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Die

Demokratische Republik.

Erscheint MoniagS ausgenommen täg-
lich. In Heidelberg viericliagr. rakr.
Durch die Post bezogen in ganz Laben
I fl. to kr. Inserate die Pciirzeilc 2 kr.

„Freiheit, Wohlstand, Bildung für Alle!«

Bestellung wirb gemacht in Heidelberg
in der Bnchdcuckerci von Nenner n.
Wo Iss, auswärts bet allen Postäm-
tern. Briefe werben sraneo erbere».



Samstag, » Mai.

18L».

Deutschland.
* Heidelberg, 4. Mai. Die Aufregung im deutschen
Lande wächst mit jeder Siunde, und cs ist kaum mehr zu
zweifeln,, daß sie zum gewaltigen Ausbruch führe. In einer
Volksversammlung in Kaiserslautern, der ungefähr 20,000
Menschen beiwohnten, erklärten am Mittwoch die Nheinbaiern,
daß sie sich von Altbaicrn lcssagten. In Köln erklärte eine
Versammlung, von Adressen und Petitionen wolle sie durchaus
nichts mehr weiter wissen; Papier hätte man genug verdorben,
man müsse es jetzt anders probircn. Die nassauische Kammer
hat durch einen Beschluß das ganze nassauische Militär der
Nation zur Verfügung gegen die Volksfeinde gestellt. Die
Stimmung in diesem Lande, schreibt das Franks. Journal, ist
gegenwärtig so, daß man, wenn eine neue Erhebung des Volks
erfolgte, auf eine so ziemlich eiumüthige, kräftige Gesinnung
rechnen kann, die denn auch eine thatkräftigere werde, als
1848. DaS Zutrauen in die Ehrlichkeit der deutschen Könige
rst getäuscht worden; man weiß jetzt, was man zu thun hat.
Aus Celle wird geschrieben, daß die Aufregung über die
letzten Schritte des Fürsten eine ungeheure sei; und bei weitem
stärker als im Anfänge vorigen Jahrs. Die Volksvercine
haben dort eine permanente Kommission ernannt, um gemein-
schaftlich kräftige Schritte zu thun. In Gießen sowie in
Darmstadt selbst wurden Volksversammlungen abgchalten;
überall erklärten sich die Versammelten: jetzt sei der Moment
zum Handeln gekommen.
8 Großsacbsen, 1. April. Am Sonntag waren
hier wieder unsere Wahlmänner versammelt und beschlossen
folgende Zuschrift an den Wahlkommiffär und wollen dieselbe
sofort absenden, sobald eine Wahl zur jetzigen Kammer aus-
geschrieben wird.
Herr Wahlkommissär!
Ihrer verehrlichcn Einladung zufolge erklären die unter-
zeichneten Wahlmänner, daß sic weder mit ihrem Gewissen,
noch vor ihren Mitbürgern verantworten können, nochmals
einen Deputaten in eine Kammer zu senden, welche schon un-
zähliche Mißlrauenserklärungcn und Aufforderungen zur Selbst-
auflösung aus allen Thcilen des Landes erhalten hat, ja die
fast lein einziges Mitglied mehr zählt, dem nicht sein Man-
dat gekündigt wäre, die also unmöglich als „wahre Volks-
vertretung« zu betrachten ist, wofür sie sich immer noch aus-
gibt.
Wir wiederholen, daß wir unsere Mitwirkung bei einer
Neuwahl ein- für allemal versagen müssen. —
Die 3 weiteren Wahlmänner, die noch anwesend waren,
erklärten aus Ehrenwort, daß sie ebenfalls nicht mehr wählen
würden.
Voraussichtlich schließen sich von den übrigen Z0 Wahl-
männern noch die Hälfte diesem Beschluß an und es wird
also, wenn wirklich eine Wahl anberaumt werden sollte, nur
ein ganz kleines Häuflein bei derselben erscheinen.
Die Negierung könnte also eigentlich sogleich beim 3. Akt,
wozu sie jüngst im Ständehaus zu Karlsruhe ermächtigt wurde,

anfangcn, nämlich bei den Wahlmänner-Wahlen, aber auch
dieses würde nicht helfen, denn die Leute wissen jetzt, was sie
wollen.
sZ Bruchsal, 3. Mai. Den 30. April hat endlich
die 4. Klasse der politischen Gefangenen, nämlich Dossen-
bach, Bauer, Rosenblum, Cohnheim, Borckheim, Liebknecht,
Wagner, Looser und Vögt ihre Vorladung zur mündlichen
Gerichtsverhandlung erhalten. Voraussichtlich dauert die Fick-
ler-Bornstädtische Verhandlung 8 — 10 Tage; nach dieser
kommt erst die der 5. Klasse mit Le Fevre, Schnepf :c.
X Aus dem Badischen, 3. Mai. Es ist gar nicht
mehr nöthig, daß ich Ihnen die Beschlüsse der einzelnen Volks-
versammlungen mittheile, sie lauten in einer, wie in der an-
dern. Wir Badenser sind einig und werden wie ein Mann
gegen die einstchen, die cs wagen, unser Recht anzutasten,
und unsrem Willen entgegen zu handeln. Fort mit Bekk, fort
mit seinen Knechten, den Kammermitgliedern, keinen Wahl-
ccnsus, keine indirekte Wahlen, keine erste Kämmerlein freies
unumschränktes Vols dessen Glück nicht von den Launen eines
Einzelnen abhängt; eine Verfassung, wie in Nordamerika,
damit wir auch die socialen Verhältnisse ordnen können, so
geht der Ruf durch's ganze Land, und hallt in
allen Thälern wieder. In Todtnau, in Ettenheim
fanden Zusammenkünfte der benachbarten Gemeinden,
Volks - Versammlungen statt, und wie man vernimmt,
sollen am nächsten Sonntag in Nußloch, Heidelberg, Endingen,
Buggingen, Hochburg und Oberschaffhausen solche stattfinden,
und eS ist kein Zweifel, daß auch in diesen Versammlungen
das Volk unumwunden auesprechen wird, daß die Zeit zum
Ausräumen gekommen sei, und wenn jetzt der Michel noch
schlafen wolle, er das Elend, das auf ihn lastet, noch lange
Zeit zu tragen habe. Die Versammlung in Todtnau sprach
sich besonders entschieden auS, und erklärte zur Freude der
Volkefreunde, daß man auch von der Nationalversammlung
nichts erwarte, trotz ihrer Wortmachcrei, ihres Rufes nach
> Thatew Das sind unsere Freunde, riefen die Versammelten,
die mit muthigcr Hand daS Banner erheben, unter dem der
Kampf gegen unsere Unterdrücker begonnen werde. In Etten-
heim wurde hauptsächlich auf Vollziehung des Bürgerwehr-
gesetzcS gedrungen und bemerkt, daß das Volk der Waffen
jetzt bedürfe. — Die Wähler des alten Polizeisoldaten Schaff,
die Mosbacher, haben ihrem „Abgeordneten« erklärt, er möge
ihnen doch noch einen Dienst erweisen, vielleicht nur den ein-
zigen, den er ihnen geleistet habe, den Dienst nämlich, der 3.
Aufforderung der Aemter Mosbach und Eberbach endlich Ge-
hör zu geben und aus der Kammer zu treten. Hingegen hat
ein Theil der Wahlmänner des 35. Aewterwahlbczirks, Amt
Weinheim (aufgepaßt Bergsträßler Bote!), beschlossen, nicht
mehr in die Fünfguldenmenschcngescllschaft zu wählen. —Eure
Herrschaft geht zu Ende, ihr Volksverräther und Quälgeister
der Menschheit! —
I Kaiserslautern, 2. Mai. Ich beeile mich Ihnen
wie versprochen, die Beschlüsse der hiesigen Volksvcrsamm-
 
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