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Böttiger, Carl August; Sillig, Julius [Hrsg.]
C. A. Böttiger's kleine Schriften archäologischen und antiquarischen Inhalts (Band 3) — Dresden, Leipzig, 1838

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https://doi.org/10.11588/diglit.5486#0069

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57

Schnallen geia^n Aermel zum Elbogen einen Aufsatz fiigW,
welcher, grofso Fallen bildend , schon weil reichlicher herabfliefsl
und endlich , wie in der Karyatide im britischen Museum (Marbles
Vol. I. pl, 4.) zu einem wahren Hängeärmel sich erweitert. So
erscheint besonders Minerva in mehrere» Statuen und geschnittenen
Steinen *). Und in diesem Costume sehen wir auch die auf ei-
nem Sessel ruhende Agrippina (Mus. Capitol. T. III. lab. 53.),
■welche Cauova in der bekannten Statue von Madame Lülitia, der
Mutter Napol eon's, sich wenigstens in dieser vollfaltigen Acrmol-
tracht zum Vorbild genommen hat **).

Welcher neckende Spottkobold bat nun aber vor einigen Jah-
ren die Tonaugeherinnen in der eleganten Frauenkleidung au der
Seine so besessen, dafs sie ihre folgsamen Schwestern inner- und
aufserhalb Frankreichs zu einer der zweckwidrigsten und geschmack-
losesten Ausartungen der schon länger gewöhnlichen, dem allspani-
sehen Halskragcu zugesellten, aufgepufften Wülste an beide Schul-
tern hiutrieben und sie zur Wahl der gewaltigen Gigol- oder Plu-
der-Aermel bestimmten'? Wer sieht nicht, dafs diese ganz eigent-
lich dazu bestimmt scheinen , jene geschmeidige Schlankheit und
Wohlhabenheit***) eines schönen Armes, welche die griechische
Yorwelt so sinnig hervorzuheben wufstc, in einem ungeheueren
Bausch sackartiger Aufgedunseuheit gänzlich unterzutauchen und zu
ersäufen'? In der Türkei säckt man die Frauen, wenn sie untreu
erfunden werden -}-). Bei aus Säcken die Frauen ihre schönen
Anne, als wenn auch sie viel Böses verbrochen hätten. Man hat
gefragt, wie wohl Aristophanes seine Wolkengöllinnen, die in
dem bekannten Lustspiele die Wolken als Chor in den Lüften
hcrabgeschwebt kommen, costumirt haben möge. Als rasselnde

*) Auch auf Vasengemaiden, z. B. in Millin's „Peintures de va-
ses antiq, ined, T. II. pl, 67," vergl. die darauf folgende Tafel
mit dem Bilde einer Libera oder Priesterin.
**) Oyere di Scultura di Ant. Canova da Isabella Abbrizzi tav.XXlX,
Uebrigens findet man dasselbe auch an der, neuerlich so viel be-
sprochenen Statue, welche Tbiersch mit Recht für eine Penelope
erklärt, im Anhange über die Epochen der bildenden Kunst S.
420 Ii'., Kaoul-Kochette aber in der Oresteide p. 163 ff. für
eine trauernde Klectra erklärt, S. PI. XXXII, 1.
***) Ick denke hier an das habilior im Terenz, Eun. II, 3, 23,, das
griechische euskx'H.&J» S. Spanheim zu Julian. Orat. I.p. 102.
a. Später wird es durch solidum, succi plenum erklärt. S. d.
Scholion des Ituhnkenius zum Terenz p, 188.
., 'J-) 'Wer hat nicht Byron's „Giaur" gelesen'< Die neuesten Bericht-
igungen über diesen Transport der Frauen in den Bosporus gibt
R. R, Maddon in seinen Travels in Turkey, Egynt. etc. T. I.
Letter. IX. p, 120.
 
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