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Böttiger, Carl August; Sillig, Julius [Editor]
C. A. Böttiger's kleine Schriften archäologischen und antiquarischen Inhalts (Band 3) — Dresden, Leipzig, 1838

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https://doi.org/10.11588/diglit.5486#0316

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304

reich diese Vorstellungen dort tlieils In den Anfangs- und Schlnfs-
vignelten, Iheils in den Gemälden selbst anzutreffen sind *).

Was war natürlicher, als dafs man nach und nach, da die
Sitte, solche Gastgeschenke zu machen, immer häutiger wurde, nnd
die Gewohnheit, die Sachen selbst zu schicken, mit allerlei Unbe-
quemlichkeiten und Schwierigkeiten verbunden zu sein pflegte, auf
den Gedanken verfiel, statt der Sachen selbst, deren Werth so nur
von geringer Bedeutung war, zierliche Abbildungen nnd Ge-
mälde dieser Sachen sich einander zuzuschicken'? Daher entstand
dann auch eine eigene, freilich nicht so berühmte und geachtete,
aber doch sehr zahlreiche Classe von Malern, die man mit einem
eigenen Namen Rhy p a ro g r ap Ii e n **) nannte, und die eben
durch die hier berührte Sitte vorzüglich Beschäftigung und Absatz
erhalten zu haben scheinen.

Aber nicht blos die Malerei, auch die Bildnerei oder Plastik
fand hierbei ihre Rechnung. Man bildete dergleichen Gegenstände
in Thon und feinen Gefafserden, und verkaufte dergleichen Figuren
in Terra-Cotta oder gebrannter Erde auf den Märkten. Es
gab Künstler, die es auch hierin bis zu einer bewundernswürdigen
Geschicklichkeit gebracht hatten ***). Auch die Bäcker machten
mft ihrem Honigteige allerlei dergleichen Bildwerk nach. Der letzte
Tag am Saturnalienfesle hatte seihst den Namen von dieser Zu-
ckerhäckerwaare, die man fleifsig kaufte f) und sich eben so zu-
schickte, wie die efsharen Kunstwerke unserer Nürnberger Leb-
kuchler und Zuckeibäcker. Ein Beweis, wie uralt die Pfefferku-
chen und Marzipaubilder sind.

*) Z. B. Pittnre d'Ercolano T. II. tav. 56. 57. 58.
**) Die Stelle des Plinius XXXV, 10. s. 37., worauf sich diese Be-
nennung gründet, ist freilich noch der Kritik unterworfen, und
müfste nach Saumaise, ad Script. H.A. T. I. p. 88., ganz an-
ders gelesen werden. Doch hat der Name seine völlige Richtig-
keit. Nur läfst sich diefs hier nicht ausführen.

***) Hierher gehören auch die Wachsbiklner, die alle Arten von Früch-
ten bis zur höchsten Täuschung nachbildeten. Man vergleiche das
artige Geschichtchen von dem Philosophen Sphärus, den Ptole-
mäus mit einer solchen Wachsfrucht in grö'fse Verlegenheit setzte,
bei'tn Diogenes VII. 177. So machte Posis in Rom Aepfel und
Trauben aus Wachs, die man durchaus nicht von den natürlichen
unterscheiden konnte. Plinius XXV, II. s. 45.
■j-) Sie hieben Sigilla. Die Strafse, wo sie in Rom feil waren, be-
kam den Namen von ihnen, und der letzte Tag der Saturnalien
Jiiefs Sigillaria. Eine artige Verglejchung dieser alten Teigkünst-
ler mit den neueren macht Gedike in der Berliner Monats-
schrift, 1784 Januar, S. 77 f.
 
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