Overview
Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Frimmel, Theodor von [Editor]
Blätter für Gemäldekunde — 7.1911/​1912

Citation link:
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/bl_gemaeldekunde1911_1912/0097

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Bd. VII.

Blätter für Gemäldekunde

Seite 85

Ein sehr gutes Bild ist Crayers „Der
heilige Carlo Borromeo spendet den Pest-
kranken in Mailand die Kommunion“.
Auch der signierte van Thulden „Per-
seus befreit Andromeda“ aus dem Jahre
1646, ein Bild, das den Rubens im Berliner
Museum in Erinnerung ruft, verdient Be-
achtung, desgleichen zwei schöne, signierte
und datierte Baumstudien von Jacob
R u i s d a e 1 und von Johann Looten.
Ein „C- P- F-“ signierter hübscher
P oelenburg fällt durch seine verhält-
nismäßige Größe (Holz, hoch 52, breit
84 cm) auf. Es ist eine weite arkadische
Landschaft, die von den in ziemlich großem
Maßstabe gegebenen Nymphen der Diana
belebt wird. Nach Art der Manieristen
sind die Körper in verschiedenartigem
Fleischtone gemalt. Die Behandlung des
Details, namentlich der Pflanzen im Vor-
dergründe, ist miniaturartig fein, der
Farbenauftrag dünnflüssig.
Als ein Hauptstück des Museums preist
der Katalog auf zwei Seiten einen 1907
erworbenen Lukas von Leyden, der
als das bedeutendste Werk des großen
Holländers hingestellt wird. Trägt doch
das Bild eine verschnörkelte Signatur, die
man L V C A. V. L. lesen mag und
außerdem noch an einer andern Stelle
ein L! Aber die langatmigen Ausführungen
können nicht darüber hinwegtäuschen, daß
dieses traurige Machwerk nicht von Ley-
den’s Hand herrühren kann. Es ist eine
unbeholfene Kopie einer mehrfach vor-
kommenden Komposition, die Dürersche
Motive aus der Passion nachzuahmen
sucht. Das beste Exemplar dieser Darstel-
lung ist wohl das von dem Sammet-
Brüeghel ausgeführte Bild in den Uffizien.
Dasselbe trägt die Signatur: A. D. inventor
1505. Breughel fec. 1604. Eine weitere
Kopie, auf der gleichfalls ein L zu sehen ist,
befindet sich, wie der Nancyer Katalog an-
gibt, in Genf. Ich selbst sah eine ähnliche
Darstellung im Stil des 18. Jahrhunderts
vor einigen Jahren im venezianischen
Kunsthandel. Auf den Bildern sind die
verschiedenen Phasen der Kreuzigung von
der Kreuzschleppung bis zum Streit um

den Rock Christi übereinander, aber ohne
bestimmte Folge, aufgebaut, dazwischen
erscheinen Motive aus andern Darstellun-
gen z. B. aus dem bethlehemitischen
Kindermord. Die Sitzfigur links erinnert
an Dürers Hiob in Frankfurt, soll aber
hier den verspotteten Christus darstellen.
Für die Beurteilung aller dieser Kopien
ist es nun wichtig, daß es einen, wie es
scheint, wenig bekannten, guten Groß-
Foliostich nach dieser Komposition von
Jakob Matham1) gibt, dem auch das Nan-
cyer Bild seine Entstehung verdanken
dürfte. Vergleicht man den Stich mit dem
angeblichen Leyden, so tritt die Roheit
der Ausführung klar zutage. Dabei ist
die Färbung unruhig und langweilig, ein
brauner Ton vorherrschend. Die grünlichen
Schatten im Inkarnat scheinen mir deut-
lich auf die Zeit des Manierismus hinzu-
weisen, die solche retrospektiven Nach-
ahmungen, um nicht zu sagen Fälschun-
gen, liebte.
Unter den Deutschen sind mehrere
wertvolle Stücke. Ein besonderes Studium
verdienten insbesondere 4 Bilder aus den
ersten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts,
die offenbar von derselben Hand sind.
Auf allen 4 ist ein Malteserkreuz ange-
bracht, das auf ihre Herkunft aus einer
Kapelle der Johanniter hinweist. Zwei der
Bilder, die „Enthauptung des Johannes“
und das „Ecce homo“ (Vergl. die Abbil-
dung) tragen die Signatur W. S. und die
Jahreszahl 1515 und I52I.2) Das dritte,
erst vor 4 Jahren erworbene, mit der
Darstellung „Christus erscheint der Mag-
dalena“, ist 1523 datiert, das vierte, eine
„Grablegung“, stammt aus dem Jahre 1536.
Alle 4 Bilder sind ungefähr gleich groß
(85 bezw. 86 hoch und zwischen 55 und
>) Der Stich gibt die Komposition im verkehrten
Sinne wieder. In der Mitte ein Täfelchen mit
Dürers Monogramm. Daneben links die Jahreszahl
1505, rechts: „Jac. Matham sculp.“ Ferner:
„Albertus Durerus figuravit — Cum Priuil. Sac.
Caes. M.“ und „Joan Goyuaerts excudit“.
2) Über den Meister dieser Werke, der auch ein
Hieronymusbild gemalt hat, schrieb Frimmel in
den Blättern für Gemäldekunde Band I (1905)
S. 89.
 
Annotationen