Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Böttiger, Carl August; Sillig, Julius [Hrsg.]
C. A. Böttiger's kleine Schriften archäologischen und antiquarischen Inhalts (Band 3) — Dresden, Leipzig, 1838

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5486#0359

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
3*7

die Ausübung der verwerflichsten Fertigkeiten beqneme, und daraus
die Nulzanwendnng zieht, wie weit weniger es koste, seine bö-
sen Lüste und Begierden zu bekämpfen. In dieser Homilie läfst
sich nun der heilige Redner mit dem Goldmund so vernehmen:
„Bedenke man doch, wie die schwierigsten und mühsamsleu Leist-
ungen, welche der Teufel von den Menschen for-
dert *), ihnen in der Befriedigung nichts zu kosten scheinen.
Was kann mühsamere Anstrengung, fordern, als wenn ein junger
Mensch sich alle Gliedmaßen durchkneten und durcharbeiten läfst,
dafs sie sich in biegsamster Geschmeidigkeit zusammenkrümmen
und, zu einem Rad gebogen, sich auf dem Boden herumkreisen
und, in weibischer Weichlichkeit gebrochen, eben so wenig die
Mühsamkeit als die schmähliche Entwürdigung scheuen'? Was soll
man zu denen sagen, die, auf der Bühne sich hereinwindend, je-
des ihrer Gliedmafsen zu einem Flügel machen und dadurch Alles
in Erstaunen setzen? Die aber, welche grofse Messer im
Wechsel wurf in die Luft schleudern und sie stets
wieder bei'ui Griff erhaschen, beschämen sie nicht Jeden,
der wegen der Tugend keine Mühe übernehmen wollte'? Oder
wie soll man von denen sprechen, welche eine lange Stange auf
der Stirn, als sei sie ein festgenagelter Baum, ohne Schwanken
balanciren. Und das ist noch nicht das Bewundernswürdigste. Sie
setzen zwei Kinder auf die Spitze der Stange und lassen sie
da ringen. Hände und jeder andere Theil des Körpers sind da-
bei unbeweglich. Die Stirn allein hält mehr, als es durch irgend
ein Band geschehen könnte, diese Stange iu unerschütterlicher
Festigkeit. Diefs Alles würde man in der blosen Vorstellung für
unmöglich halten. Der Kunst ist es möglich'; Ist bei der Erfüll-
ung unserer feierlichen Angelöbnisse so viel Schweifs, so viel
Kunst, so viel Gefahr?" ♦*);

II.

Die Kunstfertigkeiten, welche unser indianischer Schwebe-
künstler — wir erlauben uns den Gebrauch dieses Wortes, da,

*) Es geschah auf der Bühne. Die Schaubühne aber ist, dem Götzen-
dienst heilig, nach damaligen Begriffen eine pompa diaboli.

**) Für die, welche das Original gern einsähen, stelle diefs griechisch
hier: Oi f*&xoc'?°cS — ivaXX«? — cmbt?rii£ovr££ ei; tSv a'sqa
■jröca; «to t% Xa/3ij; Ss^s/^evci xöXiv. Op. T. I, p, 219. C.
ed. Duc. T. II, p. 166. edit. Montf. Die Sache wurde noch weit
höher getrieben. Schwerter wurden auf dem Boden mit der Spitze
aufrecht aufgestellt. Zwischen diesen balancirend, warf der
Gaukler Kugeln und Messer. Das nennt Chrysostomus in einer
andern Stellei "(ßai^^uv £v i;iljpsffi. S, Casauboniana, edit.
Wolüi p. 54.
 
Annotationen