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Böttiger, Carl August; Sillig, Julius [Editor]
C. A. Böttiger's kleine Schriften archäologischen und antiquarischen Inhalts (Band 3) — Dresden, Leipzig, 1838

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https://doi.org/10.11588/diglit.5486#0065

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erinnert weiden, dafs das eiufadi oder zwiefach gegiifiete ünler-
gcWäiid der griechischen und itricli wohl der römischen Frauen —
wiewohl hier Manches abweicht — im echten aUdorischeh Ge-
brauch*) blos über beiden Schullern mit einer Schnalle zusamincu-
gefafst, späterhin dann mit Edelsteinen verziert, auch wohl zur
Spange, Agraffe erhoben werden konnte. Redeckte nun diese
Thnica auch die Anne und wie war diese Bedeckung ? Man niufs
hierbei dreierlei unterscheiden. Zuerst die ganz ärmellose
Tuuiea. .Diese wurde so befestigt, dafs, wie schon gesagt, die
ganz bloscn Anne nur durchgesteckt werden darfiel). Wenn nun
darüber auch noch ein Obergewand, ein Diploidion oder Mantel,
geworfen wurde, so zeigte diese völlige Enthüllung wenigstens
den rechten Arm in aller seiner Fülle und gab besonders auch
der bildenden Knust freien Spielraum, ihn mit aller Aninuth der
Bewegung und im reizendsten Eheninafs darzustellen. Man denke
an die gröfseren und kleineren Bildnisse der Siegesgöttin , wovon
das Muscnin in Cassel eine wunderschöne kleine Bronze besitzt,
und an die schon von Winckelniann bewunderten sechs weiblichen
Bronzebilder ans Hercftlannin, in welchen der alterthurasknndige,
neueste Berichterstatter, Andrea Jorio, sogar Musterslatuen zu se-
ilen glaubt, die der Besitzer zwischen den Säulen eines offeneu
Säuleugangs zur Yersinnlichung echthellenischer Draperie und aii-
inuthiger Geberdung mit dem Anne absichtlich so zusammengestellt
habe, gleichsam ein artistisches, in feste Form gegossenes Mode-
journal **). Ein zweiter Schnitt der weiblichen Tunica bekleidet
bereits den Oberarm , so dafs der Aermel nur etwas Weniges über
dem Elbogen abgeschnitten erscheint. Die drille endlich liifst
die, nicht allzu eng anliegenden Aermel, die überall auf kleine
Fältchen zeigen, bis zur Handwurzel herabgehen, Diese Form
scheint besonders in der Theatergarderobe des Afiertbnms einhei-
misch und da auch von den Schauspielern nicht blos in weib-
lichen Rollen gebraucht worden zu sein, da übrigens lintergcwan-
der mit ganzen Acrineln bei den Männern allgemein iüt ein Zei-
chen phrygiseher und weibischer Weichlichkeit galten. Ehen dar-
um ist aueh die colossale, tragische Muse, vormals im Vatican,

*) Schon in meiner Abhandlung: „Ueber den Raub der Cassandra"
wurde der Unterschied des dorischen und ionischen Costiiinca mich
einem Scholion von Clemens von Alexandria genau ent-
wickelt p. Cl. Mit Scharfsinn und Gelehrsamkeit behandelt diese
vielfach modificirte dorische Tracht Ottf. Müller, Dorier, Tb. 11.
S. 2(i3. 11".

**) S. „Bronzi d'Hrcolano" in den Antichitä, T. VI. tav. LXX —
L\XV. und nun auch im „Museo Borbonico, Fa*cicolo V." mit
Finati's Erklärung, Jorio's Yermuthung findet sich in seiner
neuen Schrift „Notwie sugli seavi d'Eicolauo, p. OG, ff."
 
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