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Böttiger, Carl August; Sillig, Julius [Hrsg.]
C. A. Böttiger's kleine Schriften archäologischen und antiquarischen Inhalts (Band 3) — Dresden, Leipzig, 1838

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https://doi.org/10.11588/diglit.5486#0454

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gröfstentheils wieder zn sehen und zwar unstreitig die alten, ech-
ten, in manchen Stellen gerade so verblichen, wie sie schon Fer-
n o w sah und beschreibt. Allein noch nie hat es ein älterer oder
neuerer Berichterstatter ganz bestimmt zu erklären gewagt, dafs
alle auch nur der Idee nach von Rafael angegeben worden. Nur
Fernow ist der Meinung, dafs keines derselben den Geist des gro-
fsen Künstlers ganz verleugne. Die Briten behaupten fast allge-
mein, dafs nur die Cartons von Rafael selbst gemalt worden, de-
ren StoiF aus der Apostelgeschichte entlehnt wurde, welches aber
eine ganz unhaltbare Meinung ist. Von mehreren Cartons, die
sich nicht in Hamptoncourt befinden, besonders vom Bethlehemiti-
schen Kindermord, sammelte der ältere Richardson viele einzelne
Fetzen, von zwei anderen Cartons spricht ein Reisender des löten
Jahrhunderts, dessen Nolizie der Bibliothekar von St. Marcus, Mo-
relli, edirt und Fernow excerpirt bat. Am wahrscheinlichsten dürfte
wohl Bottari's Annahme in den Anmerkungen zu Vasari sein, dafs
zwölf Teppiche unmittelbar von Rafael abstammen und er auch
zwölf Cartons dazu gemalt habe *). Eine andere Frage ist: liefs
Papst Leo X. auf seine Kosten gleich mehrere Garnituren nach
den Cartons in Flandern wirken'? Gilt die beglaubigte Ueberlie-
fernng, dafs der Pnpst 70,000 Scudi dafür zahlte, so mufs er bei
dieser damals aufserordentlicl) hohen Summe wohl einige Gewände
von diesen Tapeten haben verfertigeu lassen **). Auf diese wahr-
scheinliche Veriuutliung hin gründete einst Prof. Casanova die Be-
hauptung, dafs Leo X. die echten sieben Razzi oder Teppiche dem
damals so einnufsreiehen Kurfürsten Friedrich dem Weisen zum
Geschenk gemacht habe. Einer der aufmerksamsten Kunstfreunde.
Dresdens, der Baron zu Räcknitz, hörte diefs in den Vorlesungen
Casanova's und war so glücklich, da ihm seine Stelle als Haus-
marschall die Untersuchung in den oberen Gemächern des Resi-
denzschlosses zur Pllicht machte, wirklich sechs Teppiche der Art,
aber gauz unkenntlich vom Staub, einen davon 'sogar mit Oel

Kbnstnrffieil über diese Werke aussprechen, zählt 21 auf, in den
römischen Studien T. III. S. 131 ft'., wo auch S. 201 iF,
ihre Schicksale erzählt werden und wo die seitdem auch in an-
deren Schritten fortgepflanzte (s. Leben und Wirken Rafa-
el's von Füfsli S. 35.) Fabel vorkommt, dafs ein französischer
Commissarius aus Schlesien, Röfsler mit Namen, sie zur Ent-
schädigung für seine Lieferungen für 36,000 Scudi angenommen
habe. Allein sie waren versteckt worden und den französischen
Harpyien glücklich entgangen.
*) S. Hieb ardson, de la Peinture T. III. p, 459. Bottari, note
al Vasari T. II. p. 124.
**) So Vasari. Panvicini in seinen Vita de' Pontifici T, II. p. 465.
spricht gar von 50,000 Goldkronen.
 
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