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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Editor]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 20.1919

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Nr. 6
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Stolberg, Friedrich: Vogesenburgen
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https://doi.org/10.11588/diglit.34329#0060
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den, säst achsial ausgeteilten Gedäudesront
verleihen der Burg einen italienischen, fast
renaissanceartigen Charakter, wie er bei
deutschen Burgen des eigentlichen Mittel-
alters immerhin selten ist.
Die den Burgkegel von Andlau weit
überragende Höhe des benachbarten Odilien-
berges zeigt wieder alle Eigentümlichkeiten
des Sandsteingebirges und damit der Sand-
steinburg mit ihrem wundervollen Bau-
material. Burgen wie Landsberg und Rath-
samhausen gehören, was dieEinzelausbildung
(Erker, Fenster, Kamine) anbetrisft, zu den
schönsten auf deutschein Boden. Auf dem
Odilienberge tritt nun auch das Hauptkong-
lomerat (Sandstein mit eingelagerten Kiesel-
schotter) in größerer Mächtigkeit auf, dessen
unterwaschene, von tiefen Klüften durch-
setzte Nagelfluhfelsen ganz vortreffliche Burg-
plähe abgaben. So hat denn auch der
Rücken des Odilienberges seit früher Zeit als
Festung gedient, wie die gewaltige 10 Kilo-
meter lange keltische Heidemauer zeigt, und
wie schon eingangs erwähnt, den Boden für
zahlreiche Burgbauten des Mittelalters her-
gegeben (Birkensels, Dreistein, Hagelschloß,
Lühelburg, Rathsamhausen.) Eine bei den
Burgen der nördlicheren Vogesen häufige
Eigentümlichkeit finden wir am Hagelschlosse.
Hier ist, bedingt durch die starke Zerklüftung
des Hauptkonglomerats, die Ringmauer auf
einein 5 Meter weit gespannten Bogen über
die den Bauplatz durchsetzende Kluft hinweg-
geführt. (Ähnliche Bögen weisen auf die
Burgen: Girbaden, Salm, Türkstein, Ochsen-
stein, Klein-Geroldscck, Groß-Geroldseck,Hoh-
barr.) Vom Odilienberge an nördlich bis
Zabern ist überhaupt der Nagelfluhfels in fast
allen Füllen der Bauplatz gewesen und hat
der Burg ihr eigentümliches Gepräge ver-
liehen. Diese Burgen mit ihren monumen-
talen Mauern aus hellroten Bossenquadern,
die keck von den zerklüfteten und weit über-
hängenden Felsmassen aussteigen, bieten
Bilder von ganz eigenartigem Zauber. Hier kommt eben alles zusammen: die Architektur, der Fels und nicht zuletzt
die Waldumgcbung aus prachtvollen Weißtannen, Stechpalmenbüschen (Ilex) und Adlerfarn.
Als größte dieser „Nagelfluh"-Burgen ist Girbaden zu nennen, dessen Ausdehnung dem Ilmfange der Hoh-
königsburg fast gleich kommt. Doppelte, beziehungsweise dreifache Zwinger umschließen die auf mächtig aus-
ladenden Felsen aufragcnde Kernburg, zu deren Erreichung sechs Tore durchschritten werden müssen. Wie beim
Hagelschlosse, nur in noch höherem Matze, ist hier die oben genannte Bogenkonstruktion angewandt worden. Ein
zweischichtiger Mauerbogen von 6 Meter Spannweite seht über die Zerklüftung des Nagelfluhselsens hinweg
und trägt außer der Umfassungsmauer noch einen Teil der Last des Bergfrieds. Kleinere Spalten in der Nähe
sind entsprechend überbrückt. Mit dem Fortschreiten nach Norden nimmt die Mächtigkeit und Häufigkeit der
Konglomeratbildungen zu, die Klippen sind verwittert zu isolierten Felswürfeln oder breitgelagerten amboß-
förmigen Massen wie der Burgfels der Dagsburg (diese Dagsburg ist nicht zu verwechseln mit der oben genannten
Dagsburg in der Gruppe der Egisheimer Schlösser). Auf turmhohen Felsklötzen bauen sich die Ruinen des Ochsen-
steines und der Burg Hohbarr bei Zabern aus. Mit Hohbarr und dem benachbarten Ochsenstein tritt zum ersten
Male jener interessante Burgentyp aus, der dann schließlich in den eigentlichen Nordvogesen, im Wasgau, der
herrschende wird: die ausgehauene Burg. Bedeutende Felsmassen bilden das Rückgrat der Anlage. Sie tragen
die Hauptbauten, Palas und Wohnräume, und sind mehr oder minder zur Herstellung ausgehauener Räumlich-
keiten benutzt worden. Ihren Fuß decken die Zwingeranlagen der Unterburg. Da der Felsgrund der beiden ge-
nannten Ruinen aber noch das eisenharte, betonartige Konglomerat ist, welches der Bearbeitung einen zähen
Widerstand entgegensetzt, so zeigen sich die künstlichen Aushöhlungen erst in bescheidenem Maße im Gegensatz zu

Al'b. SS. Wichtige Burgen im Elsaß und in der Pfalz.
I. Engelsburg» II. Hugstein, III. Hohlandsburg, IV. Nappoltsweiler Schlösser, V. Hohkönigs-
burg, VI. Fcankenbucg, VII. Ortenburg und Namstein, VIII. Andlau, IX. Rathsamhausen,
Lützel^urg, X. Girbaden, XI. Nideck, XII. Dagsburg, XIII. Hohbarr, XIV. Lützelstein,
XVI. Bitsch, XVII. Hohenfels, XVIII. Alt- und Neu-Windstein, XIX. Schöneck, XX.
Wasigenstein, XXI. Fleckenstein, XXII. Wegelnbucg, Hohenburg, Löwenstein, XXIII.
Dcachenfels, XXIV. Dahner Schlösser, XXV. Madenburg, XXVI. Trifels, Anebos,
Scharfenberg, XXVII. Lemburg.
 
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