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KIRCHLICHE DENKMÄLER.

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vom Ostflügel des Kreuzganges, der doch gerade
auf den Nonnenchor zu berechnen war, sich
noch mit runden wie mit spitzen Bögen öffnet,
also die Einflüsse des romanischen Stiles noch
nicht so verwunden hat, wie die Obermauern
des Westbaues. Thüren führten eine in den
nördlichen, eine durch die Ostwand in den
südlichen Kreuzarm, eine jetzt vermauerte der
nördlichen Langwand in das östlichste Qua-
drat des Langhauses, eine in der südlichen
Langwand zum Nonnenchor.

Im Norden des Chores und zugleich auf den
Kreuzarm gestützt liegt die viereckige Sakri-
stei bedeckt von einem Kreuzgewölbe mit ab-
gefassten Hippen, beleuchtet von einem zweithei-
ligen Fenster mit flachen Kehlen an dem Mittel-
stabe und den Gewänden, im Mauerwerk ab-
gedeckt mit einem wolprofilirten Kranzgesimse.
Es ist, wie das eine grosse Chorfenster, eine An-
lage spätgothischer Zeit und anscheinend an Stelle
einer romanischen, die hier gleichzeitig mit dem
Chore vorgesehen war ; wenigstens haften noch
am Kreuzarme und Chore zwei unregelmässige,
anscheinend verstümmelte Mauervorsprünge, die
wol nur als Reste derselben zu deuten sein
möchten.

Im Aeussern bietet die Kirche ausser der
grünlichen Farbe ihres Materials nur mit ihrer
Umgebung eine malerische und linienreiche Sil-
houette; denn die ungleiche, freilich von dem
Mauerwerk angewiesene Dachhöhe im Osten und
Westen bildet eine harte Linie, und das höhere
Dachwerk des Langhauses wirkt um so unfreund-
licher, als der fast auf seine Ostecke gesetzte
Dachreiter geradezu ungelenk erscheint. Derselbe
entstammt auch nicht mehr dem Jahre 1686,
als Mauermeister Meinhard Milner von Dort-
mund den mit dem mittelsten Gurt schadhaft
gewordenen Mittelthurm gegen einen Lohn von
100 Rthlrn., zwei Tonnen Biers und freier Tafel
für seine Person durch einen Neubau ersetzte,
sondern einer dürftigen Restauration des Jahres
1747, wo am 4. Juni ein Gewitter den alten
Thurm beschädigt hatte.

Stilistisch ist der Kirchenbau insofern höchst
interessant, als er von Osten nach Westen fort-
schreitend mehr und mehr dein alten Mauer-
werke und Plane entsagt, dem neuen Stile sich

hingibt und gen Westen immer schlanker, höher,
lichtvoller d. i. gothischer wird. Dass der Bau
mit dem Chore 1280 begann, darf als sicher
gelten, dass er mit dem ersten Quadrate des
Langhauses 1262 abgeschlossen war, beweist
die nun erfolgte Beisetzung des Stifters vor dem
Kreuzaltare ,der neuen Basilika1. Die Grund-
mauern des Westbaues scheinen noch im 13.
Jahrhundert gelegt zu sein; die jüngern Ober-
theile reichen in der Vollendung wol noch ziem-
lich weit in den Anfang des 14. Jahrhunderts.
Ihm werden die Bullen und Ablassbriefe zu
Gunsten des Kirchenbaues aus den Jahren 1288,
1294 und 1323 gegolten haben, und jene vom
Jahre 1371 scheinen für andere Bautheile, die
entweder nicht mehr bestehen oder, wie die Wöl-
bung des Nonnenchores, nicht zur Ausführung
kamen, ausgeschrieben zu sein.

Polychromie hob, wie die blossgelegten Ca-
pitäle des Chores zeigen, die Wirkung der feinem
Bauglieder, Wandmalereien bedeckten einzelne
Wandflächen; doch hat man davon durch die
Tünche nur mehr Reste, wie am Chore Maria,
Engel und Heilige, ini südlichen Kreuzarme die
Gestalt eines Bischofs wahrgenommen.

Von altern Sculpturen verdient das erste
Augenmerk das Marienbild oben im Giebel der
Chorwand. Dort gewahren wir unter einem
Baldachin über einer mit Blätterkranz umzo-
genen Base in rötlilichem Sandstein ziemlich
gerundet ausgeführt das stehende Bild der Gottes-
mutter, welche Christus mit der Dornenkrone
hält, ihr zu Häupten zwei schwebende Engel,
der eine Weihrauch spendend, der andere sie
krönend, und ihr zu Füssen zwei knieende Fi-
guren mit gefalteten Händen, und zwar rechts
eine Frauengestalt, links einen Mann mit der
Wandertasche und zurückgeschlagenem Hute.
Das Bild erinnert wahrscheinlich an jenes mira-
kulöse, welches Menrich zum Besten der neuen
Klosterstiftung herumführte und dann in seiner
Clause aufstellte; ihn verbildlicht daher wol die
Mannsgestalt, dagegen die Frauengestalt die
erste Aebtissin Richardis oder jene, welche den
Chorbau ausführte. Auf das 13. Jahrhundert
deutet unzweifelhaft schon die scharfe Wellen-
linie am Gewandsaume des Hauptbildes.

Von der zweiten Aebtissin Aledis von We-

i.

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