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Das Buch für alle: illustrierte Blätter zur Unterhaltung und Belehrung für die Familie und Jedermann — 20.1885

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Heft 18
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https://doi.org/10.11588/diglit.61341#0403
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Mit starrem Blick

dem

Prinz Albert von Snchscn-Altenburg und seine Brant Prinzessin Marie von Preuszcn, verw. Prinzessin
Heinrich der Niederlande. Nach Photographien gezeichnet von C. Kolb. (S.415)

stotterte der Lohndiener.
„Schon gut. Wir verstehen uns. Ob ich Ihnen
morgen glauben, oder ob ich Sie als einen Mitschul-
digen des Professors betrachten werde, soll ganz von
Ihrem heutigen Benehmen abhängen. Ich werde Sie
scharf beobachten. Wird der Professor gewarnt, wagen
Sie es, auch nur einen verdächtigen Blick mit ihm

gehören also zur
Eompagnieschaft des Herrn Professor Mondberger?"
„Herr —" wollte der Lohndiener stottern, aber Herr
v. Welseck ließ ihn gar nicht zu Worte kommen.
„Still, Erdmann! Was Cie mir zu sagen haben,
werde ich später Horen," sagte er. „Merken Sie sich,
daß ich hier der Herr v. Wels eck" — er betonte die

oder dem sogenannten Herrn Baron v. Severin zu
wechseln, dann wehe Ihnen! Ihr Kerbholz ist voll!"
Der Herr v. Welseck hatte im leisesten Flüstertöne
gesprochen, während er sich langsam eine Tasse Thee
nahm und mit vieler Umständlichkeit zuerst ein Stück
Zucker, dann etwas Sahne hinzuthat, dann Probirte,
noch ein Stück Zucker nahm, wieder probirte und end-
lich zweimal aus der Rumflasche einige Tropfen in den
Thee goß, jetzt war er mit der Mischung fertig und
durch einen Blick bedeutete er dem Lohndiener, daß
er weiter gehen solle. Herr v. Welseck trat darauf
wieder zu dem Major.
Während die beiden Herren v. Welseck mit dem
Major etwas entfernt von der übrigen Gesellschaft
angelegentlich sich unterhielten, wurden sie recht auf-
merksam und Prüfend sowohl von den Herren als von
den Damen beobachtet. Daß überhaupt zwei Fremde
in den bisher so streng abgeschlossenen Kreis cingeführt
wurden, mußte auffallen, noch mehr aber fiel es ans,
daß der Major sie nicht einmal dem Herrn General-
lieutenant v. Willhausen Excellenz, dem vornehmsten
Herrn der Gesellschaft, vorstellte. Excellenz suhlte
sich hiedurch unangenehm berührt. Obgleich der bär-

letzte Silbe - „der Herr v. Wel s e ck bin. Verrathen Sic
den: Herrn Professor Mondberger oder irgend einem
anderen Menschen, daß Sie mich kennen, dann werde
ich näher nachforschen, in welcher Weise Sie mit dem
Herrn Professor verbunden sind. Zeigen Sic sich ver-
schwiegen und gehorsam, dann will ich versuchen zu
vergessen, daß ich Sie hier gesehen habe! Nehmen
Sie sich in Acht, Erdmann! Einem tüchtigen Vigi-
lanten verzeihe ich viel, wenn er mir aber meine
Führte kreuzt — dann! — Sie kennen mich, ich lasse
nicht mit mir scherzen. Wenn Sie eine»! guten Rath
annehmen wollen, dann überlassen Sie den Herrn Pro-
fessor Mondberger seinem Schicksal. Sie können ihn
doch nicht mehr retten, er ist ein verlorener Mann,
der Alle mit sich zieht, die etwa versuchen möchten,
ihn zu warnen oder ihm zu helfen. Für Sie dürfte
es am Vortheilhaftesten sein, wenn Sie morgen frei-
willig zu mir kommen und mir die Meldung machen,
daß Sie, um Ihre Pflicht als Vigilant zu erfüllen,
sich mit dem Professor nur zu dein Zwecke eingelassen
haben, um ihn der Kriminalpolizei als Betrüger zu
übergeben."
„So ist es auch, ich schwöre eS Ihnen „ Herr —"

jedenfalls mit
Er hatte das Wort noch kaum ausgesprochen, als
der Professor, begleitet von dem Baron Severin, in den
Salon trat. Die Generalin erhob sich, um ihm ent-
gegen zu gehen, in demselben Augenblick aber ging auch
der Major, begleitet von den beiden Herren v. Welseck,
auf den Professor zu, und ehe noch die Generalin ein

beißige alte Soldat die Vorstellung
fremder Herren gar nicht liebte,
wenn seine Frau dabei war, ver-
droß ihn doch der Mangel an ihm
bewiesener Rücksicht; er äußerte
dies auch gegen den neben ihm
sitzenden Major v. Bergroth und
gegen die Frau Generalin v. Olsten,
welche ihn: zustimmte und ihm
offen erklärte, sie begreife nicht,
wie ihre Schwägerin dazu gekom-
men sei, zwei wildfremde Menschen
gerade am heutigen Abend in einen
Kreis einzusühren, der nothwendig
geschlossen bleiben müsse, da durch
die spiritistischen Offenbarungen
die innigsten Familienbeziehungen
der Mitglieder betroffen würden.
Wenn Excellenz damit einverstan-
den sei, wolle sie mit dem Professor
sprechen, vielleicht sei es am besten,
wenn dieser sich weigere, in Gegen-
wart der Fremden die Wunder des
Geisterreichs heraufzubeschwören.
Excellenz war um so mehr ein-
verstanden, weil seine Frau es
nicht war. „Es ist am besten,
wir gehen heute resultatlos aus-
einander," sagte er grimmig, sei-
ner kleinen Frau einen wüthenden
Blick zuwerfend. „Sprechen Sie
Professor, gnädigste Frau!"

Ms hölM'ttt Kcgitmen.
R-o in a n
von
Adolph Streckfuß.
(Fortschuna.)
eltsam! Mir hat meine Schwägerin nichts
von dieser Einladung gesagt," erwiederte
die Generalin, durch die Antwort Wel-
seck's unangenehm überrascht, nicht ohne
Mißtrauen; aber sie durfte doch ein solches
nicht offen zeigen und mußte sich entschließen, ein höf-
liches Wort der Begrüßung auszusprechen.
Noch eine andere, sehr untergeordnete Person wurde
durch das unerwartete Erscheinen des Herrn Moritz
v. Welseck im Salon recht unangenehm überrascht.
Es war dies der fremde Lohndiener, der heute eben-
falls zur Bedienung der Gesellschaft engagirt und eben
im Begriff war, Thee zu präsentircn, als die Herren
v. Welseck in den Salon traten,
schaute er Herrn Moritz v. Welseck
an, sein Gesicht wurde leichenblaß
und seine Hände zitterten so sehr,
daß die Tassen auf.dem Präsen-
tirbrett, welches er trug, klirrten.
„Was fehlt Ihnen? Sie zittern
ja so stark, daß die Tassen über-
laufen! Sind Sie krank?" fragte
der Hauptmann v. Born ver-
wundert.
Der unglückliche Lohndiener
stotterte eine undeutliche, unzu-
sammenhängende Antwort, sein
Auge war gebannt durch das des
Herrn v. Welseck, und als dieser
ihm jetzt durch eine kaum merk-
liche Bewegung des Kopses winkte,
ließ er den erstaunten Hauptmann,
der eben eine Tasse Thee, aber
noch keinen Zucker genommen hatte,
stehen, um sofort gehorsam dem
Winke zu folgen.
Der Herr v. Welseck war ein
wenig von den Herren, mit denen
er gesprochen hatte, zurückgetreten.
„Geben Sie mir eine Tasse
Thee," befahl er; dann aber,
als der Lohndiener ihm den Thee
Präsentirte, sagte er im leisesten
Flüstertöne: „Sie finde ich auch
hier, Erdmann? Das ist ja eine
recht angenehme Entdeckung! Sie
 
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