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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1891

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Heft 11/12
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Semper, Hans: Ueber Monumentalbrunnen und Fontainen, [4]: stilgeschichtlicher Ueberblick bis zum Ende des 18. Jahrhunderts
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https://doi.org/10.11588/diglit.7907#0074

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Fontaine (Bad der Diana) im Schloßgarten von La Granja bei S. Ildcfonso.

Silhouette gesteigert werden, wie denn eine Wiederholung der
Bkotive in verschiedenen Bkaßstäben ein ^auptwirkungsmittel
aller Architektur und Dekoration ist. Eine reizende Fontaine
mit doppelten: Eantharusrnotiv sahen wir im pof des Palazzo
Gondi, vom s3. Jahrhundert, in einigen Fontainen des
Tribolo in der Villa Eastello bei Florenz u. f. f. Beson-
ders stellt sich eine solche mehrfache Wiederholung des
Bassins bei den terrassenförmigen Fontainen als fast
nothwendig heraus, da die Höhe sonst zu sehr hinter der
Breite Zurückbleiben würde und die obere Abflachung schwer
ausgeglichen werden könnte.

Line Buttelstufe zwischen dem Lantharustypus
und der Terassen- Fontaine sehen wir in der Fontaine
von Perugia, wo das obere Bassin breit über dem unteren
lagert und dicht über dessen Randhöhe ansetzt, jedoch nicht
von unten aufgemauert ist, sondern auf einem den Brauer-
kranz ersetzenden Säulenkranz, (der aber nur mit seinen
Kapitalen sichtbar wird) ruht und überdieß noch von
einen: schlanken Tantharus überragt ist. Der Terafien-
fontaine verwandt ist der treppenartige, künstliche Wasser-
fall, die sogenannte Eascade, die aber nur als Theil
eines größeren Ganzen, bei teraffenförmigen Garten-
anlagen als verbindende Wasserkunst zwischen höher und
tiefer liegenden Teichen, Springbrunnen rc. zur Geltung
kommt. Ihre Anfänge sahen wir bereits im pompe-
janischen Hause, wahrscheinlich kan: sie sogar schon auf
den hängenden Gärten zu Babylon vor.

Selbstverständlich werden sowohl die cantharus-
oder (bei mehrfacher Wiederholung des Bkotivs) tafel-
aufsatz-artigen Fontainen, wie auch die Terassen-
fontainen, die sich mehr einer urwüchsigen Archi-
tekturform nähern, in vielen Fällen auch für bloß her-
abfallende, nicht senkrecht emporsteigende Wasserstrahlen
verwendet, besonders da, wo Figuren die Bekrönung bilden,
welche sich durch ihre Bsiotive nicht immer eignen, den
Wasserstrahl emporzusenden. Auch solche Fontainen lassen
reizende Lösungen zu, wie die Bacchusfontaine in Prato,
sowie die Teufelsfontaine auf den: Platz der h. Annun-

ziata zu Florenz zeigen. — Ebenso ist noch hervorzuheben,
daß die Eantharusfontainen häufig ihr Wasser nicht über
den Rand der Schalen, sondern durch rhythmisch vertheilte
Abgußröhren abfließen lassen, wie z. B. die Foillaine des
Bernini vor Palazzo Borghese zu Rom.

Eine Hauptaufgabe der Figuren, welche zur weiteren
plastischen Belebung der Fontaine:: verwendet werden, soll
es sein, ihrerseits ebenfalls Wasserstrahlen nach allen Richtun-
gen zu senden, um so das Linienfpiel und das schäumende
Spritzen und plätschern der Fontaine möglichst zu steigern.
Die Bekrönung der Fontainen durch Eolossal-
statuen, welche besonders durch die florentinischen Bild-
hauer der zweiten Hälfte des f6. Jahrhunderts, sowie die
von ihnen abhängige belgische Schule immer nrehr aufkam,
führte Letztere öfter dazu, an Stelle des italienischen Ean-
tharusaufbaus gewißermaßen wieder das Brunnenrohr des
germanischen Dorfbrunnens zu setzen, indem sie jedoch dasselbe
zu einen: architektonisch gegliederten Sockelunter-
bau für die obere Statue umgestaltete, an welchen daun
die oberen Becken nur noch seitlich augefügt werde:: konn-
ten, während die weitere plastische Verzierung dafür sorgen
nmßte, den beeinträchtigten Fontainencharakter noch so gut
als möglich wiederherzustellen und zu betonen. Dieß war
um so nothwendiger, je mehr der Hauptfigur eine geistige
Bedeutung beigelegt wurde, welche mit der Idee einer
Fontaine nichts zu thnn hat. Wir sahen, wie der belgischen
Schule eine glückliche Lösung dieser schwierigen Aufgabe
noch durchwegs gelang, wogegen an den Denkmalbrunnen
unserer Zeit wie z. B. an der Gutenbergfontaine zu Frank-
furt a/lU., wo sogar die melften Nebenfiguren eine der
Fontaine völlig frenrde Bedeutung haben, das Denkmal
den Fontainencharakter vollständig überwucherte und ver-
dunkelte.

Die einzigen, wirklich organischen Fontainentypen blei-
ben innner die Eantharus- oder Ta fe l aufsatz form,
sowie die Terassenform, obwohl örtliche Bedingungen,
so besonders die Aufstellung einer Fontaine in einer aus-
schließlich architektonischen Umgebung, auch einen sockel-
 
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