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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 20.1919

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Nr. 8
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Krollmann, Elisabeth: Die Marksburg um 1833
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https://doi.org/10.11588/diglit.34329#0077
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der Burgwart

Zeitung -ervereimgung zur Erhaltung deutscher Burgen
Herausgeber: Professor Boöo Cbharüt, Architekt, Berlin-Gcunewalö
Burgverlag, G.m.b.h., Berlin-Gcunewalö
^ . ! Der Burgwart erscheint achtmal jährl. Bezugspr.1S,S0Mk. jährl. zuzügl. 20°/,. Mitglieüer ö. Vereinigung z. » .
Iüyrg.! Erhaltung deutscher Burgen (Mindestbeitrag 10 Mk. jährl.) erhalten öen Burgwart unentgeltlich srei insHaus g "

Die Marksburg um 1833.
Von Elisabeth Krollmann.
sn den ersten Jahrzehnten nach den Freiheitskriegen ergoß sich ein Strom von englischen
l Reisenden in die Rheinlande. Das Auskommen der Dampfschifffahrt tat das meiste dazu,
nicht wenig aber auch die Erinnerung an die Kämpfe gegen Napoleon, an Waterloo und an
^ Blücher. Aus jener Zeit besitzen wir mancherlei englische Reisebeschreibungen, die heutzutage
größtenteils einer wohlverdienten Vergessenheit anheimgefallen sind. Einige Namen der eng-
lischen Literatur werden aber für alle Zeit mit dem Zeitalter der Rheinreisen verbunden
bleiben. Da ist in erster Linie Thackeray zu nennen und die ihm fast ebenbürtige Mrs. Trol-
lope. Beide zeichnen sich durch scharfe Beobachtungsgabe aus, beide durch ein nicht gerade
angenehm empfundenes Äberlegenheitsgefühl des hochmütigen Engländers gegenüber deut-
schem Wesen. Bei Thackeray artet dies Gefühl in Bissigkeit und Bosheit aus, während Mrs.
Trollope immer noch imstande bleibt, gerecht zu urteilen und verhältnismäßig vorurteilsfrei
zu schildern. Manche ihrer Schilderungen in dem Buche: „Belgien und Westdeutschland im
Jahre 1833" erheben sich zu jetzt wertvollen Beiträgen zur Ortsgeschichte. Ganz besonderes Interesse müssen
bei uns ihre Aufzeichnungen über einen Besuch auf der Marksburg erwecken, da wir sonst gerade aus jener Zeit
sehr wenig über das Leben und Treiben auf unserer köstlichen alten Burg wissen. Wir bringen daher im folgen-
den einen Auszug aus der Darstellung der Mrs. Trollope, der auch für die Mitglieder der Vereinigung zur Er-
haltung deutscher Burgen manches Neue enthalten dürfte. Mrs. Trollope besuchte die Marksburg von Ems aus.
Wir beginnen also mit ihrer Schilderung des Überganges aus dem Lahntal in das des Rheines.
Der Weg — so schreibt sie —, der uns nach dem Rheine führte, war so schön als wild. — Kaum hatten run-
den steilen Hügel am linken Ufer der Lahn erstiegen, als wir wieder in ein tiefes Tal hinabfuhren, wo nur selten
der Strahl der Mittagssonne seinen Weg durch die finsteren Wälder finden konnte.
Als wir wieder eine steile Anhöhe hinauf waren, übersahen wir eine große Strecke des Flusses, wie er in viel-
fachen Windungen sich durch die Berge bewegt und die Landschaft belebt.
Wir hatten noch manche beschwerliche Meile zu machen, ehe wir Braubach erreichten, doch was auch unsere
Esel und Maulesel dazu denken mochten, so hätte ich mir den Weg noch länger gewünscht, weil er immer interessanter


wurde.
Wir kamen bei einem Jagdschloß des Herzogs von Nassau vorbei, dessen Mauern mit Geweihen, nnd zwar
mit einigen sehr edlen und seltenen prangten. In der Nähe befindet sich unter den mächtigen Bäumen eine Art
von Ballsaal, dessen Orchester in einem so echten Waldstil angelegt ist, daß niemand als Pan oder seine Gefährten
hier zu spielen wagen sollten.
Von hier aus ging der Weg nach dem Rhein zu fortwährend bergunter, und bald erreichten wir Braubach,
das Ziel unserer heutigen Fahrt. Hier wurde unsere Ausmerkmsakeit teils durch den Rhein, der dicht bei dem
niedlichen Garten unseres Hotels vorbeifloh, teils durch Türme gefesselt, die zu alt sind, als daß man ihren Ur-
sprung verfolgen könnte, wenn auch unzählige Legenden und Geschichten darüber erzählt werden. Ich bedauerte
fast, daß noch etwas andres zu sehen war, denn manchen schönen Sommertag könnte man damit zubringen, bloß
der Aussicht von jener Gartenterrasse zu genießen. Doch die Befestigungen der Marksburg erhoben sich majestätisch
über unfern Häuptern; unsere Esel wurden wieder für fähig erklärt, Berge zu ersteigen, und wir bereiteten uns
vor, indem wir dem Rhein den Rücken kehrten, den schönen, doch steilen Weg zu der letzten noch erhaltenen rhei-
nischen Burg zurückzulegen.
 
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