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LÜNERN.

Strebepfeiler und die beiden Westgewölbe, wovon
jedocb das östliche später umgestaltet ward.
Alle diese Bautheile erscheinen als Erweiterun-
gen eines altroinanisclien Baues, der eine gerade
Holzdecke, als Scheide wischen
Chor und Langhaus den erwähn-
ten Quergurt jedoch mit Kund-
bogenschluss hatte, dessen obere
Schenkel eher in spät- als früh-
gothischer Zeit ihre spitzbogige
Neigung erhielten. Als altroma-
nische Keste erkennt man noch
das solide untere Mauerwerk aus
Büdericher Sandstein, die bei-
den Pilaster des Gurtes mit ein-
fachen Sockelschrägen und Käm-
pfern von Platte und Schmiege,
eine vermauerte Kundbogenthür
der Südseite, deren gleichfalls
vermauertes Seitenstück im Nor-
den spitzbogig also später um-
geformt erscheint, ein vermauer-
tes Fenster in der Südwand des
alten Chores, dessen Gegenstück
in der Nordwand bis zur neue-
sten Restauration sich klein und
rundbogig erhalten hatte. Eng-
räumigkeit, quadratische Form,
der westlich anliegende Quergurt
charakterisiren das östliche Ge-
wölbefeld ganz deutlich als den einstmaligen
Chor, mögen ihn auch Um- und Anbauten heute
noch so unkenntlich machen. In spätgothisclier
Bauzeit, die jedenfalls der erwähnten Altar Stiftung
nicht ferne liegt, wurde ihm mittelst Mauerüber-
höhung und Kragsteinen, dem Ostjoche des Lang-
hauses mittelst unregelmässig aus der Wand ent-
springender Gurten je ein Kreuzgewölbe verliehen,
dem Chore im Süden die viereckige Sakristei
gleichfalls mit einem Kreuzgewölbe angesetzt, je-
des Gewölbe aber im Geiste dieser Zeit mit so
hochbusigen Kappen ausgeführt, dass der Schlus-
stein in der Sakristei fast hängt. Namentlich
musste damals die östliche, wahrscheinlich gerade
Chorwand weichen, als ein fünfseitiger aus dem
Achteck construirter Chorschluss beliebt wurde,
dem bei geringer Höhe geschickt angenehme
Verhältnisse abgewonnen, dreitheilige Fenster mit

Fischblasenmaaswerk, schlanke Wandsäulchen
mit Capitälen von Knollenblättern verliehen sind,
so dass diese späte Frucht der Gotliik einen
sehr zierlichen Eindruck macht. Hie Rundbogen-
thür, welche den im We-

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sten der Sakristei gelege-
nen Gang mit dem alten
Chor verbindet, ist neuer;
seit 1873 hat man im
Norden des letzteren einen
von einer Orgel-Empore
durchzogenen, darunter und
darüber eigens beleuchteten
Flügel mit polygoner Aus-
sentreppe in den strengem
Formen der Gotliik und in
der Höhe des anstossenden
Langhauses nach den Plä-
nen des Baurathes Hart-
mann angesetzt, feinere
Gliederungen, wie die ni-
schenförmigen Sedilien
der südlichen Chorwand
wieder zu Ehren gebracht
und dem Ganzen seine Wir-
kung wiedergegeben. Der
viereckige, bis 1844 unten
eingewölbteWestthurm zeigt
über dem rundbogigen Ein-
gang im Westen das Wap-
pen Cleve-Mark, einen spitzbogigen Helm und
iii der Wetterfahne dessen Baujahr 1726.

An der Chorwand fand sich eine farbige
Darstellung des Herrn im Garten Gethsemane,
nach den Berichten ohne Kunstwerth.

Der früher benutzte Taufstein hat die
romanische Form eines Cylinders mit einfacher
Base und Platte, doch über jener einen Reifen,
unter dieser ein spitziges Reifchen und eine
rundliche Kehle.

Ein einfacher Wandschrank in der Nord-
wand zeigt die übliche Eintheilung, gefällige go-
thische Stilformen und unter dem Anstriche
eine geschmackvolle Polychromie.

An den Sitzen des Chores sind von den
alten Chorstühlen wieder Tafeln mit gothischen
Panneelen zu Ehren gekommen.

An Glasmalereien bewahren noch zwei
 
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