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Böttiger, Carl August; Sillig, Julius [Editor]
C. A. Böttiger's kleine Schriften archäologischen und antiquarischen Inhalts (Band 3) — Dresden, Leipzig, 1838

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https://doi.org/10.11588/diglit.5486#0064

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als die vielgegliederte Rede der Finger, welche schon das Alicr-
(lmni die geschwätzigen nennt? 0, auch die Ärmspraehe ist in
jeder Senkung und Hebung ihres Organs hedeulsani und jedem
recht darauf gelichteten Auge vernehmlich I Mag auch die Augen-
sprache noch beredter sein, die Sprache der Armhewegung arlicu-
lirt, unterscheidet begreiflicher. Mag sie, wie in dein bekannten
kleinen Stück von Eicbholz, ihr komm her, oder ihr gehe!
sprechen, Beifall oder Mil'sfallen bezeigen, da ist kein Mifsver-
stäudnifs möglich. Welcher Schmerz durchzuckt den schmachten-
den Schäfer, wenn Chloe ihren Arm zurückzieht! Dieser einzige
Moment spricht mehr als ein Dutzend Briefe. Und was bietet der
schone Arm der Phantasie für einen weiten Spielraum. Ein schö-
ner Arm ist in . der Natur nie ohne einen schönen Fufs, Sehen
wir hier in Dresden in unserem Mengsiscben Museum die unbe-
schreiblich anmuthige Florcntinische Venus, die das Gewand über
die Hüften heraufzieht. Wer fragt wohl noch, wenn er den zau-
berisch gehobenen, die Haarlocken ordnenden Arm befrachtet, ob
die hier verhüllten Füfse von den Musterformen der Medicäerin
im Geringsten unterschieden sein können1?

Was thalcn nun die Frauen des classischcn Alterthiims, die
in häuslicher Beschränkung sich nur selten öffentlich zeigten, dar-
um aber doch allen Versehönerungsküiislen nicht abhold waren,
und was lluin unsere Frauen, deren Pandora die Mode ist, um
den so wesentlichen Bestandteil der weiblichen Schönheit, welche
auch ein berühmter neuer lateinischer Dichter in Herzählung der
dreifsig Schönheilen eines weiblichen Körpers nicht vergessen hat,
den nicht blos schön geformten, sondern auch seelenvollen
Arm in aller Fülle seiner Reize darzustellen'? Treten wir zuerst
in die alte Welt, die neue kommt uns selbst auf Stegen und We-
gen entgegen. Was (hat die Athenerin, um in den Augen der
Beschauer bei Processionen, in den Tempeln und öffentlichen Fe-
sten, wo Frauen geschmückt erscheinen durften, sich gellend zu
machen? denn nur wenige unter ihnen gingen wohl in ihrem sitt-
lichen Zartgefühl so weit, wie jene berühmte Theano, die Toch-
ter oder Gattin des Pvlhagoras, die einem lauten Bewunderer'ih-
res schönen Armes, welchen zufällig das zurückgeschlagene Ge-
wand enthüllt halle, als er entzückt ausrief: „welch ein schöner
Arm!" diesen sogleich verhüllend, erwiederte: „Schön mag er
sein, aber nicht für's Volk *)!" Im Allgemeinen mag hier zuerst

KaXo; o iri)Xu>'» fy/Mgio;. So erzählt es Anna Com-

nena, Alexiad. VIII. p. 162. Iloeschel. Da dabei steht toü xvj^so;
«yUjUvwSfvro;, s0 mufs er vorher verhüllt gewesen sein.- Dieselbe
Anekdote berichtet auch der Kirchenvater Thcodoretns. Ther. XII.
T. IV. p. 1033. Ed. Schulze, aber unbestimmter, S. .1. C. Wolfs
„Mnl. Graec. fragmenta prosaica p. 242."
 
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