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Bei der allgemeinen Säkularisierung und Auflösung des Hochstiftes Bamberg im Jahre 1802 kam Schloß
Seehos an das Kurfürstentum Bayern. Die kurfürstliche Regierung verpachtete das Okonomiegut des Schlosses
an drei aus der Rheinpfalz hierher übersiedelte Mennoniten-Familien, Imhof, Albrecht und Schott; das Schloß
selbst aber und der weitläuifge Park mit seinen großartigen Einrichtungen wurde Herzog Wilhelm von
Bayern überlassen, der durch die im Jahre 1806 erfolgte Abtretung des Herzogtums Berg im Nheingau
gezwungen war, von seiner dortigen Residenz Berg nach Bamberg überzusiedeln. Mit seiner Familie verbrachte
der Herzog (der 1814 auch Schloß Banz erwarb) die Sommermonate in dem stillen Landschloß.
Als er im Januar des Jahres 1837 im Alter von 80 Jahren starb und kurz vorher der letzte der Mennoniten
Seehof verlassen hatte, erwarb der Oberst und K. B. Kämmerer Friedrich Freiherr von Zandt, der mit einer
Lady Elisabeth Dryos aus London verheiratet war, den ganzen Schloßbesitz Seehos samt Schweizerei, Fasanerie
und 582)4 Tagwerk Wiesen und Felder um 92 000 Gulden. Doch konnte er sich nicht lange des schönen Besitzes
erfreuen, denn schon fünf Jahre später starb er; auf dem stillen Friedhof des nahen Ortes Memmelsdors liegt er
begraben. Seine Witwe vermachte das ganze Besitztum dem K. preußischen Husarenmasor a. D. Kammerherrn
Walter Freiherrn von Zandt in Düsseldorf, der eine rationelle Bewirtschaftung des großen Gutes einführte.
Seit seinen: vor drei Jahren erfolgten Tode ist dessen Witwe, Freifrau Franziska von Zandt, geb.
v. Wrede, Besitzerin des herrlichen Schlosses.
Mit den: Augenblick, da — wie erwähnt — die kurfürstliche Regierung von Bayern Eigentümerin des
Schlosses Seehof geworden war, verschwand immer mehr von der einstigen Herrlichkeiten des vielbewunderten
Herrensitzes. Nachdem schon vorher (1810) die großartigen Wasserleitungen aus Anordnung des kgl. Bauinspektors
von Hohenhausen herausgerissen worden waren, wandelten die exotischen Gewächse, Figuren, Statuen und
Tiergestalten bald nach auswärts und was noch verblieb, erhaschten die Altertumshändler. Viele der mythologi-
schen Figuren kamen in den Besitz von Bamburger Gartenbesitzern, und der Bildhauer Wurzer in Bamberg hatte
das Glück, 84 der schönsten Arbeiten um den Spottpreis von 82 fl. zu erwerben! Das schon besprochene „Franken-
steinhäuschen", jener von blendender Rokokopracht strahlende Luxusbau, der in seinen graziösen Innenräumen
ein köstliches Bild des damaligen Zeitgeschmackes bot, wurde aus Abbruch verkauft! Die Seen, die ein solch
reizendes Landschaftsbild in Seehos schufen, wurden entwässert; einer davon, die Breitenau, mußte Ende der
achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts das Gelände zum Bamberger Infanterie-Exerzierplatz abgeben.
Unverändert dagegen blieb bis aus den heutigen Tag das Schloß selbst. Es bildet — wie bereits kurz gesagt —
ein vollkommenes Quadrat. Die Mitte jeder Seite ist nur zweistöckig, während die vier Ecken derselben drei Stock-
werke haben. Damit aber das Ebenmaß nicht zu sehr durch die Unterbrechung der Linie gestört ist, sind die Dach-
fenster der Mitte jeder Seite so weit herausgebaut, daß sie dadurch die gleiche Linie mit den beiden Ecken halten.
Aus dem dritten Stockwerk jedes der vier Winkel des Gebäudes erhebt sich ein mäßig hoher gedrückter Turmaufsatz
oder mit Balustraden versehener Pavillon, der mit achtseitigen Laternenaufsätzen mit schweren Kuppeln gekrönt
ist, deren geschweifte Turmhauben das Ganze angenehm beleben. Nicht sehr bewegt, aber doch vornehm wirken
die Fassaden, die im Erdgeschoß aus Quadern erbaut sind. Während das untere Geschoß dreieckige Fenstergiebel
ausweist, zeigt das obere Rundbogenstil. Die Gurtgesimse an den Fenstern sind in allen Stockwerken durchlaufend.
Die Dachflächen der vier Flügel werden durch weit hervorspringende Mezzaninfenster vorteilhaft unterbrochen.
Der untere Stock des Schlosses hat bei der Einfahrt 14 Fenster, der Mittelstock 15 Fenster und der dritte Stock
nach jeder Eckseite 3 Fenster und in der Mitte 5 Mansardensenster, also in: ganzen 11 Fenster, so daß jede Seite
des Gebäudes 40 Fenster besitzt. An: unteren Geschoß der West- nnd Nordseite sowie an den Eckpavillons in den
beiden Obergeschossen sind Nischen zwischen den Fenstern angebracht, die offenbar dazu dienen sollten, Statuen
oder Brustbilder aufzunehmen. Gleichfalls im Quadrat ist auch das Innere des Schlosses, nur mit dem Unter-
schied, daß die West- und Südseite in ihrer Mitte zwei schmale viereckige Anbaue mit gleicher Höhe, wie das Schloß
haben und in Türmchen enden; auf den: an der Westseite befindet sich die Uhr. Der innere Schloßhof ist mit Platten
belegt und gewährt einen überaus harmonischen Anblick durch die hübschen, offenen Arkadenhallen, die ihn auf
allen Seiten umziehen. Die Türme und Dächer weisen Schieferbedeckung auf.
Das Innere des Schlosses birgt u. a. im Erdgeschoß zwei kleine Säle und in: oberen Stockwerk einen großen
Saal, sowie etwa 20 Zimmer, von denen die meisten sehr klein sind. Im ganzen sind 42 Gemächer und 4 acht-
eckige Turmzimmer vorhanden. Die prächtigsten Räume liegen auf der Westseite nach der Bamberger Straße
zu; nämlich ein Saal, zwei kleinere Zimmer und zwei Eckzimmer. In den: großen Saal prangt am Plafond
ein noch gut erhaltenes Freskogemälde mythologischer Darstellung, das Fürstbischof Philipp Anton von Franken-
stein aussühren ließ und dessen Ausführung — wie der Bamberger Kunsthistoriker Prof. Dr. Friedrich Leitschuh
in seiner vortrefflichen Monographie über Bamberg (Seemann, Leipzig 1914) sagt — zweifellos den: Mailändi-
schen Meister Appiani zuzuschrciben ist, den der Fürstbischof damals (1751) eigens durch den Prälaten der Prä-
monstratcnser-Abtei Marchtal (Oberamt Ehingen), wo er beschäftigt war, nach Seehos kommen lieh. Im übrigen
ist Appians Stil auch in diesem Deckengemälde leicht erkennbar. Die schon erwähnten Prachtzimmer auf der West-
seite des Schlosses und der dort liegende Saal erfuhren durch Balthasar Neumann eine würdige, prunkvolle Aus-
stattung. Der Würzburger Hoftapisseur Andreas Pirot lieferte hierzu gobelinartige Wandteppiche, während der
Bamberger Hofmaler Schenkel die Herstellung der dekorativen Gemälde besorgte. Mehrere Zimmer wurden
mit großen venetianischen Spiegeln versehen. Die Aussicht von den Fenstern ist allerdings durch den großen
Park begrenzt; westlich sieht man die Altenburg und die Hügelkette gegen Dörfleins, gegen Osten die Landschaft
um Scheßlitz mit den Ruinen der Burg Giech und die Kapelle Gügel.
Von der Ausstattung der einzelnen Gemächer aus fürstbischöslicher Zeit ist nicht allzuviel mehr vorhanden;
immerhin wird der Besucher überrascht sein von dem vornehmen, künstlerischen Geschmack, der in diesen prächtigen
Bei der allgemeinen Säkularisierung und Auflösung des Hochstiftes Bamberg im Jahre 1802 kam Schloß
Seehos an das Kurfürstentum Bayern. Die kurfürstliche Regierung verpachtete das Okonomiegut des Schlosses
an drei aus der Rheinpfalz hierher übersiedelte Mennoniten-Familien, Imhof, Albrecht und Schott; das Schloß
selbst aber und der weitläuifge Park mit seinen großartigen Einrichtungen wurde Herzog Wilhelm von
Bayern überlassen, der durch die im Jahre 1806 erfolgte Abtretung des Herzogtums Berg im Nheingau
gezwungen war, von seiner dortigen Residenz Berg nach Bamberg überzusiedeln. Mit seiner Familie verbrachte
der Herzog (der 1814 auch Schloß Banz erwarb) die Sommermonate in dem stillen Landschloß.
Als er im Januar des Jahres 1837 im Alter von 80 Jahren starb und kurz vorher der letzte der Mennoniten
Seehof verlassen hatte, erwarb der Oberst und K. B. Kämmerer Friedrich Freiherr von Zandt, der mit einer
Lady Elisabeth Dryos aus London verheiratet war, den ganzen Schloßbesitz Seehos samt Schweizerei, Fasanerie
und 582)4 Tagwerk Wiesen und Felder um 92 000 Gulden. Doch konnte er sich nicht lange des schönen Besitzes
erfreuen, denn schon fünf Jahre später starb er; auf dem stillen Friedhof des nahen Ortes Memmelsdors liegt er
begraben. Seine Witwe vermachte das ganze Besitztum dem K. preußischen Husarenmasor a. D. Kammerherrn
Walter Freiherrn von Zandt in Düsseldorf, der eine rationelle Bewirtschaftung des großen Gutes einführte.
Seit seinen: vor drei Jahren erfolgten Tode ist dessen Witwe, Freifrau Franziska von Zandt, geb.
v. Wrede, Besitzerin des herrlichen Schlosses.
Mit den: Augenblick, da — wie erwähnt — die kurfürstliche Regierung von Bayern Eigentümerin des
Schlosses Seehof geworden war, verschwand immer mehr von der einstigen Herrlichkeiten des vielbewunderten
Herrensitzes. Nachdem schon vorher (1810) die großartigen Wasserleitungen aus Anordnung des kgl. Bauinspektors
von Hohenhausen herausgerissen worden waren, wandelten die exotischen Gewächse, Figuren, Statuen und
Tiergestalten bald nach auswärts und was noch verblieb, erhaschten die Altertumshändler. Viele der mythologi-
schen Figuren kamen in den Besitz von Bamburger Gartenbesitzern, und der Bildhauer Wurzer in Bamberg hatte
das Glück, 84 der schönsten Arbeiten um den Spottpreis von 82 fl. zu erwerben! Das schon besprochene „Franken-
steinhäuschen", jener von blendender Rokokopracht strahlende Luxusbau, der in seinen graziösen Innenräumen
ein köstliches Bild des damaligen Zeitgeschmackes bot, wurde aus Abbruch verkauft! Die Seen, die ein solch
reizendes Landschaftsbild in Seehos schufen, wurden entwässert; einer davon, die Breitenau, mußte Ende der
achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts das Gelände zum Bamberger Infanterie-Exerzierplatz abgeben.
Unverändert dagegen blieb bis aus den heutigen Tag das Schloß selbst. Es bildet — wie bereits kurz gesagt —
ein vollkommenes Quadrat. Die Mitte jeder Seite ist nur zweistöckig, während die vier Ecken derselben drei Stock-
werke haben. Damit aber das Ebenmaß nicht zu sehr durch die Unterbrechung der Linie gestört ist, sind die Dach-
fenster der Mitte jeder Seite so weit herausgebaut, daß sie dadurch die gleiche Linie mit den beiden Ecken halten.
Aus dem dritten Stockwerk jedes der vier Winkel des Gebäudes erhebt sich ein mäßig hoher gedrückter Turmaufsatz
oder mit Balustraden versehener Pavillon, der mit achtseitigen Laternenaufsätzen mit schweren Kuppeln gekrönt
ist, deren geschweifte Turmhauben das Ganze angenehm beleben. Nicht sehr bewegt, aber doch vornehm wirken
die Fassaden, die im Erdgeschoß aus Quadern erbaut sind. Während das untere Geschoß dreieckige Fenstergiebel
ausweist, zeigt das obere Rundbogenstil. Die Gurtgesimse an den Fenstern sind in allen Stockwerken durchlaufend.
Die Dachflächen der vier Flügel werden durch weit hervorspringende Mezzaninfenster vorteilhaft unterbrochen.
Der untere Stock des Schlosses hat bei der Einfahrt 14 Fenster, der Mittelstock 15 Fenster und der dritte Stock
nach jeder Eckseite 3 Fenster und in der Mitte 5 Mansardensenster, also in: ganzen 11 Fenster, so daß jede Seite
des Gebäudes 40 Fenster besitzt. An: unteren Geschoß der West- nnd Nordseite sowie an den Eckpavillons in den
beiden Obergeschossen sind Nischen zwischen den Fenstern angebracht, die offenbar dazu dienen sollten, Statuen
oder Brustbilder aufzunehmen. Gleichfalls im Quadrat ist auch das Innere des Schlosses, nur mit dem Unter-
schied, daß die West- und Südseite in ihrer Mitte zwei schmale viereckige Anbaue mit gleicher Höhe, wie das Schloß
haben und in Türmchen enden; auf den: an der Westseite befindet sich die Uhr. Der innere Schloßhof ist mit Platten
belegt und gewährt einen überaus harmonischen Anblick durch die hübschen, offenen Arkadenhallen, die ihn auf
allen Seiten umziehen. Die Türme und Dächer weisen Schieferbedeckung auf.
Das Innere des Schlosses birgt u. a. im Erdgeschoß zwei kleine Säle und in: oberen Stockwerk einen großen
Saal, sowie etwa 20 Zimmer, von denen die meisten sehr klein sind. Im ganzen sind 42 Gemächer und 4 acht-
eckige Turmzimmer vorhanden. Die prächtigsten Räume liegen auf der Westseite nach der Bamberger Straße
zu; nämlich ein Saal, zwei kleinere Zimmer und zwei Eckzimmer. In den: großen Saal prangt am Plafond
ein noch gut erhaltenes Freskogemälde mythologischer Darstellung, das Fürstbischof Philipp Anton von Franken-
stein aussühren ließ und dessen Ausführung — wie der Bamberger Kunsthistoriker Prof. Dr. Friedrich Leitschuh
in seiner vortrefflichen Monographie über Bamberg (Seemann, Leipzig 1914) sagt — zweifellos den: Mailändi-
schen Meister Appiani zuzuschrciben ist, den der Fürstbischof damals (1751) eigens durch den Prälaten der Prä-
monstratcnser-Abtei Marchtal (Oberamt Ehingen), wo er beschäftigt war, nach Seehos kommen lieh. Im übrigen
ist Appians Stil auch in diesem Deckengemälde leicht erkennbar. Die schon erwähnten Prachtzimmer auf der West-
seite des Schlosses und der dort liegende Saal erfuhren durch Balthasar Neumann eine würdige, prunkvolle Aus-
stattung. Der Würzburger Hoftapisseur Andreas Pirot lieferte hierzu gobelinartige Wandteppiche, während der
Bamberger Hofmaler Schenkel die Herstellung der dekorativen Gemälde besorgte. Mehrere Zimmer wurden
mit großen venetianischen Spiegeln versehen. Die Aussicht von den Fenstern ist allerdings durch den großen
Park begrenzt; westlich sieht man die Altenburg und die Hügelkette gegen Dörfleins, gegen Osten die Landschaft
um Scheßlitz mit den Ruinen der Burg Giech und die Kapelle Gügel.
Von der Ausstattung der einzelnen Gemächer aus fürstbischöslicher Zeit ist nicht allzuviel mehr vorhanden;
immerhin wird der Besucher überrascht sein von dem vornehmen, künstlerischen Geschmack, der in diesen prächtigen