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Erscheint MoniagS Lii-genommcn täg-
lich. I» Heivciberg viericljälir. ^akr.
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-/Freiheit, Wohlstand, Bildung für Alle!"

Bestellung wirb gemacht in Heibeiderg
in der Buchscnckcrci von Renner u.
Wolfs, auswärts bei allen Postäm-
tern. Briefe werden franco erberen.


Die Revolution in Sachsen.
s Heidelberg, 11. Mai. Die neuesten Nachrichten,
die wir aus Dresden erhalten, unv zwar aus der Feder
eines offenbar königlich gestunken Mannes, sind kurz gefaßt
folgende:
Dresden, 7. Mai, Mittags. Grauenvoll herrscht hier
die Zerstörung des Krieges. Die Pirnaische Gaffe, die Moritz-
straße, diese fedvch nur zum Thcil, so auch die große Frauen-
gaffe sind von den Truppen genommen. Das Gewandhaus
am Ende der Moritzstraße, das zugleich bis zur Kreuzgaffe
sich erstreckt, ist von den Schützen mit Sturm genommen wor-
den. Die Schloßgasse wird mit Kugeln und Kartätschen hart
beschossen, so daß "die Stadt Gotha, und wie man sagt, auch
dasHorel de Pologne schwer geinten haben; die Sophienkirche
ist diesen Morgen auch von preußischen Truppen genommen
worden, so daß dieselben in der großen Grüdcrgasse vorbringen
konnten. Die Ostraalle ist diesen Morgen vollends genommen;
es bedurfte der größten Anstrengungen der Preußen, nm dieses
Resultat zu erreichen. Das TchurnchauS haben sie zweimal ge-
nommen und jetzt besetzt. Von dort aus wird der Postplatz
und die Willsdruffer Gasse beschossen; Engel's Haus, an wel-
chem eine große Barrikade in der genannten Gaffe sich befin-
det, wurde mit Sturm genommen; ebenso die Spiegclsabrik
am Schloßplatze. Die Sophienkirche und ein Thcil der Brü-
dcrgassc sind ebenfalls bereits von preußischem Militär besetzt
worden. Der Kreis zieht sich enger und schrecklicher um die
unermüdlich kämpfenden Fleiheiishelden, bis sie zum Markt
gedrängt und da anfgcrieden oder gefangen genommen werden.
— Uebrigcns höre ich, daß Schaffrath und Joseph Dresden
schon seit einigen Tagen verlassen haben; auch soll Todt von
der prov. Negierung zurückgetreicn lein. Natürlich beruhen alle
diese Nachrichten auf Gerüchten. — Die Biltergallcrie soll
sehr gelitten haben.
— 8. Mai. Die Nacht blieb ruhig. Gegen Morgen
langte ein drittes k. preuß. Bataillon, 1000 Mann stark, an.
Noch zahlreiche preuß. Truppen, namentlich auch Reiterei und
Artillerie, werden erwartet. "Neun Schwadronen sächs. Neuer
werden heute auf dem linken Elbuser vereinigt sein, unv die
Altstadt ccrnircn. Der Führer des Volkes, der griech. Oberst-
lieutenant Heinze, ist gefangen und befindet sich in sicherem
Gewahrsam, desgleichen der bekannte Fürth. In diesem
Augenblicke, Vormittags 10 llhr, dauert die Waffenruhe noch
fort.
— 8. Mai, Mittags. Die Cernirung der innern Stadt
ist auf heute festgesetzt. Die ganze Moritzstraße ist mit Durch-
brechung der Wände der Häuser gestern noch nach schwerem
Kampfe genommen worden. Einer der Anführer des Volkes,
Böttcher, von Chemnitz her bekannt, ist am Neumarkt auf
den Tod verwundet worben. Vom Jüdenhof aus rückt das
Militär, die Mauern durchbrechend, die Schössergasse entlang
gegen die Schloßgasse vor, die den preußischen Truppen bisher
so verderblich gewesen. Nach Friedrichstadt, der Pirnaischen
und Willsdruffer Vorstadt findet sehr viel Zuzug aus dem

Lande statt. Fridrichsstadt, auch durch die Wciseritz schon ge-
trennt von der Altstadt, ist noch durch viele Barrikaden stark
geschützt.
* Leipzig, 6. Mai Abends. Die Aufregung steigt auch
hier. Vor dem Schlosse ist Blut geflossen. Das Volk ruft
nach Waffen. Bei Folsche, am Ausgang der Grimmaischen
Straße, und 5 bis 6 andern Orten, erhoben sich Barrikaden.
Die Communalgarde und das Volk schießen aufeinander. Die
Sturmglocke heult, es kommt Zuzug von Außen. Die Mess-
buden werden abgerissen und verbrannt, die Esmmunalgarde
stürmt die Barrikaden, das Volk ist unbewaffnet und zieht sich
zurück, aus den Häussern wird gefeuert. 12 bis 15 Menschen
sollen schon gefallen sein.
7. Mai. (4 llhr Nachmittag.) Die Barrikaden sind ver-
lassen, die am Grimmaischen Thore wurde erst nach Tages-
anbruch von der Communalgarde genommen Die Verwun-
dungen sind sehr beträchtlich. Die Communalgarde hat verdien-
terweise bedeutend gelitten. "Heute Abend, so ruft das Volk,
wird Rache genommen", man erwartet mit Sicherbeit den
Ausbruch vcs AusstanoeS. Die Geldsäcke und Angstmänner
versammelten sich heute auf dem Nachhause und hatten die
Schamlosigkeit von Halle militärische Hülfe zu verlangen.

* Heidelberg, 9. Mai. Die Ereignisse drängen sich.
Ein Hauch der Revolution geht über ganz Deutschland.
Ucberall Rüstungen, überall der Nuf Waffen! Waffen!
Der Kampf in Sachsen entbrennt immer Heller und allgemei-
ner. Auf die Nachricht von dem Anrücken der Russen, ist in
Schlesien der Landsturm aufgestanden und hat die Schienen
von der Eisenbahn gerissen. In Hannover werden preußische
Truppen crwane!, man traut den hannovcr'schen nicht mehr.
Die Landwehr in Rheinpreußen weigert sich zu marschircn.
So in Elberfeld, dem schwarzweißen Wupperneste, so in Glad-
bach, so in Köln, in Düsseldorf. In Neuß stürmten die ver-
sammelten Landwehrmänner das Zeughaus und nöthigte den
Major zur Flucht, auch in Crefeld ereignete sich Aehnliches.
In Hagen beschlossen 1500 Landwehrmänner mit Gut und
Blut den vcrrätherischen Absichten der »königlichen Herrn» cni-
gegen zu treten und die Volkssache zu schützen, hingegen sich
niemals zur Venhcidigung fürstlicher Interessen gebrauchen zu
lassen. Breslau ist im höchsten Grade erregt, alle Vorläufer
ernster Ereignisse zeigen sich dort. Berlin ist unruhig trotz
der Säbelherrschaft. In Preußen ist die Bewegung unauf-
haltsam. Im Altenburgischen, Neußischen und Wcimarischcn
ist die Nevolutionsfahne bereits entfaltet und der Durchmarsch
bairischer Truppen durch Würtemberg, und Baden würde ohne
Zweifel auch La den Ausbruch herbei führen. Bebet ihr
Feinde des Volkes, Euer Stündlein wird bald schlagen.
Heidelberg, 11. Mai. Die Pforzheimer antworteten
auf eine Anfrage des Landesausschuffcs, wie viel Mann sie
zu stellen bereit seien? »Ihre Vorfahren hätten sich einst zu
200 für die Tirannei geopfert, so würden denn sie für die
Freiheit wohl 2000 stellen.»
 
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