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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 20.1919

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Nr. 8
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Burgenschau
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Mitteilung der Vereinigung zur Erhaltung deutscher Burgen
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https://doi.org/10.11588/diglit.34329#0086
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so

alte Befestigungsmauer einfach anseinandergebrochen und
die Bausteine entwendet. Nickt ein Stein ist mehr übrig ge-
blieben; einige Mörtelbrocken bilden den ganzen Nest. Bei
Nacht und Nebel müssen die Leute gearbeitet haben, denn tie
lippesche Forstverwaltung, in deren Revier und Schutz Alt-
Schieder liegt, hätte nie und nimmer ihre Einwilligung zum
Abbruch dieser Befestigung gegeben, deren Altertums- und
Geschichtswert sie kannte, denn sie wußte, dah es sich hier um
«inen alten Fürstenhof aus der Zeit der Karolinger handelte.
Es ist sehr zu bedauern, dah auf diese Weise-wertvolle Reste
einer geschichtlichen Stätte auf deutschem Boden verschwinden
konnten. Der Fall zeigt aber, was heutzutage nicht alles ge-
stohlen wird, selbst das, was eigentlich „nict- und nagelfest" ist.
Man sollte daher überall in Deutschland ein schärferes Augen-
merk selbst auf die in Wäldern verborgenen Ruinen alter ge-
schichtlicher Stätten richten. Vielleicht wäre die Zerstörung
auch verniieden worden, wenn die Bevölkerung in geeigneter
Weise durch Wort und Schrift über die geschichtliche Bedeu-
tung und den Altertumswert dieser Anlage aufgeklärt worden
wäre. Das scheint aber in diesem Falle nicht geschehen zu sein.
Man schreibt soviel über Heimatschuh und unterläßt oft das
praktisch Naheliegende. Möge der Fall von Alt-Schieder also
eine Mahnung sein, nach dieser Richtung hin etwas Versäumtes
hier oder dort nachzuholen.
Schloß Sophienreuth nieäergebrannt.
Durch ein Feuer wurde in den letzten Tagen in Sophien-
reuth bei Schönwald im bayerischen Wald das Schloß der
Familie Arnim bis auf den Grund zerstört. Es gehörte zuletzt
dem Kammerherrn Arno Achim v. Arnim, der am 12. März
d. I. von den empörten Bauern der Ilmgegend buchstäblich
zu Tode getrampelt wurde. Der Kammerherr hatte damals
in seinem Walde holzfällende Arbeiter und Bauern mit dem
Gewehr in der Hand aus seinen Waldungen zu treiben ver-
sucht, worauf sich die Wütenden zusammenrotteten und den
7v jährigen Greis niederschlugen. Die Frau des Unglücklichen
wurde darüber gemütskrank und muhte in ein Dresdner
Sanatorium gebracht werden. Der einzige Sohn war schon
vorher im Kriege gefallen, während die mit einem Herrn
v. Barck jungvermählte Tochter gerade am Tage des Brandes
das Schloß beziehen wollte. Der umfangreiche Sckloßbau
stammte aus dem 17. Jahrhundert und war gerade mit
Girlanden und anderem Festschmuck zum Einzug der neuen
Schloßbesitzer versehen worden, als das Feuer ausbrach.
Verschiedenes.
Orlamüncle.
Die „Kemmenate", der einzige stattliche Rest der Burg
der Grafen von Orlamünde, von denen der Sage nach die
„weiße Frau" des Berliner Schlosses abstammen soll, wird
jetzt von den Orlamündcrn Turnern als Turnhalle benutzt,
nachdem sie in früheren Zeiten schon jahrzehntelang als
Schüttboden für das Zehntgetreide diente. Wenngleich durch

die neuerliche Benutzung eine dauernde Erhaltung des ur-
alten Bauwerks gewährleistet ist, so ist doch sehr zu bedauern,
daß dadurch die innere Einrichtung dieses Pallas derartig
verändert worden ist, dah irgendwelche Rekonstruktionsver-
suche von früheren Zimmern und Wohngemächern von
vornherein aussichtslos sind. Nur die Leere von vier mäch-
tigen Sälen übereinander, verbunden durch kunstlose, primi-
tive Holztreppen, gähnt dem Besucher entgegen, nur Reste von
Kaminen lassen hier und da Gemächer vermuten. 8io trurwit
xloria,!
Kleingärten.
Unter Hinweis auf die Kleingarten- und Kleinpachtland-
ordnung vom ZI. Juli d. Zs. hat der Minister für Volkswohl-
fahrt gemäß eines Beschlusses der Preußischen Landesver-
sammlung soeben die Bezirkswohnungskommissare an-
gewiesen, aus die Gemeinden einzuwirken, dah sie möglichst
viel Land in der Umgebung von Industrieorten und vor allem
von Städten zu billigen Preisen unmittelbar an die nicht
Land besitzende Bevölkerung oder an gemeinnützige genossen-
schaftliche Organisationen zur Anlage von Kleingärten ab-
geben.
Gurg Gurg a. cl. Supper.
Nachdem die Burg fast ein Jahr lang britische Kasern«
war, ist sie jetzt von den Besahungstruppen geräumt worden
und kann nun wieder dem allgemeinen Besuch zugänglich
gemacht werden. Da ihr Inneres sehr verwüstet ist, wird
geraume Zeit erforderlich sein, den alten Zustand wieder-
herzustellen. Mit diesen Arbeiten soll erst begonnen werden,
wenn die Gewißheit besteht, dah die Burg nicht nochmals
zu Besatzungszwecken verwendet wird. Von vielen wird es
aber dankbar empfunden werden, daß die Burg wie früher,
wieder den ganzen Tag über zürn Besuch geöffnet ist.
Keichshochbaunorrnung.
Die Einführung von Normen und Typen im Bauwesen
hat sich als ein wesentliches Mittel zur Verbilligung des Woh-
nungsbaues erwiesen. Aber dadurch, daß sich zu viele Einzel-
kräfte, Vereine, Gesellschaften oder Behörden der Aufgabe
annehmen, wird die Lösung nicht gefördert, sondern zer-
splittert. Auf Anregung des Normenausschusses der Deutschen
Industrie ist daher eine einheitliche Organisation gebildet
worden, die unter dem Namen „Reichshochbau-
normun g" alle Bestrebungen und Arbeiten zur Normie-
rung von Bauteilen und zur Typisierung von Wohngebäuden
einheitlich zusammenfassen wird. In unmittelbarem Anschluß
an die bereits bestehenden Normungsstellen der einzelnen
Länder und Provinzen wird eine auf alle Bundesstaaten sich
erstreckende Organisation geschaffen werden. Die in den
einzelnen Landesteilen auf diesem Gebiet tätigen Stellen
werden durch einen Erlaß des Ministers für Volkswohlfahrt
auf die neue Organisation hingewiesen und angeregt, die
Bestrebungen der Reichshochbaunormung zu fördern.

Mitteilung der Vereinigung zur Erhaltung deutscher Burgen.
Aus der am 14. November 1919 in Berlin stattgefundenen Vorstandssitzung der Vereinigung zur Erhaltung deutscher
Burgen ist zu berichten: Nachdem der stellvertretende Vorsitzende Exzellenz von Schubert die Sitzung eröffnet und in
warmen, anerkennenden Worten des verstorbenen Vorsitzenden Exzellenz von Bremen gedacht hat, erstattet Herr Geheim-
rat Professor Ebhardt den Bericht über die Geschäftsführung.
Zunächst wurde über die Marksburg, deren Einnahmen durch die Wirtschaft, den Fremdenverkehr und die Länderver-
pachtung sowie über die Tilgung der Bauschulden verhandelt.
Infolge der ungeheuren Steigerung der Druckkosten für den Burgwart, die dauernd
noch anwacksen, wurde ernstlich erwogen, ob der Mitgliedsbeitrag dementsprechend,
mindestens verdoppelt werden soll. Der Vor st and sah jedoch davon ab, in der Vor-
aussetzung, daß auch die Mitglieder, die bis jetzt ihren Beitrag noch nicht erhöht
haben, freiwillig durch Mehr zahl ung zur Deckung der erhöhten Kosten des Burg-
wart und der Gesamtverwaltung beitragen würden. Bisher sind an freiwilligen Mehrzahlungen
für 1920 im ganzen bereits 21S0.— Mark «ingegangen.
Vereinigung zur Erhaltung deutscher Burgen, Berlin Grunewald.

Verantwortlicher Schriftleiter: Pros. Bodo Ebhardt, Berlin-Srunewald. — Verlag: Burgverlag, G. m. b. H., Berlin-Grunewald.
Druck: Imberg L Lesson, G. m. b. H., Berlin SW 43, Wilhelmstratze 118.
 
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