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Böttiger, Carl August; Sillig, Julius [Hrsg.]
C. A. Böttiger's kleine Schriften archäologischen und antiquarischen Inhalts (Band 3) — Dresden, Leipzig, 1838

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https://doi.org/10.11588/diglit.5486#0177

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ler Küsten und Inseln des fernen Abendlandes oder Hespeiiens
verbreitet. Was war natürlicher, als dafs man dem dort einheim-
ischen Westwind, dem frostlüseuden aus dem Abendlande, nicht
dem schncebringendeu aus Thracien, eine befruchtende und schwän-
gernde Kraft beilegte, die auf Alles ihren belebenden Zauber aus-
giefse'? Daher eben jene elvsäischen Gefilde auf den Inseln der
Scligeu.

Ewig welin die Gesäusel des Ieisanathmenden Westes,
Die Okeanos sendet, die Menschen sanft zu kühlen *);

Daher die vom Zephyr geschwängerten lusitanischen Stuten**);
daher der Blumen pflegende, der boldcu Chloris oder Flora zum
Gemahl zugesellte Gott ***), und sogar der Glaube bei den Schnit-
tern, dafs man die Garbe mit dem Schnittende dein Zephyr zukeh-
ren müsse, weil so das Korn in den Aehren besser gedeihe f ).
So ist also auch hier das Bild des fächelnden Westes nur im All-
gemeinen zur Bezeichnung eines außerordentlichen Gedeihens der
Baumfrüchte im glücklichen Phäakenlande gebraucht, und so ver-
stand es auch der Spötter Lncian, wenn er in seinen wahren
Geschichten diese Gartenwuuder des Alcinous bei der Beschreib-
ung seiner Abenteuer iu Elysium durch die Hyperbel parodirt ff) :

*) Odyss.IV, S67. Horaz, Epoden XVI, 43. vergl. Volbortli, Spi-
cileg. Observat. de campo Elys. p. 16.
**) Schon Justin XLIV, 3. gibt einen Fingerzeig auf die wahre
Deutung dieser Fabel: fabulae ex foecunditate eriuarum natae
sunt. Die Stellen der Alten bei La Cerda zu Georg. III, 273. und
Hardouin zu Plinius VIII, 42, s, 67. Vergl. Schneider zu
Varro, de R. R. p. 399.

Die Heirath der Chloris mit dem Zeplryr ist aus Ovid's Festka-
lender bekannt. Daher die schönen Dichtungen bei Claudian, wo
es den Blumenschüpfungen im Garten der Venus in Cypern X,
CO. und dem Blumengarten zu Henna XXV, 73 — 94. gilt. Dar-
um erscheint er auch in jener prächtigen Stelle des Lucrez V,
736. im. Gefolge der Venus und mit dem bauschenden Gewand
voll Blumen in Kelief auf dem achteckigen Thurm des Antigonus
Cyrrhestes zu Athen in Stuart's Antiquities of Athens T. I. eh.
III. pl. XVIII. Alle diese Vorstellungen, die man gemeinhin nur
auf den ersten Friihlingswest bezieht, deuten vielmehr auf jene
älteren Sagen des glücklichen Abendlandes unter dem Einflüsse
des Zephyrs,

f) Siehe zu Theocrit X, 47. Man trug diefs durch einen Mißver-
stand auch auf das Würfeln und Aufspeichern der Kiirner. S. Ni-
clas zu den Geoponicis II, 26. p. 164.
tf) Uebers. von Wieland Ufa, IV, S. 196. oder Verae Historiae II, 12
— 13. p, 112. T. II.
 
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