WIEDERHERSTELLUNG DER KIRCHE IN KIRCHDORF
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daß das rechte Bein sich deutlich abzeichnet. Das
Antlitz ist hager, ohne eine Andeutung von naza-
renischem Typ. In das schlichte Haar drückt die
Dornenkrone ihre leicht vergoldeten Spitzen. Die
Hände und Füße zeigen die Wundmale. Die Ränder
der Seitenwunde, aus der das Herzblut quillt, und
goldene Flammen der Liebe lodern, zieht Christus
mit den Fingern beider Hände auseinander, während
der Blick der tief in ihren Höhlen liegenden Augen
sich herb und traurig, anklagend und durchdrin-
gend auf den Beschauer richtet. Der leicht ge-
öffnete Mund scheint zu sprechen. Die Fleisch-
teile zeigen bei dieser wie bei sämtlichen andern
Figuren leichte Tönung. — Die Muttergottes, die
das Kind auf dem linken Arme trägt, steht ruhig
da. Ihre schöne Haltung ist natürlich, ohne äußer-
liches Pathos. Gekleidet ist sie in ein goldenes
Untergewand, das um die Hüften gegürtet ist und
in reichen, stillen Falten herniederfließt. Darüber
legt sich ein weiter silberner, mit Pelz gefütter-
ter Mantel. In der rechten Hand hält Maria ein
Zepter. Lieblich ist das Antlitz, auf dem ruhig
niederwallendem Haare liegt ein Kronreif mit
grünen Edelsteinen, um den Hals hängt ein Kett-
chen mit einem kleinen Kreuze daran. Das Kind
ist nackt. Im linken Arme hält es einen Kron-
reif, die Hand des geknickt erhobenen rechten
Armes weist aufwärts. — Die sechs übrigen Statuen
sind etwas kleiner. St. Joseph mit dem Jesuskinde
auf dem rechten Arme steht ganz ruhig da. Der
linke Arm stützt sich auf einen langen Stab, an
dessen Spitze eine Lilie blüht. Joseph ist grau-
haarig und langbärtig, der Ausdruck seines Ant-
litzes still und edel. Er trägt ein nach dem Vor-
bilde altchristlicher Männergewänder gezeichnetes
versilbertes Unterkleid, darüber wallt, auf der linken
Schulter aufliegend, ein Mantel. Das nackte Kind
blickt freundlich auf den Beschauer und hält beide
Hände, ohne die Arme zu erheben, gegen ihn aus-
gebreitet. — St. Anna selbdritt, mit schönem Grei-
sinnenantlitze, trägt einen goldenen Mantel über
dem silbernen Untergewand. Auch der Schleier
ist silbern. Die kleine Maria, in goldenem Kleide
mit silbernem Kranze in den hellbraunen Locken,
zeigt lieblich ernsten Ausdruck. Sie betet das
Jesuskind an, das von Anna auf dem Arme ge-
halten wird, während es gleichzeitig auf einer
goldenen Rose sitzt, die aus einem grünen Baume
entsprossen ist. — Der noch jugendliche St. An-
tonius trägt eine goldene Kutte, die mit einem
silbernen Strick umgürtet ist. Er trägt das fast
nackte, nur halb mit einem leichten silbernen Tuch
umhüllte Jesuskind auf dem rechten Arme. Das
Kinderköpfchen ist von besonderer Anmut. In der
Haltung und dem Gesichtsausdrucke des Heiligen,
der dem Kinde das rechte Händchen küßt, spricht
sich tiefste Ergriffenheit aus. — Die hl. Cäcilia
steht nach rechts gewandt. In demütiger FTaltung
spielt sie auf der Harfe. Ihr Untergewand ist
silbern, der über die rechte Schulter geworfene
Mantel golden. Ihr Haar ist braun, schlicht auf-
gesteckt mit Zopfkranz. — Die hl. Verena trägt
silbernes Untergewand und goldenen Mantel, beides
in einfachem Faltenwürfe; ihre Kennzeichen, eine
Kanne und ein Wasserkrug, befinden sich in und
an ihrem Gürtel. Das braune Haar fließt in langen
Locken nieder. Die Heilige steht in feierlicher Ruhe,
und doch spürt man ihre innerliche Bewegung,
die sich namentlich in ihrem durchdringenden
Blicke, aber auch in dem Ausdrucke ihres leicht
geöffneten Mundes kundgibt. Er scheint die
Worte zu sprechen, die in einem, in der rechten
Hand Verenas aufgeschlagen ruhenden Buche
stehen: Credo in unum Deum Patrem omnipoden-
tem. Die linke Hand zeigt auf diese Worte hin. —
Die seit 1900 heilig gesprochene Augustinerin
Rita von Cascia (f 1457), die in Italien hochver-
ehrte »Patrona delle cose impossibili«, steht gol-
den gekleidet, in demütiger Haltung, das Haupt
tief nach rechts gesenkt. In der herabhängenden
rechten Hand ruht ein kleines Kruzifix, das gleich-
zeitig von der Linken gehalten wird. Unter dem
goldenen Kopftuche wird ein schmaler silberner
Schleier sichtbar. Große Schlichtheit und Ruhe
der Erscheinung ist auch dieser Statue eigen. —
An der ganzen Reihe dieser Heiligen fehlen bisher
noch die Figuren des hl. Aloisius und des sei.
Nikolaus von der Fliie. Doering
WIEDERHERSTELLUNG
DER KIRCHE IN KIRCHDORF
BEI FREISING
17in interessantes Beispiel dafür, wie man das
' Innere einer älteren Kirche im Sinne ihres
längst entschwundenen einstigen Zustandes wieder
herstellen und sie gleichzeitig der Auffassungs-
weise und den Zwecken der Gegenwart anpassen
kann, liefert die Kirche des nordwestlich von Frei-
sing gelegenen Dorfes Kirchdorf, einer ehemals
vom Kloster Neustift (bei Freising) ausgegangener
Prämonstratensergründung mit berühmter, aber
seit der Säkularisation in Vergessenheit geratener
Wallfahrt. Die jetzige Kirche ist 1708 durch den
Präpositus Matthias erbaut und dem hl. Martin
gewidmet. Sie ist ein von einem schlanken Turme
mit Zwiebelhaube überhöhter stattlicher Bau, im
Innern einschiffig mit Tonnengewölbe und kleinen
Stichkappen, das von Gurtbögen in fünf Teile zer-
legt wird, die hohen Fensterflachbogig geschlossen,
der stark eingezogene Chorraum mit halbkreis-
förmiger Apsis und gleichfalls mit Tonnengewölbe.
An die Form der früheren Kirche erinnert an und
in diesem Barockbau nichts mehr. Die Wand-
flächen über und neben den Fenstern, die Gurt-
bögen und die Gewölbe zeigen stuckierten Schmuck
von stilisiertem Rankenwerk und Blumengehängen,
außerdem sind die Fenster von einfachen Blätter-
stäben umrahmt. Alles war vor der jetzigen Her-
stellung mit Tünche überzogen, Untersuchungen
ergaben ehemalige Bemalung in vorherrschendem
Gelb, Grün und Rot, der Gurtbögen, Pilaster und
anderer Bauteile in zartem Rosa. Der mit einem
Gemälde (der hl. Martin und der Bettler) ge-
schmückte Hochaltar stammt von 1783, seinem
Stile angepaßt sind die beiden Seitenaltäre. — Der
Zustand des Kircheninnern ließ eine durchgreifende
Erneuerung wünschenswert erscheinen. Sie ist
auf Betreiben des Ortspfarrers und unter Leitung
des Landesamtes für Denkmalpflege 1916—18 aus-
geführt worden mit dem Erfolge, daß nunmehr
das Innere der Kirche einen festlichen, dank der
vom weißen Grunde kräftig abstechenden Pracht
harmonischer Farben, vornehmen Eindruck macht.
Mit bestem Gelingen ist der Charakter einer wohl-
habenden, ländlichen Kirche der Barockzeit her-
gestellt worden. Zu diesem Zwecke hat man vor
allem die Gewölbeflächen mit Maler eien geschmückt.
Der Künstler ist der HH. Kurat beim Münchener
St. Josephsspital Dr. Hans Schmid. Im Chor schuf
er (zum Andenken an die Prämonstratenserzeit)
eine Darstellung des erwähnten Präpositus, der
Die christliche Kunst. XIX. 7, 8.
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daß das rechte Bein sich deutlich abzeichnet. Das
Antlitz ist hager, ohne eine Andeutung von naza-
renischem Typ. In das schlichte Haar drückt die
Dornenkrone ihre leicht vergoldeten Spitzen. Die
Hände und Füße zeigen die Wundmale. Die Ränder
der Seitenwunde, aus der das Herzblut quillt, und
goldene Flammen der Liebe lodern, zieht Christus
mit den Fingern beider Hände auseinander, während
der Blick der tief in ihren Höhlen liegenden Augen
sich herb und traurig, anklagend und durchdrin-
gend auf den Beschauer richtet. Der leicht ge-
öffnete Mund scheint zu sprechen. Die Fleisch-
teile zeigen bei dieser wie bei sämtlichen andern
Figuren leichte Tönung. — Die Muttergottes, die
das Kind auf dem linken Arme trägt, steht ruhig
da. Ihre schöne Haltung ist natürlich, ohne äußer-
liches Pathos. Gekleidet ist sie in ein goldenes
Untergewand, das um die Hüften gegürtet ist und
in reichen, stillen Falten herniederfließt. Darüber
legt sich ein weiter silberner, mit Pelz gefütter-
ter Mantel. In der rechten Hand hält Maria ein
Zepter. Lieblich ist das Antlitz, auf dem ruhig
niederwallendem Haare liegt ein Kronreif mit
grünen Edelsteinen, um den Hals hängt ein Kett-
chen mit einem kleinen Kreuze daran. Das Kind
ist nackt. Im linken Arme hält es einen Kron-
reif, die Hand des geknickt erhobenen rechten
Armes weist aufwärts. — Die sechs übrigen Statuen
sind etwas kleiner. St. Joseph mit dem Jesuskinde
auf dem rechten Arme steht ganz ruhig da. Der
linke Arm stützt sich auf einen langen Stab, an
dessen Spitze eine Lilie blüht. Joseph ist grau-
haarig und langbärtig, der Ausdruck seines Ant-
litzes still und edel. Er trägt ein nach dem Vor-
bilde altchristlicher Männergewänder gezeichnetes
versilbertes Unterkleid, darüber wallt, auf der linken
Schulter aufliegend, ein Mantel. Das nackte Kind
blickt freundlich auf den Beschauer und hält beide
Hände, ohne die Arme zu erheben, gegen ihn aus-
gebreitet. — St. Anna selbdritt, mit schönem Grei-
sinnenantlitze, trägt einen goldenen Mantel über
dem silbernen Untergewand. Auch der Schleier
ist silbern. Die kleine Maria, in goldenem Kleide
mit silbernem Kranze in den hellbraunen Locken,
zeigt lieblich ernsten Ausdruck. Sie betet das
Jesuskind an, das von Anna auf dem Arme ge-
halten wird, während es gleichzeitig auf einer
goldenen Rose sitzt, die aus einem grünen Baume
entsprossen ist. — Der noch jugendliche St. An-
tonius trägt eine goldene Kutte, die mit einem
silbernen Strick umgürtet ist. Er trägt das fast
nackte, nur halb mit einem leichten silbernen Tuch
umhüllte Jesuskind auf dem rechten Arme. Das
Kinderköpfchen ist von besonderer Anmut. In der
Haltung und dem Gesichtsausdrucke des Heiligen,
der dem Kinde das rechte Händchen küßt, spricht
sich tiefste Ergriffenheit aus. — Die hl. Cäcilia
steht nach rechts gewandt. In demütiger FTaltung
spielt sie auf der Harfe. Ihr Untergewand ist
silbern, der über die rechte Schulter geworfene
Mantel golden. Ihr Haar ist braun, schlicht auf-
gesteckt mit Zopfkranz. — Die hl. Verena trägt
silbernes Untergewand und goldenen Mantel, beides
in einfachem Faltenwürfe; ihre Kennzeichen, eine
Kanne und ein Wasserkrug, befinden sich in und
an ihrem Gürtel. Das braune Haar fließt in langen
Locken nieder. Die Heilige steht in feierlicher Ruhe,
und doch spürt man ihre innerliche Bewegung,
die sich namentlich in ihrem durchdringenden
Blicke, aber auch in dem Ausdrucke ihres leicht
geöffneten Mundes kundgibt. Er scheint die
Worte zu sprechen, die in einem, in der rechten
Hand Verenas aufgeschlagen ruhenden Buche
stehen: Credo in unum Deum Patrem omnipoden-
tem. Die linke Hand zeigt auf diese Worte hin. —
Die seit 1900 heilig gesprochene Augustinerin
Rita von Cascia (f 1457), die in Italien hochver-
ehrte »Patrona delle cose impossibili«, steht gol-
den gekleidet, in demütiger Haltung, das Haupt
tief nach rechts gesenkt. In der herabhängenden
rechten Hand ruht ein kleines Kruzifix, das gleich-
zeitig von der Linken gehalten wird. Unter dem
goldenen Kopftuche wird ein schmaler silberner
Schleier sichtbar. Große Schlichtheit und Ruhe
der Erscheinung ist auch dieser Statue eigen. —
An der ganzen Reihe dieser Heiligen fehlen bisher
noch die Figuren des hl. Aloisius und des sei.
Nikolaus von der Fliie. Doering
WIEDERHERSTELLUNG
DER KIRCHE IN KIRCHDORF
BEI FREISING
17in interessantes Beispiel dafür, wie man das
' Innere einer älteren Kirche im Sinne ihres
längst entschwundenen einstigen Zustandes wieder
herstellen und sie gleichzeitig der Auffassungs-
weise und den Zwecken der Gegenwart anpassen
kann, liefert die Kirche des nordwestlich von Frei-
sing gelegenen Dorfes Kirchdorf, einer ehemals
vom Kloster Neustift (bei Freising) ausgegangener
Prämonstratensergründung mit berühmter, aber
seit der Säkularisation in Vergessenheit geratener
Wallfahrt. Die jetzige Kirche ist 1708 durch den
Präpositus Matthias erbaut und dem hl. Martin
gewidmet. Sie ist ein von einem schlanken Turme
mit Zwiebelhaube überhöhter stattlicher Bau, im
Innern einschiffig mit Tonnengewölbe und kleinen
Stichkappen, das von Gurtbögen in fünf Teile zer-
legt wird, die hohen Fensterflachbogig geschlossen,
der stark eingezogene Chorraum mit halbkreis-
förmiger Apsis und gleichfalls mit Tonnengewölbe.
An die Form der früheren Kirche erinnert an und
in diesem Barockbau nichts mehr. Die Wand-
flächen über und neben den Fenstern, die Gurt-
bögen und die Gewölbe zeigen stuckierten Schmuck
von stilisiertem Rankenwerk und Blumengehängen,
außerdem sind die Fenster von einfachen Blätter-
stäben umrahmt. Alles war vor der jetzigen Her-
stellung mit Tünche überzogen, Untersuchungen
ergaben ehemalige Bemalung in vorherrschendem
Gelb, Grün und Rot, der Gurtbögen, Pilaster und
anderer Bauteile in zartem Rosa. Der mit einem
Gemälde (der hl. Martin und der Bettler) ge-
schmückte Hochaltar stammt von 1783, seinem
Stile angepaßt sind die beiden Seitenaltäre. — Der
Zustand des Kircheninnern ließ eine durchgreifende
Erneuerung wünschenswert erscheinen. Sie ist
auf Betreiben des Ortspfarrers und unter Leitung
des Landesamtes für Denkmalpflege 1916—18 aus-
geführt worden mit dem Erfolge, daß nunmehr
das Innere der Kirche einen festlichen, dank der
vom weißen Grunde kräftig abstechenden Pracht
harmonischer Farben, vornehmen Eindruck macht.
Mit bestem Gelingen ist der Charakter einer wohl-
habenden, ländlichen Kirche der Barockzeit her-
gestellt worden. Zu diesem Zwecke hat man vor
allem die Gewölbeflächen mit Maler eien geschmückt.
Der Künstler ist der HH. Kurat beim Münchener
St. Josephsspital Dr. Hans Schmid. Im Chor schuf
er (zum Andenken an die Prämonstratenserzeit)
eine Darstellung des erwähnten Präpositus, der
Die christliche Kunst. XIX. 7, 8.