Bd. VII.
Blätter für Gemäldekunde
Seite 3
Preisbildung,*) alles was den Gemäl-
dehandel betrifft wird in volkswirt-
schaftlichem Sinn von Bedeutung
und läßt uns wieder neue Verbin-
dungsfäden erkennen, die zu einer
scheinbar fern liegenden Wissenschaft
deutlichst hinüber leiten.
Die geschichtliche Beurteilung,
die eine wissenschaftlich begründete
Meinung darüber abgibt, wann und
wo ein Bild entstanden ist und wer es
gemalt hat, verlangt enge Fühlung
mit den historischen Wissen-
schaften, mit der Urkundenlehre,
Palaeographie, Epigraphik, Chrono-
logie und der auf diesen ruhenden
Geschichtschreibung überhaupt, in un-
serem Falle also enge Fühlung mit
der wissenschaftlichen Geschichte
der Malerei.
Die kunstphilosophischeKritik
führt wieder auf die weiten Gebiete
der Ästhetik. Da sich die Ästhetik
im Sinn einer der Schönheitslehre
als sehr gebrechlich und willkürlich
verschiebbar erwiesen hat,**) machte
ich den Vorschlag, statt der Schönheit
den künstlerischen Wert zu kritisieren
und dadurch verstandesmäßig fest-
zustellen, ob ein Kunstwerk, in un-
serem Fall ein Gemälde, gut, mehr
oder weniger mittelmäßig, schlecht
*) Meine Einleitung zum Jahrbuch der Bilder-
preise (Wien,. F, Malota) konnte Raummangels
wegen nicht vollständig abgedruckt werden. Bei
Gelegenheit biete ich die nötigen Ergänzungen* Zu-
nächst sei auf den einschlägigen Abschnitt in
meinem Handbuch der Gemäldekunde verwiesen*
**) In dieser Beziehung erlaube ich mir den Hin-
weis auf meine Arbeit „Zur Kunstphilsophie“,
die vor etwa einem Jahre bei G* Müller in Mün-
chen erschienen ist*
ist, verglichen mit Vorhergehendem
und verglichen mit Gleichzeitigem.
Die Mathematik und Geometrie,
Optik und Physiologie des Auges
werden heranzuziehen sein für die
Beurteilung von Linie, Form und
Farbe. Die Kritik wird nun auf den
künstlerischen Wert achten und nicht
lange bei dem subjektiven gefühls-
mäßigen Wohlgefallen, oder Miß-
behagen verweilen. So gelangt man
Zu Werten, die nicht gefühlsmäßig
erraten werden, sondern verstandes-
gemäß nachzuweisen sind.
Wir konnten also aus den angedeu-
teten Zusammenhängen entnehmen,
daß die Gemäldekunde zwar gewiß
in’s Unendliche hinausreicht, wie jede
Wissenschaft, daß aber von ihr deut-
liche kräftige Verbindungsstränge des
Wissens hinführen zu Philosophie,
Erkenntnistheorie, zu Psychologie,
Zur allgemeinen Kunstphilosophie, zu
allen Naturwissenschaften, zu den
mathematischen Fächern, zu den hi-
storischen Disziplinen und zur Volks-
wirtschaftslehre.
Dies sei einmal festgestellt, um end-
lich von der intuitiven, gedankenlosen
Art der Gemäldebeurteilung loszu-
kommen, die so viele Anhänger zählt,
aber das Gegenteil von Wissenschaft
bedeutet. Die Gemäldekunde ist kein
Tummelplatz haltloser Einfälle und
Meinungsäußerungen, sondern eine
Wissenschaft, die in ihrer Art ebenso
viel Gedankenarbeit erfordert, wie
irgend eine andere Wissenschaft.
Der Herausgeber.
Blätter für Gemäldekunde
Seite 3
Preisbildung,*) alles was den Gemäl-
dehandel betrifft wird in volkswirt-
schaftlichem Sinn von Bedeutung
und läßt uns wieder neue Verbin-
dungsfäden erkennen, die zu einer
scheinbar fern liegenden Wissenschaft
deutlichst hinüber leiten.
Die geschichtliche Beurteilung,
die eine wissenschaftlich begründete
Meinung darüber abgibt, wann und
wo ein Bild entstanden ist und wer es
gemalt hat, verlangt enge Fühlung
mit den historischen Wissen-
schaften, mit der Urkundenlehre,
Palaeographie, Epigraphik, Chrono-
logie und der auf diesen ruhenden
Geschichtschreibung überhaupt, in un-
serem Falle also enge Fühlung mit
der wissenschaftlichen Geschichte
der Malerei.
Die kunstphilosophischeKritik
führt wieder auf die weiten Gebiete
der Ästhetik. Da sich die Ästhetik
im Sinn einer der Schönheitslehre
als sehr gebrechlich und willkürlich
verschiebbar erwiesen hat,**) machte
ich den Vorschlag, statt der Schönheit
den künstlerischen Wert zu kritisieren
und dadurch verstandesmäßig fest-
zustellen, ob ein Kunstwerk, in un-
serem Fall ein Gemälde, gut, mehr
oder weniger mittelmäßig, schlecht
*) Meine Einleitung zum Jahrbuch der Bilder-
preise (Wien,. F, Malota) konnte Raummangels
wegen nicht vollständig abgedruckt werden. Bei
Gelegenheit biete ich die nötigen Ergänzungen* Zu-
nächst sei auf den einschlägigen Abschnitt in
meinem Handbuch der Gemäldekunde verwiesen*
**) In dieser Beziehung erlaube ich mir den Hin-
weis auf meine Arbeit „Zur Kunstphilsophie“,
die vor etwa einem Jahre bei G* Müller in Mün-
chen erschienen ist*
ist, verglichen mit Vorhergehendem
und verglichen mit Gleichzeitigem.
Die Mathematik und Geometrie,
Optik und Physiologie des Auges
werden heranzuziehen sein für die
Beurteilung von Linie, Form und
Farbe. Die Kritik wird nun auf den
künstlerischen Wert achten und nicht
lange bei dem subjektiven gefühls-
mäßigen Wohlgefallen, oder Miß-
behagen verweilen. So gelangt man
Zu Werten, die nicht gefühlsmäßig
erraten werden, sondern verstandes-
gemäß nachzuweisen sind.
Wir konnten also aus den angedeu-
teten Zusammenhängen entnehmen,
daß die Gemäldekunde zwar gewiß
in’s Unendliche hinausreicht, wie jede
Wissenschaft, daß aber von ihr deut-
liche kräftige Verbindungsstränge des
Wissens hinführen zu Philosophie,
Erkenntnistheorie, zu Psychologie,
Zur allgemeinen Kunstphilosophie, zu
allen Naturwissenschaften, zu den
mathematischen Fächern, zu den hi-
storischen Disziplinen und zur Volks-
wirtschaftslehre.
Dies sei einmal festgestellt, um end-
lich von der intuitiven, gedankenlosen
Art der Gemäldebeurteilung loszu-
kommen, die so viele Anhänger zählt,
aber das Gegenteil von Wissenschaft
bedeutet. Die Gemäldekunde ist kein
Tummelplatz haltloser Einfälle und
Meinungsäußerungen, sondern eine
Wissenschaft, die in ihrer Art ebenso
viel Gedankenarbeit erfordert, wie
irgend eine andere Wissenschaft.
Der Herausgeber.