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Böttiger, Carl August; Sillig, Julius [Hrsg.]
C. A. Böttiger's kleine Schriften archäologischen und antiquarischen Inhalts (Band 3) — Dresden, Leipzig, 1838

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https://doi.org/10.11588/diglit.5486#0317

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Doch so bequem und kostensparend es auch sein mufsle, statt
eines wirklichen wilden Schweines nur ein Täfelchen mit einem
gemalten Schweine, oder statt eines kleineji Cupido in Bronze ei-
nen aus gebrannter Erde oder Lebkuchenteige gebackeoeu Liebes-
gott zu schicken, so erfand doch Wirtschaftlichkeit und der Wunsch,
diese Geschenke bei'm Gedränge der Menschen in einer ungeheuer
bevölkerten Stadt in's Unendliche vervielfältigen zu können, bald
ein neues Mittel, da mit baaren Worten auszuzahlen, wo man, die
Sachen wegzuschenken , nicht Lust oder nicht Geld genug hatte.
Es fandeu sich gutwillige Dichter, die für die Bücher- und Scriptu-
renhändler in Rom, wahrscheinlich für einen sehr mäßigen Ehren-
pfennig, kleine Gediehtchen, die nur aus zwei Reihen bestanden
und daher ganz eigentlich Disticha hiefsen, zu Dutzenden und
Schocken ausfertigten und darin alle Gegenstände besangen, 'die
nur verschenkt werden konnten, Mail schrieb auf ein Schnittchen
Pergament oder auf ein kleines Täfelchen zuerst den Namen der
Sache, die man hier finde. Dieso Ueberschriften oder Devisen
hiefsen Lemmata. Nun setzte man zwei Verse darunter, in Form
eines kurzen Sinngedichts,' wo etwas von der Beschaffenheit, dem
Vaterlande oder dem Gebrauche der Sache, so gut es sich in die-
ser Kürze thun liefs, gesagt wurde. So zubereitet, nahm man eie
einzeln, oder in gröfserer Anzahl bei'm Buchhändler. Hundert und
"vier und' zwanzig- Stück kaufte man bei'm Buchhändler Tryphon
für vier Sesierzeu, das ist nach D e 1'isle's Berechnung für
vier gute Groschen uud sechs Pfennige nnserer Währung. >'Mart
vertheilte diese leichte Waare nach Belieben unter seine Freunde
und Bekannte und glaubte, damit alle Pflichten« die. die Satnrna-
hen- oder Neujalnsfeieilichkeit auflegen könne, vollkommen erfüllt
zu haben.

Wir lernen diese Sitte am befsten ans einem römischen Dich-
ter, von dem wir selbst noch zwei ganze Sninmluugen solcher
Distichä übrig haben, die offenbar blos zu dieser Absicht geschrie-
ben sind, dals sie der Buchhändler an Liebhaber einzeln oder im
Ganzen verkaufen und so deu Verkehr dieser gedichteten und be-
sungenen Schenkungen desto lebhafter betreiben könnte. Es ist
der Epigrammcudiehter Martial, der seiner scherzhaften, aber
ihren Liebling mit Glücksgütern nicht allzu reichlich ausstattenden
Muse auch dieses Geschäft für den Buchhändler Tryphon zu-
niulhete und uns im 13ten und l4len Buche seiner Sinngedichte
ein sprechendes Denkmal dieser Sitte hinterlassen hat *).

*) Das dreizehnte Buch hat die Ueberschrift: Xenia, und behandelt
lauter Gegenstände aus Küche und Keller; das vierzehnte, Apo-
phoreta benannt, erstreckt sich auf allerlei Gerätschaften und
Erzeugnisse des römischen Luxus. Nur durch die oben angege-
bene Bestimmung dieser Devisen wird es begreiflich, wie einer
BSttigct*« kleine Schriften, III. ^
 
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