeitswunsch...
das »var ia dcvch auf beiden Seiten ein Scherz ge-
weftn. Ktinhart hatte es nie ernders aufgesM.
Nun sreitich m»»site ec nachträglich davan zweiseln.
Und w.änchsrlei ihm bishsr unvcrständlichr Brmer-
kunaen der Bauern, mit denen er zusammengetroft
ftn wac, wurdsa ihm heute -orst ln w»u»derlicher
Weift gcdeutet.

Hrrc Varstehec", rief er halch lachsnd, halb
Sie

entsetst, „sind Sie des Tenfels. Mann? Was ist
das sür ein Eefascl? Verzeihsn Sie. <rber wft soll
ich cs anders nennen? Sie meinen doch nicht im
Ernst, dqsi ich das Wetter boeinflusien könnt'-r?"

Mchael Kcrn brummte: woihl, wohl... und'-
.schon aut... und wollte nicht recht mit der Sprache
heraus. Als aber Klinghart wiedechollt und ecnst-
lich in ihn drans, lmeinte er cndlich:

„Herr, Ihr wollt es nit »vahr haben, aber wir
Bausrn l-asien uns Äoch nit dumm machen. Wir

wolleu euch nil ärgern, Herr. in cucrem Tun. Laf-
:echt

st-t es gut und recht sein. Blisibt uns nur freund-
lich gesinilt!"

Er beeilte sich mit dein Abschie>d und wanderte
zu Tale. in lebhaftem 'Gedantenspjel. So ist er
also einer, dsr Atann. vom Hochschorn, das; er nit
scrn goinahnt wird >an gute Dat. Einer nach dem
Cp^u'chs: lasi deine lin.be Hand nicht wissen, was
deine rechte tut. Und all seme Wisienschaft und
hohs Kunst hätt er lieber im Gohetmen. dasi nit

cin joder dacum wüiste, inan kann das »o aut ver-
stehen.

Und als der Kernbausr in das Dorf und an
der „Tanne" oorbei kanr. kehrte er ein -au.f etnen
k.einen Trunk nach dem Weg. Es war just ums
Dämmern und am Samstaa dazll. dann sitzen die
Schorngrunder vielfach ein Slündch?» b/nm Holz-
opfel in -der Wirtchaft und besprechen die Gejchey-
nisse der oergangenen Woche.

AUchael traf Geftllschaft ui»d wurde ausaefragt
nach seme-m Weg uud wbs cr den droben aefunden
habe. Er aber tat acheimnisvo.N.

„Das ist ciner, ihc.Männer! Der verstecht »nehr
als Brotejsen... und ist ein gcnndguter Ehrtsb
dazu."

Diz »nerstei» stiinmicn ihm lebhaft bei. Aöer da
war der Schneider Kaspar Scholz. tter nicht recht
wi-e -etn Mann aussah. jo mindig dünn und fein u.
k.en war er, und so weisi im C-esicht und rosc^a-uf
den Wangen und -o piephoch krähte seine Stimme.
Der meints und sp'tste dte Lippen pfiffig:

„Das lesitere. Norsteher, hat >man nioch nit er-
scvhren. !In der Kirchs hat den noch keiner gesehen."

Da nickte der Mühlenauszügler Atechler, der
woitaus der Aolteste im ganzen Schornlands war
und viel in seinem langen Leben. desien Jahre nte-
mand geimu »vusite. gvfthen h'atte:

„Necht hat der Schneider. Das Mettermachen ist
nimmer cin christlich Handwerk."

Kbi'Ngharls Esdanken vcrinochten in do»» Tägen
die dem Beiuche Michaels sol'gten. nicht recht stck
zu den Wolken aufzuschwinge-n Sie l>afteten doch
eimnivl »vieder an der Erde, wo der seltsame Aber-
glaul>en der Bauern ste festhftlt. Iinmer wieder
kchn chm das seierliche Wesen dcs braven Ee»nein-
devarstchers in don Sinn, der ihin fast wft einem
Heiliaeu oder Ueberirdischen gegenüber setreten
war. Und zwischen Heiterheit und Aerger muhte
er stets aufs neus dieftm Wettermacherunstun nach-
denben, den die Gebirglcr in der Dunkelkammer
ihrer Eeister ausgebrütet hatten, Und weil das
Ding stch in leiner Meise an ihm hing uM ihm
nachging, die ihn gu stören bosann.
beschlosi er, nun ftinerseits i h n: nachzugohen und
es womöglich aus der Welt zu schaffen.

Er bies; setn-en lieb.n B,erg und suchft die Tälee

der Aftnschheit. Vo,i Hof zn Hof stieq er zum
Schorngrund hinab. Und wo. er einsprach. fand er
das gleiche. Ein Willkom'.nen in Ehrfurcht... und
auf seine Frag-s na-ch dem Abcrglau-lim ung-.'rade
Antwort. Ueberall d-as ihm nun schon genugftm
bekannte lnnggüdehnte: wohl, »vohl... und cin
scheucs Lächelu. ein heiMliches BAnzeln.

»Ich beobachte das Wetftr. aber ich kann es
nicht tegnen oder stürmen lassen naich meiner Wahl

und Lust", prediate cr. »vohin er lain. Und ste
.»: «Wie Ihr wollt, Herr. Wir -wlsjen

nickten dazu
-schan..

Dem lustigen Lachbach »md ftknen flinken silber-
alihernden Wellcn gemächlich folgl-'md, zoa Klina-
hart im Grunde ein. Das obsrste Haus »m Tale
war düs Atechlermühft. Hier sas; der steiualte Bal-
thasar im Sonnenschciil auf der Hausbank. der
Wairderer bot »ftn Grusi »md um ihn z»m» Plau-
dern zu bringen, begann er den Taa ?.»» pveisen, der
-freünvlich und heitcr über der Erde -blaüte.

Aber dex Grcis ftb »hn >aus tiefversunkenen
trüben Augen »nisitrauisch a.n.

„Seid I'hr der Eottseibeiuns vom Hochscharn?"
fvaate er mit ejncr Stimmls, dercn Klanq verrostet
und gesprungen war, dasi cr kaum etivas iMenschli-
ches mchr bes-asi.

«Auf de-m Hochschorn steht wein Haus..." ant-
»vortete Klinshart „jedoch weisi ich »ncht, Grasiva-
ftr, warum Sie mich mit so selt!a»nem Naiincn be-
denken —

„Habt Ihr den Tag so schön gemacht, weil Ihr
ichn gmr so rühmt?" fnhr dpr Uralte bissia und
mürrisch ftrt. «Zteht Eurr Strasie »veiter, ich wtll
nichts von Euch. Hebe dich ufta von Mfk, Satanl"

iKlinghart lachte.

„Sie stnd ein sehr liebenswrüdiger alter Herr.
Meistek Mlller", sagte er belustigt. „Doch bin ich
nicht ganz ft holftn Nanges. als Siis ala»»ben. Jch
btn m»r ein Stevblicher, leider..

Valchasar Mechler hob mit zitternder Hand
seinen Stock »>nd schlug dnmit ein Kre»»z in die
Lust.

„Hebe dich weg von »nir, Satan", wiederholte
er drtriglich

Kltnghart sehte kopfschiittelnd ftineil Wea fort.

n:liebstes Willkaminen lm Dorft

Dus umr ein allerliei. .

Die Häuser dränaten sich nun enger aneiniander und

bildcten eine Strasie. i>» deren Mitte der Bach be-
h-aglich von einer Steinschwelle ?.ur anderen sprang.

Hier >aber wuvdc dem Man:». der von den Ber-
gen herabstieg, besierer Grusi,. als ihm der MUft
lenalte gegönnt hatft.

Mcc ihn durch das Fenster hatte kominen sehen.
trat eilig aus der Tüve. unr ihn freundlich anzu-
lächeln und thn» Grüs; Gott zu sagen. Die Schuft
war aus »ind die Kindec fülltrn das Dorf mit
frohem Geschrei und buntem Gewtmmel. Als es
-aber unter ihnen l-aut wurkft, da>; der Mciterma-
cher die Strasie dähertäiine. da war cs. ais wenu
irgl'ndwo ein Kaiser einzieht. Sie drängton herzu,
sie stiesien einander, wcil jedes zunächsb- -an den
Wundern'ann h 'ran»vollie... und dann wichen
die Vardersten doch wieder scheu vor allzu unbe-
scheidencr lllähe zuriick. _

Klinghart fre»»te sich des reichlichen und rot-
wanaig-en Nachwuchses iin Schornarund. er rief den
Kindern scherze-nde Fragen nach Schule nnd Spiel
zu. dip Kecksftn von ihnen gaben laute. vergniiste
Antwort.

Als er nun woitierschreiten .voilte. hiolt ihn ein.»
hette feine Kinderstimmc anf, die zwitschernd über
ein-M grünen Zaun lkana: „Herr W^terinachor.
lieber Herr Wettermacher..

Und über den Nasen knm »>n ftuerroten Kit-
telchen die kleine Aaathc aesprnngen. Er trat an
die Hecks heran, dre den Garten umhegt-'. darin die
Kleine, von.den anderen Ktndern '.cschieden, wie
cin fremdländisch seltener Vog.'l ge-ftnsen rvar.
Sie ho,b sich -aüf die Spihen ihrer nuckten FMe, »»„,
über den Zaun himve-g dii> Hand zu reichen.

„Du hast mich gesund aemacht". ftgte sie .aitkll'g,
darum mus; ich dich sehr lieb habeu".

Es klamg liebltch und es tat dem vereinftmien
Manne im Grunds seines Herzens wohl. dasi d-r
ein lkeines armes Aftnsch.'nkind oiif Erdcn w-»r.
das ihn lbob hahM »vollte. Er bückke stch und gob-
dsm Äkädchen einen herzhaftei'. Knsi anf oie Stin,.
die schon ganz -braun vom vftlcii »2011-iieikt.mvcit
war. Die vielen Schulki'ider. die sich uei'ü.erig
dvängslnd am Zaun aufasstellt hatlln, lachb.n.
ftut vor Bergnügen. a-ls sft das fthen.

. (Fortsetzung folgtl
 
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