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Westfalen,

die Mark.

ir dürfen, um nicht zu weit
auszuholen, hier nur kurz-
weg bemerken, wie die Be-
völkerung unter dem neuen
Regimente den angestamm-
ten Gewohnheiten, Rechten,
selbst dem anfangs verpönten Gildenwesen und
den alten Beschäftigungen insofern nachlebte,
als es mit der Christenreligion und mit dem
neuen Staats- und Kriegsleben in Einklang zu
bringen war. Allgemach lichten sich die Wälder
und vergrössern sich die Ackerländereien mit
der Zahl der Bebauer. Der Name der Bructerer
behauptet sich nur noch eine Zeit lang bei den
südlichen Lippeanwohnern, um wie schon früher
dem Namen der Sachsen, so jetzt mehr und
mehr der allgemeinen Benennung Westfalen zu
weichen. Diese kam schon im letzten Franken-
kampfe den Westsachsen zu, griff von hier all-
mälig östlich auf die Engern diesseits und jen-
seits der Weser über, und bezeichnete endlich
gegen Altsachsen, Friesen und Franken jenen
grossen Landstrich Norddeutschlands, dessen Be-
wohner eine nähere Stammverwandtschaft im
Blute, in der Sprache, in der Sitte und im Rechte
einte. Das Herzogtum Sachsen umfasste und
verband noch im alten Jahrtausend politisch
wieder die Westfalen mit den nordöstlichem
Sachsen, und der Herzog war nächst dem Könige
der gemeinsame Mittelpunkt des ganzen Gebietes.

Durchgreifender und dauerhafter, wreil nach
volkstümlichen Grenzen entworfen, gestalten sich
(782) die kleineren Verwaltungsbezirke, die Land-
schaften, Gaue und Untergaue, die Grafen unter-
stellt und daher allmälig Grafschaften genannt
wurden. Die Grafen und Untergrafen sind nun
königliche Beamte, und sofern nicht Exemtionen
eintreten, die Richter und Heerführer für ihre

Bezirke. Zum Jahre 899 regiert in unserm Ge-
biete namentlich über Methler und Aplerbeck
der Graf Adalbert, 966 in der Gegend von Essen
Hoold, 1090 erscheint ein Graf Meinric in ,Buk-
heim1 unter westfälischen Zeugen, — und unter
diesen Herren waren vielleicht Ahnen der Grafen
von Cappenberg; denn diese besitzen hier später
bedeutende Güter.

Der heutige Kreis Hamm bildete ungefähr
mit der Mark den grossen Gau der Bructerer,
später, als Erbschaften die Westgrenzen ver-
wischten, einen Theil des noch grösseren West-
falengaues, der beinahe das ganze Sigambem-
gebiet wieder einbegriff, und wol von Anfang an
die Westhälfte einer Untergrafschaft, die sich
später im Märkischen Lande als Freigrafschaft
zwischen Ruhr und Lippe markirt. Wie viele
Bezirke auch den Gau der Bructerer oder nach
seiner Verbindung mit andern den Gau der West-
falen ausmachten, sie kamen alsbald durch Erb-
gang sämmtlich an das Haus der Grafen von
Werl, die auf der Scheide der Engern und
Bructerer gleichsam vorbedeutend für ihre Herr-
schaft nach Osten und Westen ihren Sitz auf-
geschlagen hatten. Ein umfangreicher Boden-
besitz, viele Lehen und der Antheil an der Grün-
dung mehrerer Kirchen verkündeten noch lange
hin den Einfluss und die Macht, die sie im
Kreisgebiete ausgeübt hatten; das so geeinte
Land zersplitterten schon seit dem 11. Jahr-
hunderte Privilegien für bestimmte Oertlich-
keiten, Schenkungen an die Kölner Kirche, welche
diese dann an kleinere Herren vergab, und end-
lich wieder die Erbtheiluugen: auch im Nord-
gebiete der Mark, selbst iii unserm Kreise,
tauchen Machthaber mit grossem oder kleinern
Gerechtsamen auf, die Herren von Rüdenberg,
deren Hauptherrschaft gleichwol ferner lag, auf

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