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Böttiger, Carl August; Sillig, Julius [Editor]
C. A. Böttiger's kleine Schriften archäologischen und antiquarischen Inhalts (Band 3) — Dresden, Leipzig, 1838

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https://doi.org/10.11588/diglit.5486#0100

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HS

(Scher der Damen bei der jefzf bestehenden Taschcnlosigkeit ihrer
Kleidung' durchaas kein Plätzchen übrig gelassen.

Was nun die Schnnpflücher anlangt, so haben die Pariser-
innen, von welchen ja bekanntlich diese ganze G ri e c Ii Ii ei t *)
in der Kleidung und die damit verbundene abnable Nnditiit ganz
allein abstammt**), sieb auf eine sehr glückliche Weise aus der
Verlegenheit zn ziehen gewufst. Sie gaben den jungen Herren,
denen sie ihren Ann reichten , zugleich das Schnupfluch zu tragen,
ein Zutrauen, welches durch die Geschicklichkeit, womit die die-
nenden Herren diese Schnupftücher zur Schau zu tragen Wülsten,
vollkommen gerechtfertigt wurde. So wurden die Merveilleux von
Paris auf einmal Porte - inouchoirs, und es trat auch hier, wie in
so manchen anderen Verhältnissen, der unigekehrte Fall ein, dafs
die schönen Sultaninnen dem Begünstigten das Schnupftuch zuwar-
fen, welches sie sonst selbst nur zugeworfen bekamen. Allein
mit den Geldbörsen wollte sich diefs schon weniger tliun lassen.
Zwar waren viele dieser Besorgnifs aus einem sehr einfachen und
leicht begreiflichen Grunde ganz überhoben; allein selbst diese
waren nicht geneigt, darum, weil die Börse selbst fehlte, sich
auch den Platz dazu ganz abgeben zu lassen. Zum Glück erin-
nerten sich einige von ihnen, welche zufällig vor Kurzem die aus
zerstörten Begräbnissen und ausgeplünderten Schlössern neuerlich

leger in so mancherlei niedlichen Formen und Ausstaffirungen so
gern in die Taschen stecken möchten? Wer iiat'je Kupferstiche
für Blinde, oder Sing- und Flötenuliren für Taube verfertigt?
Ja, wenn man es noch allenfalls gemacht hätte, wie die Leip-
ziger Verlagshandlung, die schon die dritte und vermehrte Auf-
lage von dem kleinen Buch für Frauenzimmer, die gern den-
ken, als etwas Nützliches im Strickbeutel ankündigt. Da ist doch
noch Kenntnifs der Welt und der Mode!
*) Dieses Wort steht freilich nicht im Adelung, seihst nicht in der
neuen, vermehrten Ausgabe. Aber ist es gleich nicht nach dem
Conventionsfufs ausgemünzt, so ist es doch als .Schaumünze brauch-
bar und durch das 32Iste Xenion auf's ganze Jahrhundert un-
sterblich.

**) Im neuesten Stücke, welches auf dem Vaudevillelheater den 12ten
September mit grofsem Beifall gespielt wurde, singt ein Parfumeur
oder Modehändler folgendes Couplet:

Avec art ma soeur a Paris

Transportant et Rome et Ia Grece,

Vendit ä nos chastes Lais

Bonnets et schalls ä la Lucrece:.

Mais comme nos ecrits, nos moeurs

iS'avaient pas la pudeur pour base,

Ma soeur ne vendit point de gazes.
 
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